Lange Nacht der italienischen Oper: ein heiter – ironischer Abend mit Pasta und Traviata

18. März 2018 | Rezensionen | 3 Kommentare

Beifall und Buuhs für AIDA- Premiere“- so übertitelten jüngst Hallespektrum und die Mitteldeutsche Zeitung recht übereinstimmend ihre Kritiken an der Aufführung von Verdis Oper Aida. Großen Teilen des regionalen Publikums war die Inszenierung damals zu modernistisch, und erfüllte nicht die gemeine Erwartung von italienischer Oper und südländischem Flair: statt Pathos, Amore und Leichtigkeit wurde auf die Flüchtlingskrise angespielt. Das sollte nicht wieder vorkommen, und so hat man sich offenbar entschlossen, dem Publikum zu geben, was es erwartet. Eine ganze „Italienische Woche“ sollte es werden, deren Höhepunkt nun gestern stattfand: eine lange Nacht der italienischen Oper,  mit allem drum und dran, was gemeiniglich zu einem schönen Abend gehört: Traviata, Amore, Belladonna und Opernschlager, wie man sie kennt, zum Beispiel von Dr. Ö´s Fertigpizza. Und so saftig und dick belegt ging dann auch das Programm herunter („wie beim Italiener“), und sorgte beim tobenden Publikum für Begeisterung. Das lag natürlich am Belag: es dominierten Klassiker aus den Opern von Verdi, aus La traviata, La forza del destino* und Rigoletto, hier durfte natürlich „La donna e mobile“ (Sie wissen schon, die von Dr. Ö.) nicht fehlen. Neben Verdi war noch Giacomo Rossini mit der Overtüre vom „Barbier von Sevilla“ und  dem Duett  Rosina/Figaro (Dunque io son) vertreten sowie Pietro Mascagni mit zwei Stücken aus  der „Cavalleria rusticana“.

Dass das dreieinhalbstündige Programm dennoch nicht zu einer bloßen Schlagergala für die höheren Stände geriet, sorgten einerseits die hochkarätige Besetzung mit Solisten, der Opernchor, und natürlich die bewährte Staatskapelle unter der musikalischen Leitung von Rustam Samedov, andererseits die immer leicht ironischen Moderationsbeiträge des Dramaturgen Philipp Amelungsen. Das lag schon an dem immer besänftigenden, seichten, alles relativierenden Tonfall des Conferenciers, er mimte den netten, gewitzten, aber niemals albernen Maitre de Plaisir, einem gebildeten jungen Mann, wie ihn sich jede Schwiegermutter nur wünschte, dem man aber dem Schalk im Nacken ansah.

Den Solisten schien die Sache Freude zu bereiten, besonders dem Bariton Kwang-Keun Lee, der in dieser Spielzeit in mehreren Stücken die Oper Halle bereichert, oder der voluminös auftretenden Sopranistin Romelia Lichtenstein und der Mezzosopranistin Svitlana Slyvia . Ein besonderer Star, der, ähnlich wie Kwang Keun und Lichtenstein, trotz der konzertanten Vortragsweise auch Mimik einsetzte, war Tenor Costas Latsos. Etwa dann, wenn er hinter dem Rücken von Dirigent Samedov seine Faxen machte. Die Oper Halle hatte hier eine Leistungsschau aufgefahren, bei der auch die Staatskapelle das Ihre gab, wenngleich man bemerken konnte, dass der Besetzung jüngerer Nachwuchs fehlt. Der Schwung der Musiker bildete sich in der handwerklich wie immer ausgezeichneten Kapelle nicht in selbem Maße wie bei den Solisten aus. Und auch der Opernchor (teils in voller Besetzung, teils als „Herrenchor“), der  zum handwerklich guten Standard des Opernhauses gehört, trug das Seine zur Vollendung der Aufführung bei.

Von musikalischer Seite her ein gelungener Abend in jeglicher Hinsicht: dem Publikum gefiel das fetzige Programm, alle Erwartungen waren erfüllt, es gab standing ovations, viel Bravo mit Getrampel, das konservative Publikum freute sich über die guten alte Stücke, und manch anderer auch über die  augenzwinkernde Metaebene.

Aber die Intendanz hatte noch einen drauf gesetzt. „Italien“, da erwartet man ja nicht nur wunderschön geschmetterte Opernarien. Italien, das ist doch das Land von Pasta  &  Co, das weiß man doch. So wurde in die Pause noch eine „Kochsendung“ eingeschoben.

Wer macht die beste Pasta? Opernbesucher stellen sich kulinarischem Experiment.

Mit „Wessen Pasta schmeckt besser? Eine hitzige Schlacht im Operncafe“ hatte das Opernhaus bereits die Veranstaltung, zu der ein lokales werbebekanntes Küchenstudio seine Laborzeile zur Verfügung gestellt hatte, angekündigt.  Florian Lutz, der  Opernintendant, sollte gegen Joseph-Caballe Domenech, den Generalmusikdirektor, antreten. Das Publikum drängelte und schob sich nun mit aller Macht in den viel zu engen Gastraum, um sich in lila Plasteschälchen das abzuholen, was die beiden Kulturdirektoren in der Küche zusammengerührt hatten. Auch hier mimte Philipp Amelungsen den Showmaster und befragte die Leute nach ihrem sensorischen Eindruck von den in Soßen schon etwas weich gewordenen Teigwaren. Der gebürtige Katalane Domenech erklärte, er habe als Grundlage für seine namenlose Kreation ein altes Familienrezept verwendet, Soßengrundlage waren Gorgonzola und Champignons. Zumindest onomastisch hatte Lutz da mehr aufzubieten: „Pasta Norma“ (nach der gleichnamigen Oper) nannte er seine Schöpfung, die aus Nudeln in betont ungewürzter Tomatensoße, gebratenen Auberginen und einem ziemlich gehörigen Schlag Ricotta obenauf bestand, der wiederum mit etwas Parmesanspänen überstreut wurde. Die Abstimmung ging eindeutig für die Gorgonzola-Pasta aus, zu Recht wie der Rezensent fand. Florian Lutz sollte sich zukünftig ganz auf die künstlerische Leitung des Hauses konzentrieren. Denn Italienurlauber kennen solche Gerichte schon von der Anreise aus der Bordverpflegung.

(*Es passieren Unglücke, wenn Schauspieler den vollen Namen des Stückes aussprechen, erläuterte Philipp Amelungsen dem Publikum. Schon bei der Erwähnung „La forza“ verfolgten ihn unsere beiden Laienköche messerschwingend auf der Bühne, hier trauen wir uns aber:  La forza del destino, die Macht des Schicksals, heißt die 1862 uraufgeführte Oper von Verdi. )

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