Mai ohne Maikäfer?
23. Mai 2019 | Rezensionen | 5 KommentareVor mehr als 6 Jahrzehnten galten sie noch als Plage. Als Kinder sammelten wir sie ein, wenn sie in Massen aus dem Boden kamen und über die frisch-belaubten Bäume herfielen. Doch nur wenige Jahrzehnte später trauerte Reinhard Mey dieser Erfahrung mit einem Lied bereits nach:
„… Ich seh‘ mich noch heute loszieh’n, mit dem großen Schuhkarton,
mit den Luftlöchern im Deckel, zu mancher Expedition.
Und ich rüttelte an Bäumen, und ich wühlte auch im Moos.
Die Erfolge waren prächtig und mein Trickreichtum war groß.
Würd‘ ich heut‘ noch einmal loszieh’n,
blieb mein Schuhkarton wohl leer.
Selbst ein guter Käferjäger
brächte keinen Schornsteinfeger,
keinen Müller, erst recht keinen Kaiser her.
Es gibt keine Maikäfer mehr …“ (1974).
Moderne Agrartechniken und vor allem Agrochemikalien haben aus einer drohenden Insektenart eine bedrohte gemacht. Selten wird er noch gesichtet. Das Verschwinden der Maikäfer ist einerseits eine gute Nachricht, bedeutet das doch eine Plage weniger. Andererseits wären sie aber ein fetter Happen für insektenfressende Tiere wie Igel und Vögel. Unseren Kindern sind Lieder und Texte über den Maikäfer mangels lebendigen Anschauungsmaterials reichlich abstrakt. Dem kann man abhelfen mit dem für Kinder gestalteten Büchlein „Das Leben der Maikäfer“ von Hans J. Ferenz. In Zeichnungen, Aquarellen und kurzen Texten wird der Lebenszyklus des Maikäfers kindgerecht beschrieben. Die 16 Din-A4-Seiten sind laminiert und spiralgebunden. Die Insektendarstellungen lehnen sich an Motive in den „Insecten-Belustigungen“ von Rösel von Rosenhof aus der Zeit um 1750 an. Das vom Autor hergestellte Büchlein eignet sich sehr schön zum Vorlesen. Es ist nicht im Buchhandel erhältlich, sondern kann nur vom Autor direkt bezogen werden (EUR 9,90; hferenz@yahoo.de).
Weitere Besprechungen abseits des Büchermahlstroms:
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P.S.: Ganz vergessen. Wir stellen am liebsten Autoren aus Halle vor, die in die Reihe passen, meldet Euch bitte bei uns und schreibt an die Redaktion.
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Ja, Haustiere im Mai bei Familien mit Kindern. Tierquäler befestigten an einem Bein einen Faden und ließen sie so angebunden fliegen.
Der Nordkurier.de veröffentlichte vor einigen Tagen einen lebendigen Käfer, der einer Frau auf dem Balkon zugeflogen war.
Und wo mag das Lied herkommen“Maikäfer flieg….“?
Maikäfersuppe wäre derzeit mangels Käfer ein ziemlicher Luxus. pro Person bräuchte man 20-30 Stück (in Bouillon kochen, Käfer dann ganz oder zerkleinert in Sauce Hollandaise – mit Schnittlauch, Zitronensaft oder Curry verfeinert – dazu knuspriges Baguette. Man kann die Käfer durch Shrimps ersetzen (Mockchafer-Soup statt Cockchafer Soup)
Auf meiner Lehrstelle mitten im Wald konnte man auch übernachten. Abends haben wir auf der Terrasse Licht eingeschaltet und Federball gespielt.
Vielleicht sind die deshalb weg.
Aber Himmelfahrt gabs immer auch Maikäfer.
Und meine Mutter erzählte mal, dass die Rosenschule die aufgekauft hat, die kamen wohl in die Gülle und verbesserten die.
Hat jemand mal Maikäfersuppe gegessen?
Schönes Buch. Ob sich damit aber die Natur retten lässt, darf bezweifelt werden. Ich glaube auch nicht, das es sich zu meiner Kinderzeit, ich habe sie auch gesammelt, um ein „drohende Insektenart“ handelte.