Katzensalat zu Neujahr

31. Dezember 2018 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Das Schlachtengewummer scheint immer näher zu kommen, Böller und Granaten detonieren schon in direkter Nähe zum Küchenfenster, wo Mutter Kurasch an diesem 31. Dezember wieder für ihre Lieben den Neujahrssalt zubereitet – sie kommt sich vor, wie in einer Feldküche.  Dass allerdings in Gulaschkanonen auch Salat zubereitet wird, ist ja eher selten, denkt sie so bei sich, während sie die Salatschleuder  auf Touren bringt. Sie rührt Sahne, Zitrone und Zucker (muss sein, altes Hausrezept) an, schüttet die  Blättchen, an denen auch noch feinste Würzelchen anhaften, in die große  Familienschüssel.  Aber noch bevor sie dazu kommt, den Salat mit dem Dressing zu vermengen, kündigt sich der Angriff mit markerschütterndem Sirenengeheul an. Valerie und Rapunzel, die beiden Katzendamen, landen achtbeinig auf dem Küchentisch. Mutter Kurasch geht vor Schreck in Deckung, während die feliden Angreifer genüsslich überf das Grünzeug herfallen.

Seltsam? Vielleicht. Aber keinesfalls selten, wenn man sich in Katzenforen umschaut.

Unsere Fragen:

1). OK, es gibt einen halben Punkt, wenn Ihr die Pflanzenart benennt, die den Salat liefert. Das ist nun fast so schwer wie die Frage, wie lange der 30-jährige Krieg dauerte.

2) Aber was hat wohl die Katzen veranlasst, sich über das Grünzeug herzumachen? Einen Ansatzpunkt findet man, wenn man die Pflanzenfamilie (/Unterfamilie) herausfindet. Wir hatten schon mal einen ihrer Vertreter bei uns.

3) Warum isst man den Salat so gerne (oder so oft?) um dieses Jahreszeit (OK, ist auch wieder eher mittelschwer)

Auflösung der letzten Wochenpflanze („Uns ist ein Ros entsprungen“): Echte Rose von Jericho, Anastatica hierochuntica.  Jerusalemrose, Marienrose

Unser Agricola scheint es erraten zu haben, aber in aller Bescheidenheit rückte er wieder nur mit Andeutungen heraus: die „Rose von Jericho“ ist ein mythenumwobenes Gewächs, und dabei ist sie nicht einmal eine Rose, sondern ein schnöder Kreuzblüter, verwand also mit Senf, Raps und ähnlichen Allerweltspflanzen. Angeblich lebt sie ewig, sie kann von den Toten auferstehen, so die Vorstellung. Das aber stimmt nicht, denn es ist eine schlichtweg einjährige Pflanze. Aber sie hat aber eine besondere Strategie entwickelt, für ihre Nachkommen zu sorgen: Liebe über den Tod hinaus. Ihre Heimat sind die Wüstengebiete Afrikas und Kleinasiens, also auch im Heiligen Land. Das Besondere: wenn ihre Samen reifen, vertrocknet die kleine Pflanze, die selten höher wird als 15-20 cm. Dabei rollt sie sich zusammen. Erst wenn es, was in der Wüste bekanntlich selten ist, regnen sollte, entfaltet sich das tote Gerippe durch Quellvorgänge, sie lebt scheinbar wieder auf. Dabei verbreitet sie ihre Samen, die einige Meter weit fortschießen. Ob die „toten“ Knäuel auch vom Winde umher getrieben werden, wie im Film weiter unten gezeigt, gilt jedoch als umstritten. Die Samen jedenfalls keimen innerhalb eines Tages aus, schieben sofort ihre kleine Pfahlwurzeln in die Erde, und mit etwas Glück wächst in der kargen Umgebung eine neue „Rose“.  „Hygrochasie“ nennt man diese Strategie.

Einen schönen Film über den Lebenszyklus der Pflanze in freier Wildbahn gibt es bei Youtube:

Man kann das tote Knäuel immer wieder (also einige zig Male) trocknen, dann rollt es sich wieder zusammen, in Wasser legen, dann entfaltet es sich wieder. Das fand man schon in der Antike faszinierend, und die ersten Christen sahen darin ein Bild der Wiederauferstehung. Die trockenen Pflanzen brachten dann  Kreufahrer mit nach Europa, wo sie große Faszination auslösten – hier erhielt sie den Namen „Rose von Jericho“. (Natürlich nicht Jerichow 🙂 ) In den Legenden über die Flucht von Joseph und Maria nach Ägypten taucht sie schon auf, so soll Maria die Pflanze auf der Flucht gesegnet haben, da sie entlang ihres Weges wuchs. In Ägypten nennt man  sie „Kaff Maryam“ (Handballen der Maria) und in Algerien „Id Fatma Bint el Nabi“ (Hand der Fatma, Tochter des Propheten).

 

Echte „Rosen von Jericho“ sind heute schwierig zu bekommen. Was man heute – besonders zur Adventszeit – im Handel bekommt, ist die „falsche Rose von Jericho“, ein Moosfarngewächs, das seine Heimat in den Trockengebieten Amerikas hat (Selaginella lepidophylla) . Es zeigt ein ähnliches Verhalten, sogar noch eindrucksvoller. Aber es ist eben nicht die „Echte Rose“ aus dem Heiligen Land.

(H.W.)

 

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