Eine Kultpflanze für religiöse Ritualhandlungen

24. Juni 2019 | Bild der Woche | 5 Kommentare

Die Pflanze, die wir diese Woche suchen, ist aus der eurasischen Kulturgeschichte nicht wegzudenken. Ihre Wildform ist  wahrscheinlich in Kleinasien heimisch,  kommt aber fast im gesamten Mittelmeerraum vor. Fast alle der heute weit verbreiteten Kulturformen stammen jedoch aus Sippen in Kleinasien. Dort wurde sie zuerst gezüchtet, und die Kulturform, die wir suchen, hat sich so weit von ihren wilden Eltern entfernt, dass sie sich nicht einmal untereinander kreuzen. Das ist etwa so wie mit Wölfen und Hunden. Der Vergleich ist nicht einmal schlecht: Unsere Pflanze ist auch ein treuer Begleiter des Menschen – zumindest seit der Jungsteinzeit, als sich der Mensch eine Reihe von Gewächsen untertan machte. Wozu diente ihm unsere gesuchte Pflanze? Da muss man wissen, dass sie verschiedene nützliche Teile bietet. Fangen wir unten an: die Wurzel verwendet man, so vermutet der Autor, allerdings nicht. Auch die Blüten nicht. Einen Blütenstand zeigen wir auf dem Beitragsbild, er hat sogar schon kleine Früchte angesetzt. Diese liefern eine Rauschdroge, die in manchen Ländern ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes verboten ist, in anderen darf sie legal konsumiert werden. Wo sie erlaubt ist, spielt sie eine ziemlich zentrale Rolle in gewissen religiösen Zeremonien. Kommen wir aber zu den übrigen Pflanzenteilen: aus den verholzten Trieben gewann man ein einst wichtiges schwarzes Pigment für die Kunstmalerei, das heute allerdings selten ist und nur noch von speziellen Farbhändlern, vorzugsweise für den restauratorischen Bedarf, gehandelt wird. Die Blätter – das ist mittlerweile auch hierzulande bekannt – sind ebenfalls essbar. Die Sitte, sie in der Küche zu verwenden, geht offenbar auf die osmanische Palastküche zurück, von wo aus sie sich im gesamten osmanischen Reich verbreitete, und sogar weit über dessen Grenzen hinaus – was zuweilen, wir sprachen einmal darüber, einen gewissen Ärger verursacht.  Nochmal zurück zu den Wurzeln: Jede Pflanze hat Feinde, und  die Evolution bringt es mit sich, dass  eine Pflanze im Laufe der Zeit gewisse Resistenzen gegen ihren Fraßfeind entwickelt. Problematisch aber ist es, wenn beispielsweise Neozoen, Eindringlinge aus anderen Erdteilen, auf artverwandte Pflanzen treffen, die entwicklungsgeschichtlich nicht die Möglichkeit hatten, Abwehrstrategien gegen den Eindringling zu entwickeln.  Das geschah in Frankreich beispielsweise in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein ziemlich gefräßiges Insekt, dessen Larven sich vor allem an den Wurzeln zu schaffen machten, hätte beinahe zur Auslöschung einer 8000 Jahre alten Kulturpflanze geführt. Es war aus Amerika eingereist, und infizierte innerhalb weniger Jahre die Anbauflächen nahezu in ganz Europa, Nordafrika und Asien. Zur Bekämpfung gab es kaum ein Mittel – man versuchte es mit Schwefelkohlenstoff, den man in den Boden injezierte – doch mit beschränktem Erfolg. Die Rettung kam wieder aus Amerika: dort hatten sich Artverwandte unserer gesuchten Pflanze (also eine andere Art der selben Gattung)  seit Urzeiten an den Schädling gewöhnt. Also kombinierte man die Europäische Art und die Amerikanische Art miteinender, und dank dieses Verfahrens konnte die Vermehrung des gefräßigen Schädlings gestoppt werden.

So, und jetzt zu den Fragen, von hinten nach vorne:

  • Wer ist der besagte Schädling?
  • Durch welche Art von „Pflanzenkombination“ konnte er gerade noch aufgehalten werden?
  • Nehmen wir einmal an, Sie finden eine attraktive Sorte unserer Pflanze und schneiden davon einen Ableger, den Sie bewurzeln lassen, was ganz leicht geht. Können Sie den dann  im Garten anzupflanzen, oder ist das möglicherweise illegal?
  • Wie nennt der professionelle Anbauer die Blütenstände?
  • In welchen Gerichten werden die Blätter verwendet?
  • Wie heißt das schwarze Farbpigment, das man früher  aus den Trieben gewann?
  • Von welcher Pflanze reden wir überhaupt?

H.W.

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Dekorative Samenschleuder auf der Peißnitz“)

Gesucht war der Wiesenstorchschnabel ,Geranium pratense. Die Bienen würden sich freuen, wenn dieser Nektarspender häufiger vorkäme oder gar angepflanzt würde.

(H.J. F.)

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