Kekulés Medienschelte: „Sekundieren, ohne die Fakten zu kennen“. Halles umstrittener Corona-Experte äußert sich auf Twitter

28. Dezember 2021 | Bildung und Wissenschaft | 9 Kommentare

Nach wie vor äußert sich die Universität Halle nicht zu den Hintergründen, warum  Alexander Kekulé, seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Virologie an der MLU, vorläufig seines Amtes enthoben wurde. Die Universität begründet dies damit, dass sie grundsätzlich nicht zu Personalangelegenheiten Stellung nehme. Soweit jedoch bereits vor einigen Tagen bekannt wurde, soll es sich bei den Vorwürfen um Verstöße gegen um die  Wahrnehmung seiner Lehrverpflichtungen handeln. Vor allem, so heißt es, sei er nur selten in Halle gewesen: 

Wolfgang Fleig, ehemaliger Direktor der MLU, der in der Berufungskommission saß, die Kekulé 1999 nach Halle holte, wurde bereits im Dezember 2020 vom Spiegel mit folgenden Worten zitiert: »Aus meiner Sicht war das eine der unglücklichsten Berufungen, die man machen konnte, weil Herr Kekulé im Wesentlichen nicht präsent war.« Wie der Spiegel weiter schrieb, bestreitet Kekulé dies: Er arbeite 60 Stunden in der Woche für den Lehrstuhl, »einen Großteil davon von Halle aus«, vielmehr habe er  in über 20 Jahren noch nie einen dienstlichen Termin in Halle abgesagt, weil er nicht in der Stadt gewesen wäre. (Spiegel 54/2020/ hinter Bezahlschranke)

Aber es geht wohl schon lange nicht nur um unerfüllte Lehrverpflichtungen. Seit langen Jahren schwelt schon der universitätsinterne Konflikt zwischen dem – in den Medien nicht ganz korrekt als „Virologen“ bezeichneten Lehrstuhlinhaber und der Universität. Dass er sich zwar medial immer wieder als Experte für Virologie aufspiele, in Wirklichkeit jedoch seit Jahren nicht relevant forsche oder publiziere, lautet der Vorwurf.  Näheres zu den Streithintergründen hatte die Mitteldeutsche Zeitung am 22. Dezember veröffentlicht.  

In der Tat lassen sich namhafte Publikationen  des Professors kaum ausfindig machen. Laut Forschungsportal des Landes Sachsen-Anhalt  ist die letzte Publikation, an der Kekulé beteiligt war, bereits 5 Jahre alt (Link). Die Gemeinschaftspublikation, auf der er unter 28 (!) weiteren Autoren mit aufgelistet ist, beschäftigt sich mit der Epidemiologie einer speziellen Schimmelpilzinfektion. Immerhin: sie wurde in der Fachwelt wenigstens 10 mal zitiert.  Seitdem lässt sich wenig Einschlägiges finden, am wenigsten zu Virusinfektionen oder -Infektionsmechanismen selbst, zu SARS-(Corona-) Viren nahezu nichts. Größere öffentliche Aufmerksamkeit hatte Kekules geringe Publikationstätigkeit  erst erregt, als Kekulé ein Preprint des SARS-Spezialisten Christian Drosten zur Übertragung des Covid-19-Virus durch Kinder öffentlich angriff – wegen angeblicher statistischer Fehler. Der Streit wurde öffentlich per Twitter ausgetragen – Drosten stellte seinerzeit fest, er könne Kekulé gar nicht kritisieren – schlichtweg, weil der selbst nichts publiziert habe.

Kekulés Angriff auf die „Qualitätsmedien“: „Sekundieren, ohne die Fakten zu kennen“

Der Suspendierte selbst hatte seine Amtsenthebung bislang als „politisch motiviert“ bezeichnet. Nun hat er eine weiteren Gegner ausgemacht: die von ihm so genannten „Qualitätsmedien“. Die medial angegriffene Koryphäe schien es nun für nötig befunden zu haben, sich selbstständig in seiner Sache an die Öffentlichkeit zu begeben. Von seinem Twitter-Account aus geht er nun die Medien scharf an:

In eigener Sache: Die Vorwürfe der Uni Halle sind konstruiert und betreffen auch nicht mangelnde Forschung, denn dafür fehlen die Labore. @derspiegel und @faznet sekundieren, ohne die Fakten zu kennen. In der #Corona-Krise dürfen „Qualitätsmedien“ nicht das Vertrauen verspielen. „

(Tweet Alexander Kekulé)

Dahinter steht die Behauptung, er habe seit Jahren nicht forschen können, weil es an den nötigen Laboren fehle. Dem gegenüber, so will die Mitteldeutsche Zeitung erfahren haben, wirft die Universität Kekulé allerdings wohl auch vor, wichtige technische Entwicklungen im Labor selbst blockiert zu haben. Dadurch sei der Betriebsablauf gefährdet gewesen.

 

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