Rote Christbaumkugeln

26. Dezember 2022 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Den Baum hatten sie schon im Spätherbst entdeckt. Das war an einem Feldrand irgendwo in der Nähe von „Delitz am Berge“.  Elfriede waren die kleinen, leuchtenden Kugeln sofort aufgefallen. Sie waren groß wie etwas überdimensionierte Kirschen, die Blätter sahen aus wie die von Pflaumenbäumen, und die Früchte erinnerten irgendwie aber auch an Äpfel. Am tollsten fand Elfriede aber die leuchtend roten Farben, „Jetzt weiß ich, was wir an den Christbaum hängen“, rief sie Heino zu. Der fand die Idee, verderbliche Früchte an einen Baum zu hängen, nicht so toll: „Die werden schrumpelig bis Weihnachten“, und lehnte es ab, beutelweise Obst nach Hause zu schleppen. Er probierte eine der Früchte. Se waren knallhart und ziemlich sauer. „Bah, lass mal…“
„Aber dann besorg mir doch endlich mal richtig schöne gläserne, rote Baumkugeln,  Du hattest mir das versprochen !“. Da war es wieder, diese Nölerei. Dabei hatte sich Heino wirklich bemüht. In der staatlichen Glasmanufaktur Derenburg hatte er es schon versucht. Dort gab es wunderbare farbige Glaskugeln, handgefertigt von Glasbläsern mit teils  internationalem Ruf.  Aber sie hatten nicht das, was er suchte: große, schlichte, rote Kugeln aus massivem Glas. Es war zum Verzweifeln. Auch in Lauscha in Thüringen hatte er schon einen Glasbläsermeister gefragt, ob er nicht eigens große rote Baumkugeln  anfertigen könne. Der hatte abgewunken: „Würden wir gerne machen, aber das ist wahnsinnig schwierig. Ab einer bestimmten Größe verbläst du die Farbe einfach, das lohnt nicht, und die Kunden würden den Aufwand nie zahlen“…
Elfriede hatte sich durchgesetzt. Heute abend also, am zweiten Weihnachtstag, hängen mangels Glaskugeln die Früchte aus Delitz am Tannenbaum. Und verschrumpelt sind sie noch nicht. Das liegt daran, dass die Früchte noch lange, bis in den Winter hinein, am Baum hängen bleiben. Auch, wenn die Blätter  schon längst gefallen sind. Vögeln macht es auch nichts aus, wenn das Fruchtfleisch hart und ziemlich sauer ist. Besser, als gar kein Winterfutter.

Der Baum stammt übrigens aus Asien, er ist eng verwandt mit einigen Obstsorten, die man hierzulande -wohl besonders zu Weihnachten – zu schätzen weiß.

– Um welchen Baum handelt es sich?
– Und warum sind rote Glaskugeln eigentlich so teuer, und große so schwer zu finden?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Pflanze mit trickreichem Pollinator“): Riesenseerose, Victoria cruciana

Victoria cruziana, Botanischer Garten Halle

Unser User Bastian hatte die Lösung, es handelt sich um Victoria cruziana . Damit war seine Antwort gewissermaßen richtiger als unsere Frage. Wie das? Wir dachten, wir hätten im botanischen Garten Halle die bekanntere Art Victoria amazonica, vormals Victoria regia genannt, fotografiert. Das war ein Irrtum. Wir haben nochmal die Bilder, die wir im Sommer im Gewächshaus des botanischen Gartens gemacht haben, genauer durchgesehen. Und Ätsch. Bastian hatte recht. Im Bild links kann man es auf dem Schildchen lesen, Victoria cruziana steht drauf. Zu unserer Ehrenrettung: in dem Gewächshaus war es so heiß und schwül, dass gleich die Brillen beschlugen. Wie Bastian anhand des Bildausschnittes die Art cruziana identifizieren konnte – Chapeau.  Vielleicht kann er ja hier erklären, wo genau die Unterschiede zwischen der Victoria cruziana und der amazonica nur an den Blättern zu erkennen sind.

Wer mit der Namensgebung geehrt wurde, auch das schreibt Bastian richtig:  Andrés de Santa Cruz, bolivianischer General, der die Expedition finanziell unterstützte, und Präsident von Peru, später von Bolivien wurde [https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9s_de_Santa_Cruz]

Wir hingegen dachten an Queen Victoria. Nun gut, die alte Queen brachte den Gattungsnamen, früher nannte man die nah verwandte Amazonas-Riesenseerose auch Victoria regia, also Königin Victoria. Von dem Blattrippengerüst der Pflanze soll sich der berühmte Gärtner Joseph Paxton in seiner für die damalige Zeit (1850) atemberaubende Konstruktion des Londoner Kristallpalastes inspiriert haben lassen. Der Gärtner wurde so nicht nur für seinen grünen Daumen berühmt, sondern gleich auch noch als Architekt. Den grünen Daumen hat er jedoch schon vorher bewiesen: ihm war es als erstem gelungen, in Europa die kälteempfndliche Amazonas – Seerose mittels seiner Gewächshauskonstruktionen zum Blühen zu bringen.

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs im unserem  virtuellen Wildwuchs.

 

 

 

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