Kein Untersuchungsausschuss zu Oury Jalloh: SPD blockt, Opposition empört

18. August 2021 | Politik | 13 Kommentare

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des mehr als 16 Jahre zurückliegenden Todes von Oury Jalloh in einer Gewahrsamszelle der Dessauer Polizei wird wohl im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht eingesetzt werden. SPD Landesvorstand und SPD Landtagsfraktion wollen das Vorhaben der Linke, das auch die Grünen sich zu eigen machen, nicht unterstützen und einen entsprechenden Beschluss des SPD Landesvorstands vom Juli 2020 nicht vollziehen.
Mit dem Abschlussbericht zweier Sonderbeauftragten im August letzten Jahres sei „ ein wesentliches Erkenntnisinteresse“ erfüllt. Eine Aufklärung des Falles ist aus der Sicht der SPD nicht mehr zu erwarten. „ Neben zahlreichen Feststellungen zum Fehlverhalten der beteiligten Beamten und zu strukturellem Rassismus in der Polizei traf der Bericht die eindeutige Aussage, dass offene Ermittlungsansätze nicht zu erkennen seien“ , sagte die SPD-Landesvorsitzende Juliane Kleemann.

Zur Haltung der SPD erklärten Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Stefan Gebhardt, Landesvorsitzender DIE LINKE Sachsen-Anhalt:

Die Fraktionen SPD und Grüne haben bereits vor Wochen von uns die Einladung erhalten, mit einem gemeinsamen Antrag per Minderheitenrecht einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Todesfall Oury Jalloh einzusetzen. Während die Grünen sofort ihre Bereitschaft erklärt hat, war die SPD-Fraktion nicht zu einer Festlegung bereit. Inzwischen liegt ein Schreiben der SPD-Landesvorsitzenden vor, in welchem die SPD darauf verweist, dass eine Einigung zu einem unabhängigen Polizeibeauftragten im
Entwurf des Koalitionsvertrags festgeschrieben ist und weiterhin die Möglichkeit besteht, Zeug*innen-Befragungen zum Fall Oury Jalloh im Rechtsausschuss durchzuführen. Einen gemeinsamen Antrag zur kommenden Sitzung des Landtags erteilt die SPD allerdings eine deutliche Absage.

Ohne die Stimmen der SPD ist derzeit, wie in der vergangenen Legislatur, keine ausreichende Anzahl von Abgeordneten bereit, einen Minderheiten-PUA einzusetzen. 15 Jahre Schande, wie es DIE ZEIT betitelte, setzen sich fort und das Vertrauen in den Rechtsstaat bleibt nachhaltig erschüttert.

Auch die Grünen kritisieren die Entscheidung der SPD, den Beschluss vom Juli 2020 nicht weiter zu verfolgen.

Sebastian Striegel, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte dazu:  „Der Tod Oury Jallohs im Gewahrsam des Polizeireviers in Dessau und die mangelnde Aufklärung der Hintergründe dieses Todes haben das Vertrauen in den Rechtsstaat schwer beschädigt. Die juristische und politische Aufarbeitung dauert an.

Auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen hatte die Regierungskoalition aus CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der vergangenen Legislatur zwei Berater des Rechtsausschusses eingesetzt, die Akten gesichtet und Versäumnisse der Behörden aufgearbeitet haben. Die Landesregierung hat den Beratern Einsicht in sämtliche verfügbare Akten und Asservate ermöglicht, das Justizministerium hat direkte Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Staatsanwaltschaft aber verhindert. Wir haben als Grüne diese Verweigerung deutlich kritisiert. Dass die Landesregierung zentrale Empfehlungen der Berater bereits umgesetzt hat, begrüßen wir. Es wird darauf ankommen, alle Empfehlungen umfänglich umzusetzen.

Wir standen bereit über einen geeigneten Auftrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der 8. Wahlperiode zu verhandeln, damit noch offene und im Rahmen eines Untersuchungsausschusses klärbare Fragen beantwortet werden können.“

 

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