Streit um Einigung in Kenia

7. November 2017 | Politik | 3 Kommentare

Eben erreichte uns eine Mitteilung der Grünen, von der die SPD nun sagt, es gebe gar keine Verständigung. Ob die CDU am Ende behauptet, es gibt gar keine Koalition? Bilden wir uns das alles nur ein? Aber lesen Sie selbst, zuerst die Grünen:

Integration ist keine Einbahnstraße

Die Koalitionspartner haben sich über die interkulturelle Öffnung in Sachsen-Anhalt verständigt. „Integration beginnt für die grüne Landtagsfraktion am Tag der Ankunft. Das Grundgesetz und die Landesverfassung von Sachsen-Anhalt bilden den Rahmen unserer Ankommenskultur. Denn wir alle müssen uns auf verbindliche Standards des Zusammenlebens einlassen. Integration ist keine Einbahnstraße“, sagt Sebastian Striegel, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

„Integration funktioniert nur, wenn sich die Mehrheitsgesellschaft verändert und öffnet. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass wir uns mit unseren Partnern auf eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechtes verständigen konnten“, erklärt Striegel.

 Musliminnen und Muslime können sich zukünftig in Sachsen-Anhalt nach islamischem Ritus bestatten lassen. „Wer hier dauerhaft lebt, soll auch hier sterben und nach seinen Vorstellungen begraben werden können. Wir werden deshalb Begräbnisse binnen 24 Stunden ermöglichen, den Rahmen für rituelle Waschungen schaffen, die Sargpflicht aus religiösen und rituellen Gründen abschaffen und ein Begräbnis des Leichnams in Richtung Mekka ermöglichen.“

„Gutes Zusammenleben braucht offene Gesichter und Kommunikation. Es ist deshalb richtig, in wenigen Bereichen eine Totalverschleierung des Gesichts zu verbieten. Bei Beamt*innen und Angestellten des Öffentlichen Dienstes kann es keine Vollverschleierung geben. Auch bei Wahlhandlungen und im Rahmen des Schulbesuches muss und soll Gesicht gezeigt werden. Einem Verbot der Vollverschleierung in der allgemeinen Öffentlichkeit erteilen wir eine Absage. Ein solches Verbot passt nicht in einen liberalen Rechtsstaat, es wäre unverhältnismäßig und nicht einmal praktikabel, wie Erfahrungen aus Österreich zeigen. Auch wenn wir Grüne das Tragen von Burka und Niqab ablehnen, kann die Befreiung der Frau nicht durch Verbote erfolgen.“

 „Integration kann nur gelingen, wenn die Werte des Grundgesetzes allgemein Beachtung finden. Unsere Verfassung schützt besonders auch die Familie. Bündnis 90/Die Grünen halten es deshalb für essentiell, dass hier lebende Geflüchtete zügig ihre noch im Ausland befindliche Kernfamilie im Rahmen des Familiennachzugs ins Land holen können. Die Aussetzung des Familiennachzugs muss kurzfristig enden. Damit würde auch ein zentrales Integrationshindernis beseitigt. Hier werden wir mit den Koalitionspartnern weiter das Gespräch suchen und auch bei den Sondierungsgesprächen im Bund auf eine Lösung dringen.“

Dazu die SPD-Fraktion:

Ankommenskultur“ im Zusammenhang mit Beerdigungen noch der Satz „Wer hier dauerhaft lebt, soll auch hier sterben“ wird dem gerecht.

Integration ist kein Profilierungsspielzeug

Die Pressemitteilung der Grünen ist unzutreffend. Die Koalitionspartner haben sich über die genannten Punkte keineswegs verständigt. Sie haben nicht einmal Gespräche darüber geführt.

Dieses Vorpreschen ist bedauerlich. Weder die Integrationspolitik noch das Bestattungsrecht eignen sich für Profilierungsspiele. Was zum  Bestattungsgesetz vereinbart ist, steht im Koalitionsvertrag: keineswegs die unten verbreiteten Details, dafür aber neben der interkulturellen Öffnung zwei weitere wesentliche Punkte (Bestattung von Sternenkindern, keine Grabsteine aus Kinderarbeit), die keineswegs unter den Tisch fallen dürfen.

Wie unsere Fraktionsvorsitzende Katja Pähle heute bereits erklärte: „Zuständig sind fürs Bestattungsgesetz die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker. Wer aktuell eine Gesetzesinitiative anstoßen will, muss in dieser Frage die sozialpolitischen Fachleute aus Koalitionsfraktionen und Regierung an einen Tisch holen.“ Eine Verständigung gibt es erst, wenn sie von allen drei Koalitionspartnern getragen wird.

Die SPD-Fraktion würde es begrüßen, wenn die Diskussion über das Thema Bestattung mit der nötigen Sensibilität geführt würde. Das gilt auch für die Sprache: Weder das Wort „Ankommenskultur“ im Zusammenhang mit Beerdigungen noch der Satz „Wer hier dauerhaft lebt, soll auch hier sterben“ wird dem gerecht.

Und die Opposition hat auch was dazu zu sagen: Zu heutigen Medienberichten über die Pläne der Regierungskoalition, das Bestattungsrecht in Sachsen-Anhalt zu ändern, erklärt die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern:

„Die Pläne der Landesregierung, Bestattungen künftig interkulturell zu öffnen und insbesondere Bestattungen nach muslimischen Ritus zuzulassen, sind zu begrüßen. Die Fraktion DIE LINKE hat diese Forderung stets vertreten.

Insgesamt greifen die Pläne der Landesregierung zur Novellierung des Bestattungsgesetzes jedoch zu kurz. Neben den interkulturellen Bestattungsmöglichkeiten und Regelungen zu einer würdigen Beisetzung so genannter Sternenkinder fordern wir dringend eine verpflichtende zweite Leichenschau auch für Erdbestattungen sowie eine deutliche Verbesserung der Qualität der Leichenschau. Dass dies notwendig ist, hatte nicht zuletzt der Fall der ermordeten bulgarischen Studentin 2014 in Halle deutlich gemacht.

Darüber hinaus setzt sich die Fraktion DIE LINKE für die Öffnung der Friedhofspflicht ein. Erd- und Seebestattungen bzw. die Möglichkeit, Urnen mit der Asche verstorbener Angehöriger zu Hause einen würdigen Platz zu geben, sind in anderen europäischen Ländern seit geraumer Zeit Normalität und nachvollziehbare Wünsche, denen man sich nicht verschließen sollte.

Die Fraktion DIE LINKE hat ihre Forderungen für eine Novellierung des Bestattungsgesetzes bereits Anfang des Jahres per Antrag in den Landtag eingebracht.“

Print Friendly, PDF & Email
3 Kommentare

Kommentar schreiben