Agrarwissenschaftler der MLU erhält renommierte Emmy Noether-Förderung

27. Januar 2022 | Bildung und Wissenschaft, Natur & Gesundheit | Keine Kommentare
Der Pflanzenforscher Dr. Steven Dreissig richtet seit letzter Woche eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ein. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Arbeit des Wissenschaftlers mit bis zu 1,8 Millionen Euro. Dreissig wird die Auswirkungen von Nährstoffmangel auf die genetische Vielfalt in Roggenpflanzen untersuchen.

Die Nachwuchsgruppe befasst sich mit dem Zusammenspiel von Umweltbedingungen, insbesondere Nährstoffmangel, und der sogenannten meiotischen Rekombination. Die Meiose ist der Prozess der Zellteilung, bei dem aus einer Zelle mit doppeltem Chromosomensatz vier Keimzellen mit einfachem Chromosomensatz werden. „Dabei kommt es zur Rekombination: Die Arme von zwei benachbarten Chromosomen, auf denen das Erbgut liegt, überlappen und zwischen ihnen tauschen einzelne Gensequenzen ihren Platz.“, erklärte Dreissig. Je nachdem, wie Genesequenzen getauscht werden, kann das unterschiedliche Merkmale beim Lebewesen hervorrufen: „Ich habe zwei Töchter. Die eine sieht eher meiner Frau ähnlich, die andere eher mir.“, so Dreissig weiter. „Angenommen, wir hätten 100 Kinder, würden sie alle relativ ähnlich aussehen, aber keine zwei werden komplett gleich sein, obwohl sie aus dem gleichen Erbmaterial entstanden sind.“

Genauso passiert das auch beim Roggen – vor allem dann, wenn die Pflanze widrigen Umständen ausgesetzt ist. Das sei von Vorteil für die Pflanze, denn je öfter Gene rekombinierten, desto unterschiedlicher sei die Nachkommengeneration und desto größer die Chance auf ein Fortbestehen, meint der Agrarwissenschaftler.

Wie Umwelteinflüsse die Roggen-DNA verändern, will Dreissig in seiner Nachwuchsgruppe erforschen. Die MLU ist dafür der ideale Ort: Seit 1878 wird hier der Dauerfeldversuch „Ewiger Roggenbau“ betrieben. Dabei handelt es sich um ein Versuchsfeld, auf dem unter anderem seit mehr als 140 Jahren Roggen in Monokultur angebaut wird. Weil der Boden in einer Parzelle nicht gedüngt wird, sind die Nährstoffe hier knapp. Gerade diese ist für Dreissig von Interesse: „Hier in Halle bietet sich die einzigartige Gelegenheit, Nährstoffmangel als Stressfaktor unter stabilen Versuchsbedingungen zu beobachten.“

Der Wissenschaftler konzentriert sich auf die männlichen Keimzellen des Roggens, die Pollen. Dazu ermittelt er ihre Größe und sequenziert ihr Genom. Außerdem will er den Selektionsprozess im Lauf der nächsten Jahre beobachten: „Wir heben das geerntete Saatgut auf und bringen es im nächsten Jahr wieder aus. So können wir nachvollziehen, welche Gensequenzen sich durchsetzen werden.“ Die Erkenntnisse könnten in Züchtungsprogramme einfließen und diese verbessern.

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