Violas Wahn: Ameisen und der Duft der Großkonzerne

19. April 2021 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Viola Tiemann war beim Aufräumen ihrer Wohnung wieder einmal an dem merkwürdigen hölzernen Kästchen vorbeigekommen, dessen Geruch, den sein Inhalt verströmte,  sie schon in ihrer  Kindheit immer wieder fasziniert hatte. Später war es in Vergessenheit geraten, nach mehreren Umzügen irgendwo hinter einem Bücherregal verschwunden, neulich, beim Aufräumen im Lockdown stieß sie wieder drauf: dieser merkwürdige, dumpf-verstaubte, mysteriöse blumige Geruch war noch da, ließ Kindheitserinnerungen aufsteigen…

„Immerhin ein praktikabler-Corona-Test“, dachte sie, als sie sich das Kästchen wieder unter die Nase führte: „solange ich das noch riechen kann, brauche ich keinen Schnelltest“, dachte sie.

Für den Inhalt hatte sie sich früher nicht besonders interessiert, aber jetzt, während des Lockdowns, wollte sie sich doch eingehender mit dem merkwürdigen Inhalt beschäftigen: offenbar waren es Hinterlassenschaften eines ihrer Vorfahren. Von ihm wusste sich fast nichts, nur wenig aus Erzählungen: Es muss einer ihrer Ur-Ur-Opas oder Ur-Ur -Großonkel gewesen zu sein, „ein Forscher und Erfinder“, wie ihr Oma einmal zugeraunt hatte, und: „der war sogar bei der Leopoldina“.

Etwas streng, aber auch selbstbewusst starrte sie der vermeintliche Vorfahr, ein gewisser Ferdinand Thiemann, aus dem gebräunten und verblichenen Albumin-Karton an. Dann gab es da noch Zeitungsausschnitte, offenbar „Reclame“ für irgendwelche Damenartikel, ein Jugendstil-Fräulein steckte ihre Nase in ein Blumenkörbchen. Der Deckel einer ovalen Blechdose fand sich in dem Sammelsurium, mit Blumenaufdrucken.

Überhaupt zierten die Zeitungsausschnitte viele hübsche Frauenbilder. Dann war da noch ein Foto eines – zumindest damals – herrschaftlichen Anwesens. „Haarmanns Villa“ hatte jemand auf der Rückseite notiert. „Haarmann, der Frauenmörder ?“

Viola erschrak, wischte den Verdacht jedoch schnell beiseite.

Eher mit Nasen schien das ganze Sammelsurium etwas zu tun zu haben. Da gab es das Bild, wo zwei Herren in einer Art altertümlichen Labors  standen, voneinander abgewandt, ernsthaft mit etwas Wichtigem beschäftigt. Der links auf dem Bild steckte seinen Riechkolben dicht über eine Art Probierglas: „in meiner Laborantenlehre hätte man mich für sowas gleich rausgeschmissen“, grinste die Multi-Ur-Enkelin. Irgendwie schien aber doch alles mit allem etwas zu tun zu haben, durchfuhr sie ein Anflug von Bedeutungswahn: „sie wollen mir irgend etwas damit sagen“. Auch die vielen Ameisen, die über dem Blütenbild herumkrochen, ja, die hatten auch etwas damit zu tun: Blitze der Ahnung einer großen Bedeutung durchzuckten sie.
Dann war da noch diese mysteriöse Postkarte. „Gruß aus Holzminden“. Das Motiv „zierte“ eine recht hässliche Industriekulisse, vor einem Fluss oder Teich, in giftigem Lila nachkoloriert.

Das Klingeln an der Haustür riss Viola aus ihrem aufwallenden Beziehungswahn: es war ihre alte Freundin Elfriede. Nachdem die sich alles geduldig angehört hatte, die merkwürdigen Bilder gesichtet hatte, kam sie mit einem  Vorschlag: sie würde den ganzen Krempel mit in die Redaktion nehmen. Vielleicht könnten sich die Leser von „Pflanze der Woche“ einen Reim aus dem Inhalt des Kästchens machen?

In der Tat:

Hier sind die Fragen an unsere Leser.

  1. Im Zentrum steht eine Pflanze. Die zu bestimmen, dürfte nicht schwer sein. Welche ist es?
  2. Was machen die Ameisen mit der Blume?
  3. Wer sind die Herrschaften da auf den Bildern, und in welcher Beziehung stehen sie untereinander?
  4. Steht die Villa noch, und wo?
  5. Gibt es diese Fabrik noch? Wem gehört sie heute?
  6. Hat dieses Gewerbe noch eine Bedeutung in unserem Alltagsleben?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Mit Haustorien hausierend: klappernder Schmarotzer): Großer Klappertopf, Rhinanthus angustifolius.

Als Blume des Jahres 2005 erinnerte der Gr. Klappertopf daran, dass Biotope wie feuchte Niedermoorwiesen immer mehr verschwinden und so der Lebensraum für viele Pflanzen verloren geht.

(Hans Ferenz)

Lust auf mehr Pflanzen-Stories ?  In unserem Archiv findet Ihr alle bisherigen „Pflanzen der Woche“, seit 2016.

 

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