„Sie sehen ja, wie hier alle schmunzeln“

11. Februar 2021 | Glosse | 5 Kommentare

Der Rezensent konnte es nicht lassen: hat mal wieder reingeschaut in die tägliche städtische Sitcom: das Corona-Terzett, nicht nur erfrischend wie jetzt zur Hoch-Zeit des Halleschen Karneval. Offiziell getarnt, um nicht vergnügungssteuerpflichtig zu werden, als tägliche Videokonferenz des Oberbürgermeisters zur Corona-Lage mit anschließendem Schneehöhen-Report.  Heute, am 11. Februar, der fünften Jahreszeit entsprechend, ging es  nach der amtlichen Verlesung der täglichen Corona-Zahlen („an Corona gestorben, mit Corona gestorben…“) um ein urmenschliches Thema: Schmunzeln.

Nach dem drögen Pflichtprogramm wurden wieder die Journalisten zugeschaltet. Sehen kann man sie nicht, ihre Stimme kommt aus dem „off“. Sehen kann man dafür mittig den Oberbürgermeister Bernd Wiegand, derzeit  im öffentlichen Ansehen etwas angeschlagen: viele Medien haben über den Impfdrängler-Skandal berichtet. Wieder einmal hatte es Halle in die internationalen Medien geschafft.

In Minute 34:19 kommt Jonas Nayda , Journalist  der Mitteldeutschen Zeitung, zu Wort. Serienjunkies kennen ihn schon. Um es vorweg zu nehmen: Er und der Oberbürgermeister werden in diesem Leben wohl nicht mehr Freunde. Denn Naydas Rolle ist im Drehbuch so beschrieben: Er bohrt mit seinen Fragen immer wieder nach, der OB reagiert genervt, wehrt sich gegen „Verhörsituationen“. Gerade gestern hat Nayda den sonst immer emotionsfreien Teflon-Oberbürgermeister zur Explosion gebracht.  Dabei hatte er eigentlich gar nichts gemacht. Der OB war in irgend einem Gespräch mit einem anderen Medienvertreter. Plötzlich bricht Wiegand  ab, und wendet sich an Nayda (den man nicht sehen konnte, sondern nur  Wiegand und seine beiden rechts und links im Briefmarkenformat aus dem „Homeoffice“ zugeschalteten Sekundantinnen).

Wiegend fand nämlich  das Verhalten von Nayda ungebührlich.  Weil: der Oberbürgermeister will genau im Bildschirm gesehen haben, wie  Nayda ob der Ausführungen des OB gegrinst hat. Nayda bekommt einen ausführlichen Anranzer, der sich geradezu wie eine Gefährderansprache anhörte. Wenn er die Worte des OB nicht ernst nähme, möge er sich doch bitte rausschalten. Großes Kino, hier zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=wa7UKIZMqI0. Bei Minute 16.56 …

Das war gestern. Aber auch heute beginnt  Nayda mit einer harmlosen Frage: wie denn die gemeinsame Erklärung entstanden sei, in der alle Katastrophenstäbler sich hinter den OB stellen, und die umstrittene Entscheidung, „übriggebliebene“ Impfdosen unter anderem an den OB und Stabsmitglieder auszuteilen (hier nachzulesen) im nachhinein rechtfertigen.

„.. und dann kommt man zu einer übereinstimmenden Meinung“

Wiegand erklärt, das sei halt Wunsch der ganzen Gruppe gewesen, sich dazu zu erklären. „Man sitzt dann zusammen, diskutiert, und dann kommt man zu einer übereinstimmenden Meinung“.

„Sie als Vorstand“, fragt der Journalist listig, „müssen da dann mitgehen?“

„Wir versammeln uns alle hinter dem Text“, und „der Oberbürgermeister dominiert nicht das Gremium“ waren die Antworten.

Nayda hat noch was nicht verstanden, und fragt nach. Es scheint um eine Lappalie zu gehen: was denn der Unterschied zwischen Stab und erweitertem Stab sei, will er wissen. Angeblich habe Wiegand mal die eine Bezeichnung verwendet, mal die andere usw.. es zieht sich hin und her, und Wiegand wird sichtlich böse, hat nun ganz schlechte Laune. (Tags darauf werden wir erfahren, warum Nayda so beharrlich gefragt hat)

Da ist es wieder: das H-Wort.

( 40:47) Jetzt nimmt der OB Nayda in die Zange. „Ich frage Sie, machen Sie das in anderen Kommunen auch so?“ zetert Wiegand. „Oder wollen Sie den Oberbürgermeister in einer Hexenjagd verbrennen?“ Die folgenden Minuten steigert sich Wiegand in Journalisten-Schelte Trumpschen Ausmaßes.

(45:14) Irgendwann meldet sich Nayda- scheinbar ganz kleinlaut- zurück. “ Nein, Herr Oberbürgermeister, ich habe nicht vor, eine Hexenjagd zu veranstalten.  Das wäre ja mittelalterliche Praxis, was man heute nicht mehr akzeptieren kann…“

Weiter kommt er nicht.

„Herr Nayda, Sie sehen ja, wie hier alle schmunzeln“ (Das Beitragsbild oben ist ein Screenshot von eben genau dieser Sekunde: 45:23).

„Nein, ich sehe Sie, aber nicht wie Sie schmunzeln, dafür ist mein Bildschirm zu klein… “

Warum die Mitglieder des Krisenstabes nicht mit ihrem Klarnamen unterzeichnet haben ?

..fragt jetzt Alexander Walter von der Magdeburger Volksstimme.

„der Stab hat sich so entschieden, dass es sich um eine persönliche Entscheidung handelt, sich impfen zu lassen.“

Offenbar hat Wiegand die Frage nicht verstanden. Es ging nicht ums Impfen, sondern ums Unterschreiben. Ruhig wiederholt der Magdeburger seine Frage noch einmal. Um wieder die selbe Antwort zu bekommen.

Der Autor dieser Zeilen schaltet hier ab.  Geht erst einmal in die Schmunzelecke, um all das seelisch und mental zu verarbeiten.

(Die Klarnamen des Krisenstabes findet man übrigens hier)

 

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