Rückt die Abwahl Wiegands näher? – Stadtrat diskutiert weiter über die vorgezogene Impfung des Oberhauptes

25. Februar 2021 | Politik | 13 Kommentare

Auf der gestrigen Stadtratssitzung ging es zum wiederholten Mal unter anderem auch um das Thema des Umgangs der Stadt Halle (Saale) mit den am Ende eines jeden Tages anfallenden Impfstoffresten und dem damit verbundenen Impfskandal um Oberbürgermeister Dr. Bernd Wiegand, welcher sich diesbezüglich auch am 15. März wieder den Fragen des Stadtrats und einer möglichen Suspendierung stellen muss.

Gestern ging es jedoch zunächst darum, noch einmal offene Fragen der Stadträte zu behandeln, die bei der letzten Sitzung nicht ausreichend behandelt werden konnten. So legte Wiegand zu Beginn der öffentlichen Sitzung seinen Bericht zu den an diesem Tag auf der Liste stehenden Themen dar. Unter anderem informierte er etwa darüber, dass die jährliche Museumsnacht dieses Jahr coronabedingt ausfallen werde. Auch solle der Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort Weinberg-Campus in Halle weiter ausgebaut werden.

Das Thema des um seine Person heiß diskutierten Impfvordrängler-Skandals streifte Wiegand abschließend, indem er auf die Durchsuchung seines Büros, des Gesundheitsamtes und des Impfzentrums am vergangenen Montag durch die Staatsanwaltschaft einging. Er bezeichnete dieses Vorgehen, wie bereits zuvor mehrfach, als völlig unverhältnismäßig und kündigte an, die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung prüfen lassen zu wollen.

Dann waren die Stadträte und Stadträtinnen an der Reihe, welche man nach ihren Aussagen grob in die Lager „Pro-„ und „Contra-Wiegand“ einteilen kann: So beschwerte sich etwa die Grünenpolitikerin Melanie Ranft darüber, dass bisher nur zwei Aktenordner zur geforderten Einsicht seitens des Oberbürgermeisters zur Verfügung gestellt worden sind, obwohl bereits vor Tagen eine umfangreiche Einsicht in alle Dokumente und den gesamten Schriftverkehr zum Thema vereinbart worden war. Sie fordere von Wiegand daher, – sollte dieser wirklich an einer Aufklärung und Transparenz interessiert sein – auch Einblicke in den zu diesem

Die Linke zeigte sich bezüglich der zuvor getätigten Aussagen Wiegands hingegen noch ein wenig empörter. So erklärte der Stadtrat und Landtagsabgeordnete Hendrik Lange, der auch schon in der vergangenen Zeit immer wieder mit harschen Vorwürfen gegenüber Wiegand aufgefallen war, etwa, dass ihn das Statement Wiegands fassungslos mache. Schließlich sei durch das Handeln des Oberbürgermeisters ein inzwischen riesiger Imageschaden für die Stadt entstanden, der vor allem auf die nur nach und nach ans Licht kommende Wahrheit und das wiederholte Lügen Wiegands zurückzuführen seien. Unterstützung erhielt Lange dabei von seinem Parteikollegen Thomas Schied, der ebenfalls die zuvor angesprochene angeblich umfangreiche Akteneinsicht kritisierte. Wiegand selbst antworte schlicht, man habe alle Unterlagen vollständig zur Einsicht freigegeben.

Die Akteneinsicht war dann auch das Thema der Stadträtin Dörte Jacobi und des Stadtrates Dr. Detlef Wend. Beide zeigten sich skeptisch den Akten gegenüber. Wend sagte außerdem, man habe feststellen können, dass es am fraglichen Sonntag im Januar, an welchem es zur Impfung Wiegands gekommen war, noch viele andere Personen gegeben habe, die einer höheren Priorisierungsgruppe angehört haben als der Oberbürgermeister selbst. Diese Personen hätten stets zur Verfügung gestanden, waren aber schlicht nicht informiert worden. Er bezeichnete Wiegand anschließend als Lügner und forderte – wie bereits in der Sondersitzung vor wenigen Wochen – Wiegand möge bitte zurücktreten. „Ich werde nicht zurücktreten, weil kein Verschulden vorliegt.“, entgegnete Wiegand hierzu schlicht.

Unterstützende Worte erhielt Wiegand dann aus dem „Pro-Wiegand“-Lager in Form der Aussage des für Hauptsache Halle im Stadtrat sitzenden Andreas Wels. Seiner Meinung nach sei es durchaus als positiv für Halle zu bewerten, dass ein effektives System entwickelt worden sei, das sinnloses Wegwerfen von Impfstoffresten verhindere. Außerdem fehle es aktuell an dem Interesse sich wirklich wichtigen Themen zuzuwenden. Man müsse schließlich erst einmal die Arbeit der Ermittler bei der Staatsanwaltschaft abwarten.

Ähnlich – beziehungsweise noch mehr „Pro-Wiegand“ – äußerte sich dann auch Regina Schöps, die selbst auch zu den bereits geimpften Stadträten gehört. Die Vorwürfe anderer Stadträte gegenüber Wiegand, dieser habe sie über den Tisch gezogen und offensichtlich ausgetrickst, könne sie schlicht nicht nachvollziehen, so Schöps. Schließlich fühle sie sich selbst nach wie vor nicht korrumpiert.

Fazit: Auch an diesem Tag lässt sich abschließend noch kein klares Bild darüber zeichnen, wie es wohl in Halle und vor allem mit Oberbürger Wiegand weiter gehen wird. Tatsächlich werden folglich zunächst die Ergebnisse der Durchsuchung seitens der Staatsanwaltschaft und das erfolgreiche oder nicht-erfolgreiche Vorgehen Wiegands bzw. dessen Anwalts gegen eben dieses abzuwarten sein. Außerdem soll am 15. März über eine mögliche Suspendierung des städtischen Herrschers debattiert werden. Für diese müssten mindestens drei Viertel der Stadträte für eine Abwahl Wiegands stimmen. Seine seit 2012 andauernde Amtszeit würde damit dann ein jähes Ende finden …

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