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Ins Krankenhaus nach Genuss von „Wunderbeeren“

Es macht schon Spass, in irgendwelchen Foren mitzulesen, was die Leute so aus ihrem Alltag mitteilen, und vor allem, was sie alles tun. Manchmal jedoch kann einem schon der Schauer eiskalt über den Rücken laufen. Wenn man nämlich erfährt, wieviel Unsinn verbreitet wird. Es geht hier gar nicht um Fake-News. Sondern einfach etwas bedenkliche Gesundheits- und Alltagstips. So neulich. In irgend einem Forum, in dem sich wildfremde Leute über Katzen, Gartentips und Kochrezepte gleichermaßen austauschen. Da stellte jemand eine Frage in die Netzgemeinde. Sie habe da im Garten eine Pflanze entdeckt schrieb sie unter das Bild, das sie ins forum gepostet hatte. das so etwa so aus wie das auf unserem Artikelbild.  Die Pflanze habe viele schwarze Beeren, ob man die essen könne. Aus allen Ecken kleckerten nun die Anworten, wie etwa der Rat, man solle nichts essen, was man nicht kennt (ein Rat, dessen Beachtung schon manch einem Pilzesammler das Leben gerettet hat). Bald aber meldete sich jemand, offenbar mit Migrationshintergrund aus der Ukraine: „Ja, bei uns werden die gegessen. Wir machen da Marmelade raus, und meine Oma füllt damit Blinis“. Ein nächster wusste zu berichten, dass die Beeren in den USA sogar angebaut würden, und dort „Wunderbeeren“ genannt werden. Das würde dort so benutzt, wie bei uns Blaubeeren. Die Dame, die die Frage nach den Beeren gestellt hatte, war nun, ob der aus allen Himmelsrichtungen eintreffenden positiven Feedbacks, ermuntert, die Beeren doch einmal zu versuchen. „Wenn die gekocht sind, kannst Du sicher sein, dass die ungiftig werden“. Mehrere Tage hörte die Netzgemeinde nun nichts mehr von der Sache, bis unsere Userin sich wieder zurückmeldete. „Leute, ihr glaubt nicht, was mir passiert ist. Ich habe ein paar Beeren gesammelt, und dann so 2-3 Esslöffel als Marmelade gekocht, zum Probieren. Die habe ich dann auf einem Stück Brot gegessen. Schmeckt ziemlich fad, aber süß. Nach einer halben stunde ging es dann los. Höllische Bauchschmerzen, ich dachte, meine Därme platzen. das ende vom Lied: Notaufnahme, Magen ausgespült…. Aber OK, überlebt.

Rätselhafte Pflanze also. Damit unseren Usern so etwas nicht passiert, ein kleiner Hinweis: die Pflanze, die hierzulande durchaus häufig als Unkraut auf Schuttflächen wächst, hat einer ganzen Pflanzengattung ihren Namen gegeben. Zu der Gattung gehören viele ungiftige Gemüsepflanzen, aber auch einige üble Giftpflanzen mit tödlicher Wirkung. Unsere gesuchte Pflanze enthält in sehr schwankenden Mengen Alkaloide, unter anderm auch eines, das in keimenden oder grünen Kartoffeln vorkommt und schon manchem Esser Bauchschmerzen bereitet hat. In manchen Ländern werde die Pflanze gegessen, sogar als Gemüse, heißt es  bei Wikipedia. Was, wie wir nun wissen, riskantes „Wissen“ ist.

Wie heißt unsere gesuchte Pflanze?
Und was sind diese „Wunderbeeren“, die man essen kann?

(HW)

 

Auflösung der letzten Wochen“Pflanze“ („Spitz auf teuren Würzpilz“):

Elfriede wusste es mal wieder ganz flott. Gefragt war nach der Spitzmorchel Morchella conica. Man findet sie in Nadelwäldern und in Nachbarschaft zum Adlerfarn. 

Pilze – nicht Tier, nicht Pflanze, sind unverzichtbar für unsere Nährstoffkreisläufe. Mit ihrem fädigen Pilzgeflecht geraten sie rasch zu den größten Organismen Viel Interessantes und Erstaunliches  hat die Wissenschaft über ihr Leben, Kommunikation und Lebensgemeinschaft mit Bäumen in jüngerer Zeit herausgefunden. Aber Vorsicht beim Sammeln. Man sollte sich mit ihnen auskennen. Und was man nicht sicher kennt, lässt man stehen.

(Hans Ferenz)

 

7 comments on “Ins Krankenhaus nach Genuss von „Wunderbeeren“”

  1. „Schwarzer Nachtschatten“ (Solanum nigrum) dürfte die Lösung sein.
    Schöne Anspielung im Artikel das man sich lieber weniger in Foren belesen und erfragen sollte, sondern sich doch lieber Fachliteratur zur Hand nimmt.

  2. Schaut man sich die Früchte nach der Blüte der Kartoffel, der Tomate, des Nachtschattens an, erkennt man die Verwandschaft. Essen würde ich trotzdem nicht alle.
    Mit welcher gedankenlosen Selbstsicherheit in solchen Foren Freigaben zum Verzehr erteilt werden und auch darauf vertraut wird, ist schon spannend.

  3. Beitrag aus dem von @heiwu verlinkten Chefkoch-Beitrag:
    „Marmelade aus schwarzer nachtschatten ist die leckerste, die es weltweit gibt. Das kann jeder Russe bestätigen :). Solange die Beeren grün sind, sind die leicht giftig (wie auch grüne Tomaten und Kartoffeln).
    Roh schmecken die nicht gut aber als Marmelade oder als Füllung – mit Zucker gemischt – für „Wareniki“ (Teigtaschen) oder Piroggen schmecken die ausgezeichnet. Jetzt habe ich zu viel verraten 🙂 Lasst uns was übrig!“

    Sieht nach Darwin-Award aus.

  4. Trotzdem die Frage, kann es sein, dass die reifen Beeren wenig bis kein Solanin enthalten (so wie auch reife Tomaten im Gegensatz zu unreifen kaum welches enthalten)?

  5. @micha06: die essbaren „Solanum-Früchte“ kommen wohl tatsächlich eine andere, nahe verwandte Art. Am ehesten vielleicht an den Blättern zu erkennen. https://en.wikipedia.org/wiki/Solanum_retroflexum
    Aber das kann schon sein, dass auch die schwarzen Beeren unseres einheimischen Nachtschattens weniger Alkaloide enthalten – schließlich sollen sie ja gefressen werden (allerdings von Vögeln, die die Samen verteilen sollen, die sind viuelleicht immun).Also würde ich mich lieber nicht drauf verlassen wollen.

    Und dann gibt es auch noch S. burbankii, sieht fast genauso aus, es ist wohl eine Kreuzung. Die nenn sie in den USA „Wonderberry“. Ist jedenfalls ziemlich irritierend.
    Hier gibt es noch einen Ami zu bestaunen, der durch die wirre Welt der Wunderbeeren führt: https://www.youtube.com/watch?v=xP-iRyb7rYA

    Mir hat eine Oma in Thrakien auch schon mal schwarzen Nachtschatten gezeigt und gesagt, man könne ihn wie Gemüse zubereiten („Chorta“). Würde ich aber nicht wirklich beigehen dran, auch wenn vielleicht das Solanin beim Kochen ins Wasser geht.

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