Spitz auf teuren Würzpilz

21. Oktober 2019 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Es ist Pilzsaison. Eigentlich gehört die Behandlung der Pilze nicht hier in die Pflanzenrubrik. Pilze bilden bekanntlich ein eigenes Organismenreich. Adamus Lonicerus beschrieb sie in seinem Kräuterbuch von 1679 so: „.. Sein weder Kräuter noch Wurzeln/weder Blumen noch Samen/sondern nichts anders/ dann überschüssige Feuchtigkeit des Erdreichs/ der Bäume/ Hölzer/ und anderer fauler Ding/ darum sie auch ein kleine Zeit währen/ …“. Pilze ernähren sich wie die Tiere durch Aufnahme bioorganischer Substanzen. Dazu bauen sie die organischen Substrate ab und nehmen die Produkte über ihr fädiges, reich verzweigtes unterirdisches Pilzgeflecht auf. Was wir im Wald und auf Wiesen sehen und gern sammeln sind die sporentragenden Fruchtkörper, durch die sich die Pilze vermehren. Gern verführen sie Tiere dazu mit Duft- und Geschmacksstoffen. Pilze sind ein Phänomen: Manche schmecken uns, andere wirken berauschend, sind gar giftig oder bewirken durch Geruchsstoffe sogar Orgasmen.
Kürzlich holte ich aus der hintersten Ecke meines Gewürzschrankes ein schon verloren geglaubtes Glas mit getrockneten Pilzen hervor. Nein, keine Steinpilze, Pfifferlinge oder Shitake-Pilze. Die verwende ich häufiger gern zerkleinert oder pulverisiert zum Aromatisieren verschiedener Fleischgerichte, Saucen oder Risotto. Für besondere Gelegenheiten hatte ich mir einen besonders schmackhaften Würzpilz aufgehoben. Selbst in getrockneter Form ist die charakteristische Form des Pilzes noch gut zu erkennen, unterscheidet sie sich doch von den häufigen mit flächigem Hut und kräftigen Stiel versehenen Pilzen. Der unauffällige ca. 10cm lange Fruchtkörper ist eiförmig nach oben spitz zulaufend mit erhöhten Längsrippen und weniger ausgeprägten Querrippen. Lonicerus beschreibt den Pilz anschaulich so: „… sind rund wie ein Hütlein/ grau von Farben/ und voll Löchlin/ wie die Immenhäuslin/..“ Ihren Wohlgeschmack hebt er besonders hervor: „… allenthalben bey uns gemein/ zu welchen die verleckerten Mäuler sonderlichen Lust haben/ kochen sie mit Butter und Würtz/ zuvor in einem Wasser gequellt.“
Der gesuchte Pilz ist besonders aromatisch und wird, weil begehrt, ziemlich teuer gehandelt. Er wächst an Wegrändern und Böschungen, in Auen, nach Überflutungen und nach Waldbränden auf abgestorbener organischer Substanz, nicht jedoch auf Holz. Ihre Züchtung ist sehr schwierig. Die seltsamen Fruchtkörper dieser Pilze lassen ihre Zugehörigkeit zu den Schlauchpilzen oder Becherlingen (Ascomycetes) erkennen. Verwechselungsgefahr mit ähnlich aussehenden Pilzen ist möglich. Im Längsschnitt erkennt man aber, dass beim Doppelgänger der Pilzhut keinen Hohlraum mit dem Stil bildet, sondern am Stiel angewachsen ist.
Die frischen Pilze sind eine wahre Delikatesse. Vor der Verwendung halbieren und unter fließendem kaltem Wasser abspülen, da sie sehr sandig sind. Niemals roh essen! Denn ungekocht sind sie unbekömmlich. Fein und edel im Geschmack, passen die Pilze hervorragend zu hellem Fleisch, zu Fisch oder Krustentieren. Sie schmecken aber auch köstlich mit frischem Spargel oder kurz gebraten zu Salat und Nudeln. Ihr Geschmack ist dezent nussig.
Um welchen Pilz handelt es sich?
(H.J. Ferenz)

 

Auflösung der letzte Wochenpflanze: („Da zieht sich alles zusammen“) : Die Schehe, Schlehdorn, Prunus spinosa.

 

User(In) ManuMaus hat es gleich erkannt: Es handelte sich bei dem gesochten Strauch um den Schlahdorn, kurz „Schlehe genannt. Und Einbeck ergänzt ganz richtig: „Durch Kreuzung zwischen Kirschpflaume und Schlehdorn erhielt man die Zwetschke. Verwendet wird das Holz in Gradierwerken“. Und hier noch ein Bild des Strauches mit seinen sauren Früchten, aufgenommen bei Teutschenthal. Wartet noch den ersten Frost ab, dann könnt Ihr ernten.

Schlehdorn, Prunus spinosa

 

 

 

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