Pflanze mit trickreichem Pollinator

19. Dezember 2022 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Bald nach ihrer Entdeckung in den Buchten und Lagunen der langsam fließenden Nebenflüsse des Amazonas fand die erstaunliche Wasserpflanze im Laufe des 19. Jahrhunderts ihren Weg in die Palmenhäuser der europäischen Metropolen, wo sie als Statussymbol und Publikumsmagnet kultiviert wurde und als exotische Schönheit bis heute bestaunt wird. 

Bemerkenswert sind ihre riesigen Schwimmblätter, die in ihrer tropischen Heimat einen Durchmesser von 2 Meter erreichen und über 50 kg tragen können. Stabilität und Schwimmfähigkeit gewährleistet ein leistenförmiges Stützgewebe mit luftgefüllten Hohlräumen auf der Blattunterseite. Zwischen den kräftigen Blattnerven, der Blattunterseite und der Wasseroberfläche bilden sich große Luftblasen, auf denen das Riesenblatt wie auf Luftkissen schwimmt. Zusätzlichen Schutz gegen Tierfraß geben starke Stacheln. Die kreisrunden Blätter haben einen etwa 6 cm hohen Rand mit zwei gegenüber liegenden Einschnitten. Bei heftigen Bewegungen reißt der Rand nicht so leicht ein, die Blätter schieben sich nicht übereinander und bei heftigen, andauernden Regengüssen kann das Wasser leicht von der Oberfläche abfließen. Außerdem ist das Blattgewebe an vielen Stellen von senkrechten Röhrchen durchzogen, die das Wasser zur Unterseite ableiten können. Die dem Sonnenlicht zugewandte Blattoberseite ist grün. Die Farbe der Blattunterseite ist dagegen rotbraun. Durch die riesenhaften Blätter werden um das Sonnenlicht konkurrierende Pflanzen wirksam verdrängt. Das Leichtbauprinzip diente als Vorlage für den Bau des Crystal Palace auf der Weltausstellung 1851 in London.

Kurz, aber eindrucksvoll und effizient verläuft die Blüte der Schwimmpflanze. Die weißen, bis zu 30cm großen Blüten öffnen sich mit Einbruch der Dämmerung und verströmen in der ersten Nacht einen kräftigen, süßlichen Ananasduft, der Käfer anlockt. Die Blüte ist in ihrem Inneren 5 bis 10°C wärmer als ihre Umgebung. Ist ein Käfer dann in das Innere der Blüte gelangt, schließt sie sich und hält ihn bis zum nächsten Abend gefangen. Dann erst öffnet sich die Blüte wieder und lässt den Pollen bepuderten Käfer frei. In seinem Gefängnis wird der Käfer von der Pflanze mit stärkehaltigem Futter versorgt. Mit Pollen bedeckt fliegt er dann zur nächsten Blüte und bestäubt sie. Nachdem die Blüte den Käfer freigelassen hat, schließt sie sich wieder und sinkt unter die Wasseroberfläche. Dort entwickeln sich in den nächsten Wochen die braunen erbsengroßen Samen.

Wie heißt die Wasserpflanze? Wer wurde mit der Namensgebung geehrt?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: („Ein Wettkampf zwischen Geschütz und Panzer in der Gartenlaube“): Kroenleinia grusonii – früher Echinocactus grusonii: der Schwiegermutterkaktus.

Viel gefragt hatten wir: nach dem Magdeburger Unternehmer, der einen speziellen Stahlguss erfand, damit Gründungsvater eines bedeutenden Magdeburger Stahlgussunternehmens wurde, das besonders für die Rüstungsindustrie hohe Bedeutung erlangte: und der sich dann nach dem Verkauf des Unternehmens an Krupp feingeistigen Dingen wie Astronomie und Kakteenzucht zuwandte.
Unser User Rati zeigt, dass er sich auch außerhalb der Tore Halles bestens auskennt, hier seine Antworten:

Die gesuchte Pflanze im Volksmund „Schwiegermutterkatus oder „Schwiegermutterstuhl“ genannt, wurde benannt nach Hermann Gruson. Dies war erst die

– Maschinen-Fabrik und Schiffsbauwerkstatt H. Gruson
– Grusonwerk AG Buckau
und nach ihrem Verkauf 1886 hieß sie
– Friedrich Krupp AG Grusonwerk
– Maschinenfabrik Krupp-Gruson der Sowjetischen Maschinenbau AG
– AG für Maschinenbau, Zweigniederlassung in Deutschland, Schwermaschinenbau „Ernst Thälmann“ Magdeburg
– VEB Schwermaschinenbau „Ernst Thälmann“, Magdeburg-Buckau
– Schwermaschinenbau-Kombinat „Ernst Thälmann (SKET)
– nach der Wende verschiedene SKET-Unternehmen
– heute noch existent SKET GmbH

Ende der 80-er Jahre wurde ein Heimcomputerbausatz produziert. Der HCX wurde 1988 von SKET Magdeburg entworfen. Auch er lehnt sich konstruktiv an den Sinclair ZX Spectrum an und besaß einen im ROM befindlichen BASIC-Interpreter.
Die Grusonschen Gewächshäuser wurden im Krieg zerstört, aber von der Stadt Magdeburg wieder aufgebaut und sind heute öffentlich zugänglich.. Berühmt war und ist die Kakteensammlung . Und zu ihr gehört natürlich auch der Grusonsche „Schwiegermutterkaktus“.

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs im unserem  virtuellen Wildwuchs.

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