Corona-Viren und Immunsysten – Teil 6: Stressabbau

23. März 2020 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Der heutige Beitrag zur Serie Corona-Krise und Immunsystem ist dem Zusammenhang von Immunabwehr und Stress gewidmet. Dabei hat dieses Thema zwei Seiten: einerseits bietet die Zwangspause uns die Chance zur Entschleunigung und damit zum Stressabbau, andererseits weckt die erzwungene soziale Isolation Ängste und schafft oder verstärkt damit eine Stresssituation, vor allem bei Menschen, die psychisch belastet sind oder waren. So kann wie ein Déjà vu eine längst überwunden geglaubte Angst- oder Belastungssituation erneut entstehen.

Immunsystem und Stress

Stress ist eine Anpassungsreaktion  an sich ständig verändernde Umwelt- und Lebensbedingungen. Eine Stressreaktion versetzt uns in die Lage, mit wechselnden Anforderungen fertig zu werden. Sie ist also an sich nichts Schlechtes. Erst dauerhafter Stress, den wir nicht bewältigen können und der uns „über den Kopf wächst“, macht uns krank. Warum? In einer Situation, in der es aufs Überleben ankommt, stellt unser Körper alle Energie für „Kampf oder Flucht“ zur Verfügung: für Herz-Kreislauf-System, Lunge, Gehirn, Muskulatur. Die Immunabwehr ist dabei nicht „systemrelevant“ und wird herunterreguliert. Verantwortlich dafür sind zusammen mit dem vegetativen Nervensystem (Sympathikus/Parasympathikus) die Stresshormone: akut Adrenalin und Noradrenalin, längerfristig Cortisol. Während es nach einer gut bewältigten Stresssituation (Herausforderung) zur Stärkung der Immunabwehr kommt, führt Dauerstress zur Abwehrschwäche, wie aus Studien mit Pflegekräften oder alleinerziehenden Müttern bekannt ist. Es kommt also darauf an, dass nach einer Stressreaktion eine Entspannungsantwort folgt, in der sich Körper und Psyche regenerieren und ein erhöhter Cortisolspiegel wieder sinkt. Damit kann das Immunsystem wieder effektiv arbeiten.

Empfehlungen (nicht nur) in der Corona-Krise

Nutzen Sie die Zeit, die jetzt nicht anders verbringen können, um bewußt Ihr Stresssystem herunterzuregulieren. Dazu geeignet sind verschiedene Entspannungsverfahren wie das Autogene Training, Progressive Relaxation nach Jacobson, Yoga, Qigong oder Meditation. Wenn Sie bereits eins dieser Verfahren gelernt haben, können Sie sich jetzt vornehmen, regelmäßig zu üben. Wenn nicht, gibt es Videos oder Apps (meist mit einer kostenlosen Version, z. B. 7mind für 7 Minuten Meditation), die Ihnen eine genaue Handlungsanweisung bieten. Zumindest in der gegenwärtigen Situation, in der Sie keinen Kurs besuchen können. Denken Sie daran: es kommt nicht aufs Können an, sondern aufs Üben. Kein Problem, wenn es Ihnen nicht gleich gelingt, sich zu konzentrieren oder sich zu spüren. Je öfter Sie üben, desto besser wird es Ihnen gelingen, den Tiefenentspannungspunkt anzusteuern (das ist der Punkt kurz vor dem Einschlafen) und sich im Kreis drehende Gedanken zu beruhigen. Konzentrieren Sie sich einfach auf Ihren Atem und kehren Sie immer wieder dorthin zurück. Nach einiger Zeit werden Geräusche Sie nicht mehr stören, sie werden sie gar nicht mehr wahrnehmen. Und in der nächsten Stress-Zeit nach dem Ende der Corona-Krise können Sie genau darauf zurückgreifen. Das Üben sollte für uns so selbstverständlich werden wie das tägliche Zähneputzen.

Für die Zeit der Corona-Krise, in der wir in die Gefahr der sozialen Isolation geraten, eignet sich die sogenannte Metta-Meditation aus der Achtsamkeits-Praxis. Metta heißt soviel wie „liebende Güte“. Diese auch „Mitgefühl-Meditation“ genannte Form wurde vom Dalai Lama empfohlen, um die Welt und unser Zusammenleben etwas besser zu machen. Man spricht dabei sich und anderen gute Wünsche zu und fördert die Verbundenheit mit nahestehenden Personen: Mögest du / möge ich gesund sein, mögest du / ich glücklich sein, geborgen sein, frei sein, mit Leichtigkeit leben. Während der Meditation stellen Sie sich eine Ihnen nahestehende Person vor, dann eine neutrale Person, dann eine Person, mit der Sie ein Problem haben. Zum Schluss sprechen Sie sich die guten Wünsche selbst zu. So wird sich nach und nach Ihre Wahrnehmung verändern und Ihre Zufriedenheit und Zuversicht zunehmen.

Möge es Ihnen gut gehen. Mögen Sie gesund sein. Mögen Sie glücklich sein. Mögen Sie mit Leichtigkeit leben.

 

Dr. med. Annette Kreutzfeldt, Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin und Immunologie, Kneippärztin

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