Corona-Viren und Immunsysten – Teil 17: Risikofaktoren Rauchen und Feinstaub

18. April 2020 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Während es in der Corona-Krise ein paar Erleichterungen bei den Eindämmungsmaßnahmen gibt, liegen die ersten Analysen zu schweren Verläufen einer COVID-19-Infektion vor. Sie sollen im heutigen Beitrag vorgestellt werden.

Wer ist bei einer Covid-19-Infektion besonders gefährdet?

Die beiden Studien von chinesischen und britischen Forschern haben untersucht, welche Vorerkrankungen zu schweren bzw. tödlichen Verläufen geführt haben. Dabei waren Patient*innen mit COPD (chronisch-obstruktive Bronchitis) am stärksten betroffen, ihr Risiko war um das Sechsfache erhöht. Ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko hatten Patient*innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Im Gegensatz dazu hatten vorbestehende Erkrankungen von Leber und Niere sowie Krebserkrankungen keinen Einfluss auf die Schwere einer Corona-Erkrankung.

ACE2 und Immunsystem

Eine wichtige Rolle beim Verlauf der Erkrankung scheint die Menge an  ACE2 (angiotensin converting enzyme) in der Lunge zu spielen. ACE2 ist ein wichtiger Teil des RAS  (Renin-Angiotensin-System), eines Regulationssystems des Herz-Kreislauf-, Hormon- und Immunsystems. Es spielt eine Rolle bei der Blutdruck- und der Entzündungsregulation. ACE und ACE2 bremsen eine überschießende Entzündungsreaktion (Verringerung der proinflammatorischen Zytokine IL1 und TNF-alpha) und vermindern die Stresskaskade (geringere Freisetzung von CRH und Cortisol). ACE2 spielt auch eine Rolle bei der Virusabwehr durch T-Killerzellen: Viren werden von Immunzellen aufgenommen und „aufbereitet“ (prozessiert), um dann an Killerzellen präsentiert zu werden. Dabei ist ACE2 wohl die Eintrittspforte für das Covid-19-Virus in die Zellen. Und hier liegt das Problem bei einer vorbestehenden Lungenerkrankung: ACE2 ist hochreguliert, was anscheinend zu einer verstärkten Immunantwort mit weiterer Lungenschädigung führt.

Was begünstigt die Entstehung einer COPD?

Der wichtigste Risikofaktor für eine COPD und damit für einen schweren Verlauf einer Corona-Erkrankung ist nach den vorliegenden Studien das Rauchen. Dabei ist es weniger das Nikotin, das zu einer chronischen Entzündung führt, sondern die Feinstaubbelastung. Dieser belastet am stärksten die Rauchenden selbst, aber auch Passivraucher atmen die Partikel ein. Neben dem Rauchen spielen weitere Feinstaubquellen eine Rolle. In Innenräumen sind dies vor allem Kerzen und Kamine (Rußpartikel), Laserdrucker sowie Kochen und Braten. In der Außenluft spielt im städtischen Bereich der KfZ-Verkehr eine Hauptrolle (Verbrennungsmotoren, Reifenabrieb). Damit ist Feinstaub wahrscheinlich der gefährlichere Faktor als Stickoxide, wobei beide Faktoren bei Messungen miteinander korrelieren. Beim Reifenabrieb schneiden Elektroautos nicht besser ab als Verbrennungs-KfZ, hier spielt allerdings die Geschwindigkeit eine Rolle (Stichwort Tempolimit).

Feinstaub ist nicht Feinstaub: entscheidend für die Schädlichkeit sind Partikelgröße und chemische Zusammensetzung: je feiner der Staub, desto weiter kann er in die Lunge und evtl. sogar ins Blut eindringen. Partikel <2,5 µm gelangen bis in die Lungenbläschen und schädigen diese, sind sie <10 µm, können sie ins Blut gelangen und das Herz-Kreislauf-System schädigen. Laut WHO gibt es keinen Grenzwert, unter dem eine Feinstaub-Belastung unschädlich ist. Besonders gefährlich sind weiterhin toxische Partikel aus / mit Schwermetallen (Kadmium, Blei, Quecksilber) oder organischen Stoffen.

Empfehlungen (nicht nur) in der Corona-Krise

Die wichtigste Empfehlung lautet (das haben Sie sich schon gedacht): Reduzieren Sie das Rauchen. Wenn Sie das nicht schaffen: Rauchen Sie nicht in Innenräumen. Vermeiden Sie Feinstaub vor allem in Innenräumen. Und tragen Sie eine Corona-Atemmaske, wenn Sie an vielbefahrenen Straßen mit dem Fahrrad unterwegs sind.

 

Dr. med. Annette Kreutzfeldt, Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin und Immunologie, Kneipp-Ärztin

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