Wie weiter mit oder ohne Oberbürgermeister

22. Dezember 2021 | Politik | 19 Kommentare

(Kommentar) Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat Bernd Wiegands Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung/Suspendierung abgelehnt. Seit April ist Bernd Wiegand nun nicht mehr im Amt und wenn man kundige Juristen fragt,  wird vermutet – dezidierte Aussagen sind in der Juristerei ja eher selten – es könne noch eine ganze Weile dauern. Disziplinarverfahren scheinen extrem zeitaufwendig zu sein. Das ist für eine gründliche Aufarbeitung sinnvoll. Zudem ist es verständlich, ihn für diesen Zeitraum  aus der Verwaltung fern zu halten. Dass Wiegand, wenn nötig,  innerhalb der Verwaltung hochgradig manipulativ und aggressiv agiert ist keine Neuigkeit.

Glücklicherweise führt seine Abwesenheit nicht gleich zum Totalausfall der Verwaltung, auch wenn Wiegand gern den Eindruck seiner Unersetzlichkeit verbreitet. Dennoch haben die Bürger dieser Stadt ein Anrecht auf ein gewähltes Stadtoberhaupt und zudem müssen die Beigeordneten etliches zusätzliche Aufgaben erledigen. Das scheint noch zu gelingen, aber langfristig kann es keine Lösung sein.

Hier zeigt sich nun das Dilemma der Doppelrolle eines einerseits demokratisch gewählten Oberbürgermeisters und dessen Funktion als Verwaltungsoberhaupt. Auch Wiegand hat diese Doppelfunktion gerne genutzt und sich je nach Situation und die für ihn passende Argumentation ausgesucht ob er gewählter Repräsentant oder scheinbar völlig neutraler, unbestechlicher, sozusagen „steriler“ Oberverwaltungsbeamter sei – was dann meistens auch „geflunkert“ war.  Als „Oberverwaltungsbeamter“ hat er sich den Regularien des Landesverwaltungsamtes und des Beamtenrechtes zu unterwerfen, da hält sich das Mitleid des Kommentators in Grenzen. Aber als demokratisch gewähltes Stadtoberhaupt, also aus politischer Sicht,  ist die Kritik an der andauernden Suspendierung nicht unberechtigt.

Wäre es nicht besser gewesen, die Frage ob diese Stadt mit oder ohne Bernd Wiegand weiter verwaltet und gestaltet wird, politisch zu lösen? Und könnte das noch gelingen? Offensichtlich ist die Chance zur Abwahl vertan worden und das verdanken wir ebenso Wiegands Freunden wie auch Widersachern. Eine Mehrheit im Stadtrat zum Abwahlverfahren scheiterte an zwei Gruppen. Denen, die sich sorgten er überlebe trotz aller Impfpeinlichkeiten das Abwahlverfahren und würde dann doppelt triumphieren und denen, die in Nibelungentreue zu ihm standen und ihn verteidigt hätten, selbst wenn er die Impfärztin des Diakoniekrankenhauses mit vorgehaltener Pistole zur Impfung gezwungen hätte (was ja nicht nötig war 😉

Unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen, müssen nicht nur 50 +x % der Bürger ihn abwählen, sondern diese Abwahlmehrheit muss auch mindestens 30% aller wahlberechtigten Bürger sein. Und wie hoch sind Wahlbeteiligungen bei OB-Wahlen z.B. 2019? 42, 4% beim ersten Wahlgang und zur Stichwahl waren es dann noch 35,8 %. ergo kann eine Abwahl wahrscheinlich nur im Rahmen einer Bundes- oder Landtagswahl erfolgen. Diese stehen vorerst nicht an.

Ein komplexes Abwahlverfahren, mangelnder Mut einerseits sowie grenzenlose Selbstüberschätzung auf der anderen Seite begleitet von langsam mahlenden Verwaltungsmühlen haben uns diese Hängepartie beschert. Schade und leider auch kein Ruhmesblatt für unsere Stadt und ihre demokratischen Prozesse.

Detlef Wend

 

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