Pflanze der Woche: Gut für die Milchproduktion?

12. August 2019 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Der wissenschaftliche Name der kreuzblütrigen Pflanze beruht auf dem Glauben, sie fördere die Milchproduktion bei Rindern. Aber über ein solches Doping gibt es keine glaubhaften Berichte und die krautige, bis zu 20cm hohe Pflanze kann unbehelligt auf Wiesen und an Waldrändern wachsen. Sie bevorzugt nährstoffarme Böden. Sie ist eine von 600 Arten ihrer Gattung. Die blauen Blüten sind paarweise gegenüberstehend und bilden eine pyramidenförmige Traube. Insekten mögen diese Pflanze. Da der Nektar aber nur am Blütengrund erscheint, sind die rüsseltragenden Insekten im Vorteil. Die Insekten landen auf dem gefransten Anhängsel der Kronblätter und schieben ihren Rüssel in die Kronröhre, um an dessen Ende an den Nektar zu gelangen. Dabei streift der Rüssel über die klebrige Narbe. Beim Zurückziehen bleibt an ihm Pollen hängen. Beim Besuch der nächsten Blüte wird der Pollen an deren Narbe abgeladen. Befindet sich sehr viel Pollen im Griffellöffel, kann ihn der Rüssel beim Vordringen auf die Narbe schieben, so dass es zur Selbstbestäubung kommt; ebenso kommt es dazu, wenn ein Blütenbesuch ausbleibt, dann krümmt sich der Narbenhöcker nach vorne und gegen den Löffel und wird dann durch den eigenen Pollen bestäubt. Einer von vielen komplexen Mechanismen zur Bestäubung. Diese Pflanze zu kennen und zu schützen hilft Wildinsekten zu überleben.

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Blanchiertes Unkraut…): Portulak, Portulaca oleracea

Offenbar lag Agricola ganz richtig, wie man seinen Anspielungen entnehmen darf: Es handelte sich nicht um die Gartenmelde, sondern den Portulak.

Portulaca oleracea ist der botanische Name einer Pflanze, die laut Wikipedia zu den achthäufigsten Pflanzen überhaupt und zu den „schädlichsten“ Unkräutern zählt. Das Kraut stammt, wie so viele unserer „Unkräuter“, aber auch der Nutzpflanzen, ursprünglich aus dem mediterranen Raum, und wurde mit der Ausbreitung des Ackerbaus in der Jungsteinzeit bei uns eingeschleppt. Es gehört in die Familie der Portulakgewächsen, die wiederum in die Ordnung der Nelkengewächse.

Während es im mediterranen Ackerbau tatsächlich zu einer „Plage“ werden kann, ist seine Bedeutung bei uns geringer, aber der „Befall“ weitet sich durch die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre merklich aus. Die ersten Keimlinge der einjährigen Pflanze erscheinen hierzulande erst im Frühsommer, und dann breitet sich das sukkulente, kriechende Gewächs mit seine fleischigen Stängeln und kleine Blättchen wie ein ein Teppich aus. Die Pflanze liebt Trockenheit, und nimmt auch gerne schon einmal zwischen Ritzen im Asphalt platz. Man begegnet dem Kraut im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt – und genau so verbreitet es sich auch. Die zahlreichen Miniatursamen, die sich nach den kleinen, gelblichen Blüten bilden, haften an den Sohlen von Mensch und Tier und werden so über das Land verbreitet.

So nervig dieses „Unkraut“ auch sein mag – man kann es essen, und hier gibt es seit dem Altertum viele Varianten. Dazu hat der Mensch das Unkraut durch Selektion weitergezüchtet: wohl durch spontane Mutation entstanden, gibt es die Pflanze mit dem zweifachen Chromosomensatz (2n=18), dem vierfachen (Tetraploidie) und dem sechsfachen (Hexaploidie). Dadurch werden die Pflanzen größer, und so gibt es Sorten, , die aufrecht stehen und erheblich größer sind als ihre kriechenden, diploiden Artgenossen. Geschmack und Zubereitung ist aber nicht anders: hier gibt es viele Varianten: neben Rohverzehr als Zutat in Salaten wird das Kraut auch gerne blanchiert und ggf. mit Zitrone, Essig und Olivenöl angerichtet. In Griechenland wird das so zubereitete Kraut in Tavernen als „Mese“ (Vorspeise) gereicht, je nach Region nennt man es Andrakla, Trevla oder Glystrida. Das so zubereitete Gemüse schmeckt etwas nussig, die Samenkörnchen knacken zwischen den Zähnen. Man schreibt dem Genuss des Gemüses im Volksmund kommunikationsfördernde Eigenschaften zu: „Hast Du Glystrida gefressen?“ fragt man Menschen, deren lauter, schneller und unaufhörlicher Redefluß nicht enden will. Dabei enthält die Pflanze keinerlei psychotrope Substanzen, dafür aber viel Vitamin C und die vielfach so „gehypten“ Omega-3-Fettsäuren. Außerdem jede Menge Schleimstoffe. Tabernaemontanus empfiehlt 1588 in seinem New Kreuterbuch wohl deshalb Portulak gegen den „Sod im Magen„.

Glystrida, kurz blanchiert mit Zitrone und Olivenöl serviert.

(HW)

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