Corona-Viren und Immunsysten – Teil 15: Berührung und Oxytocin

10. April 2020 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Die Corona-Krise hat uns weiterhin fest im Griff. Je länger aber das notwendige Kontaktverbot dauert, desto wichtiger wird es, über die damit verbundenen Folgen nachzudenken. Ein wichtiges Thema dabei ist eine Verstärkung des ohnehin schon bestehenden Körperkontakt- und Berührungsverlusts.

Immunsystem und Oxytocin

Oxytocin, auch als Bindungs- oder Kuschelhormon bezeichnet, wurde zunächst bekannt durch seine Funktion bei Geburt und Stillen. Inzwischen kennen wir viele andere Wirkungen von Oxytocin: es senkt den Stresslevel und damit den Blutdruck, beschleunigt die Wundheilung und den Stoffwechsel und wirkt angstlösend. Es fördert die Entspannung und macht und zufrieden und glücklich. Damit verbessert es auch die Immunregulation, die durch Dauerstress gestört wird, wie bereits beschrieben (Teil 6 und Teil 14). Es stärkt Bindung und Vertrauen und damit das soziale Zusammenleben, fördert aber in Studien auch die Abgrenzung nach außen (in-group/ out-group-Verhalten), wenn es als Substanz gegeben wird.

Wann wird Oxytocin im Körper freigesetzt? Bei jedem angenehmen Körperkontakt: bei Umarmungen, beim Kuscheln und Streicheln, bei der Massage, beim guten, einvernehmlichen Sex (um den es hier ausdrücklich nicht gehen soll). Haben wir hier schon in „guten Zeiten“ ein Berührungs-Defizit (wer streichelt z. b. alte oder behinderte Menschen im Heim?), so wird es durch das Kontaktverbot während der Corona-Krise dramatisch, vor allem für alleinstehende oder auf Hilfe angewiesene Menschen oder für Kinder. Berührungen werden vermieden oder auf ein Minimum reduziert, Massagen und Physiotherapie sind oft nicht möglich. Zusammen mit der Isolation verursacht das Ängste und Stress und verschlechtert damit auch die Immunregulation.

Empfehlungen (nicht nur) in der Corona-Krise

Pflegen Sie den Körperkontakt mit den Menschen, mit denen Sie zusammenleben, jetzt erst recht. Wenn Sie alleine leben, sind Sie mit einem Haustier gut dran: Kuscheln Sie mit Ihrer Katze, streicheln Sie Ihren Hund oder das Kaninchen. Wenn Ihnen auch das nicht zur Verfügung steht, sorgen Sie selbst für die angenehme Berührung Ihrer Haut: auch dabei wird Oxytocin freigesetzt. Machen Sie ein Ritual aus dem Eincremen mit einer Pflegelotion. Gönnen Sie sich eine eigene Nacken- oder Fußmassage. Oder massieren Sie mit gut gewaschenen Händen Ihr Gesicht: Streichen Sie nacheinender einige Male über die Stirn, um die Augen, entlang der Nase, um den Mund, über die Wangen. Fahren Sie mit den Ohren fort: die Ohrmuschel von oben nach unten, das Areal vor und hinter den Ohren. Für die Kopfmassage gibt es ein eigenes Gerät, aber Ihre Finger tun es auch.

Eine weitere Methode ist das zu den Kneipp´schen Anwendungen zählende Trockenbürsten: die Bürstenmassage fördert auch ohne kaltes Wasser die Hautdurchblutung. Man kann sie bei sich selbst anwenden oder bei einem anderen Menschen, auch bei ganz kleinen Kindern und schwerkranken alten Menschen. Sie brauchen eine weiche Bürste mit Naturborsten und etwa 5 Minuten Zeit. Wichtig: man beginnt immer herzfern und bürstet mit kurzen Bürstenstrichen oder kreisend herzwärts. Am besten beginnen Sie bei den Füßen und „arbeiten“ sich nach oben. Dann sind die Arme dran, zuletzt folgen Nacken, Brust und oberer Rücken sowie das Gesicht. Bürsten Sie dort besonders, wo die Haut immer kalt ist, also auch an Fußsohlen und Handflächen. Lassen Sie geschädigte Hautstellen (Wunden, Neurodermitis, Schuppenflechte) sowie Krampfadern (auch Besenreiser) aus. Decken Sie die nicht behandelten Körperteile zu, damit Sie nicht auskühlen. Danach empfiehlt sich eine Dusche oder ein kalter Abguss. Da die Bürstenmassage aktiviert und wach macht, wendet man sie am besten morgens an.

Eine gute und angenehme Zeit beim Ausprobieren und Anwenden.

Dr. med. Annette Kreutzfeldt, Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin und Immunologie, Kneipp-Ärztin

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