Nach Niederlage: Wiegand will Bundesverfassungsgericht anrufen. OVG: „Keine Verletzung des Grundsatzes auf ein faires Verfahren“

20. Januar 2022 | Politik | 12 Kommentare

Es war zu erwartern: nach Wiegands Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht wird er nicht klein beigeben. Nun bleibt ihm nur noch ein letzter Gang. Und den will er gehen. Gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung   wurde er konkret. Das Oberverwaltungsgericht habe gegen die Grundsätze eines Fairen Verfahrens verstoßen. Behauptet Wiegand. Das Oberverwaltungsgericht sieht genau das jedoch anders, siehe unten. Wie Wiegand argumentiert, kann man auch auf seiner Homepage nachlesen.

Hintergrund ist: das Verwaltungsgericht hat tatsächlich Wiegands Antrag nicht inhaltlich geprüft, sondern das Verfahren wegen eines Formfehler zugemacht: Wiegands Klage sei nicht von einem Rechtsanwalt inhaltlich bearbeitet und eingereicht worden, sondern die Klagebegründung sei von Wiegand verfasst worden, der Anwalt habe im Wesentlichen sich nur Wiegands Argumentation übernommen bzw. darauf Bezug genommen.

Den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts findet man hier: OVG-18.01.2022-Zurueckweisung-der-Beschwerde-als-unzulaessig

Darin heißt es unter Anderem (Auszüge):

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers legt dazu eine vom Antragsteller, der nicht die Befähigung für das Richteramt besitzt, selbst erstellte Beschwerdebegründung mit Anlagen vor. Diese Begründung mache er sich vollumfänglich zu Eigen und erkläre sie vollinhaltlich unmittelbar zum Inhalt der erhobenen Beschwerde. Sollte das Gericht die Bezugnahme nicht als ausreichend erachten, bitte er um einen richterlichen Hinweis.

Die gem. §§ 65 Abs. 1 DG LSA i. V. m. §§ 146, 147 VwGO statthafte Beschwerde des Antragstellers ist bereits unzulässig und war daher zu verwerfen.

Die Beschwerdebegründung entspricht nicht den Vorgaben des Vertretungszwangs nach § 3 DG LSA i. V. m. § 67 Abs. 4 VwGO. Gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO müssen sich die Beteiligten vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwal- tungsgericht, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte ver- treten lassen. Nur ein solcher Bevollmächtigter (§ 67 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 7 VwGO) kann wirksam prozessuale Erklärungen abgeben und Rechts- handlungen vornehmen. Der Vertretungszwang, auf den in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses hingewiesen wird, gilt auch für die nach § 65 Abs. 1 DG LSA i. V. m. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erforderliche Begründung der Beschwerde.

Die am 11. Januar 2022 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen an den Vertretungszwang, weil der Prozess- bevollmächtigte des Antragstellers darin ausdrücklich auf eine vom Antragsteller selbst erstellte Begründung verweist und sich diese ohne sonstige eigene Darlegungen nur pauschal zu Eigen macht sowie zum Inhalt der Beschwerde erklärt. Der Vertretungs- zwang des § 67 Abs. 4 VwGO kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein postula- tionsfähiger Prozessvertreter pauschal auf Schriftstücke seines Mandanten oder von sonstigen Dritten Bezug nimmt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zweck des Ver- tretungszwangs nach § 67 Abs. 4 VwGO. Danach muss im lnteresse eines geordneten und sachlichen Ganges des Verfahrens deutlich werden, dass der Prozessbevollmäch- tigte sich die von ihm vorgetragenen oder vorgelegten Ausführungen seiner Mandanten zu Eigen gemacht hat. Sein schriftsätzliches Vorbringen muss nach ständiger Recht- sprechung des Bundesverwaltungsgerichts erkennen lassen, dass er selbst eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vorgebrachten Streitstoffes vorgenommen hat . []

Soweit der Vertretene bei der Erstellung eines Schriftsatzes mitgewirkt hat, muss erkennbar sein, dass der Vertreter den Schriftsatz eigenständig geprüft, rechtlich durch- drungen und für gut befunden hat, wofür allein eine entsprechende Erklärung des Prozessbevollmächtigten nicht ausreicht.

Warum hat das Oberverwaltungsgericht keinen rechtlichen Hinweis gegeben?

Wiegand beklagt sich außerdem darüber, dass das Gericht ihm keine rechtlichen Hinweise gegeben habe, um ihm Gelegenheit zu geben, den Fehler zu heilen. .  („Sollte das Gericht die Bezugnahme nicht als ausreichend erachten, bitten wir um einen richterlichen Hinweis“, heißt es in Wiegands Antrag.)

Dazu das Gericht:

[]

Der Senat hat trotz der ausdrücklichen Bitte des Antragstellers davon abgesehen, ihn auf die hiernach mangelnde Beachtung des Vertretungserfordernisses hinzuweisen. Denn auch die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers für den Fall eines solches Hinweises avisierte Vorgehensweise („Wir würden dann die Beschwerdebe- gründung vollständig in der beigefügten Fassung von hieraus einreichen.“) hätte die erforderliche eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vom Antragssteller persönlich vorgebrachten Streitstoffs durch dessen Prozessbevollmächtigten vermissen lassen.

Eine Verletzung des Grundsatzes auf ein faires Verfahren scheidet deshalb von vornherein aus.

[]

(Kursiv: Auszüge aus dem Urteil, Hervorhebungen: Red.)

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