Beliebt als Pfefferersatz

23. Januar 2019 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Heute suchen wir eine Pflanze, deren Samen Senföle enthalten und die deshalb scharf schmecken. Sie dienten früher armen Leuten als Pfefferersatz. Sie wächst als ausdauernde, krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 60 cm. Mit einer Pfahlwurzel und ein ausgedehntes, weit verzweigtes System von Rhizomen, die an den Knoten Knospen entwickeln, aus denen zahlreiche herdenbildende Luftsprosse treiben, behauptet sich die ursprünglich aus dem mediterranen Raum kommende Pflanze auch an trockenen Standorten. Sie liebt Halbtrockenrasen. Als invasiver Neophyt ist sie nach Amerika, Afrika und Neuseeland gelangt. Die Stängel sind meist aufrecht, kräftig und im Blütenstandsbereich verzweigt. Die wechselständigen Stängelblätter sind zahlreich, wechselständig, stängelumfassend, 1 bis 9 (bis 15) cm lang sowie 0,5 bis 2 (bis 5) cm breit und behaart oder kahl. Sie besitzen eine lineal-längliche, lanzettliche Form.

Die zwittrigen, vierzähligen weißen Blüten der Scheindolden des Kreuzblütlers sind wohlriechend. Die sechs Staubblätter haben vier seitständige und zwei mittelständige Nektardrüsen. Die Bestäubung erfolgt durch Fliegen; aber auch Selbstbestäubung findet statt, indem sich die Staubblätter vor dem Aufblühen zur Narbe hin krümmen. Blütezeit ist von Mai bis Juli. Die reifen, herzförmigen Früchte (Schötchen) enthalten in jedem Fruchtfach meist nur einen Samen. Die Rätselpflanze war weniger als Heilpflanze geschätzt, eher als Gewürz bei Geringverdienern. Auch heute kann man einen Wildkräutersalat damit pikant aufpeppen.

(H.J. F.)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: („Nur Adulte haben Stehvermögen“): Hedera helix, Efeu

Mit Altersschwäche möchte Felicia alias El Frieda nichts zu tun haben: sie kam zwar auf die gesuchte Pflanze, unseren strunzgemeinen Efeu. Aber es ist keinesfalls Schwäche, wie sie vermutete, die diese Pflanze im Alter zeigt – ganz im Gegenteil. Einmal aus dem Samen gekeimt – den Vögel im Winter und zeitigem Frühjahr gerne und überall fallen lassen, wächst er innerhalb etwa sieben  Jahren schlingend heran, erklimmt mit seinen Haftwurzeln hohe Bäume, die er scheinbar (aber nicht nachgewiesen) in seiner Liebe nach Luft und Licht erdrückt. Dabei ist er die einzige Pflanze in Europa, die mit Haftwurzeln klettern kann – das allein macht ihn schon bemerkenswert.  Besonders im Winter, wenn die Bäume ihr Laub fallen gelassen haben, fallen die mächtigen Efeuranken, die sich in den Wipfeln der Bäume etabliert haben, auf: die Silhouette der hochaufragenden Kletterpflanze bestimmt dann Wälder und Parkanlagen.
Dabei hat sie dann selbst eigenen, armdicke Stämme ausgebildet: denn selbst dann, wenn ihr Klettergerüst, zumeist ein Baum, dahin scheidet, behält der Efeu sein Stehvermögen. Das liegt daran, dass er, in der ungefähr siebenjährigen, erwachsenen Altersform sein Verhalten geändert hat: Er klettert nicht mehr, sondern ist im wahrsten Wortsinne: selbstständig. Am auffälligsten ist diese Veränderung in der Blattform: sind die Efeublätter im Jugendstadium gelappt, sind sie in der Altersform eher spitz-herzförmig. Eine andere Pflanze, würde man denken, wenn man die Blätter des jungen Rankerichs neben die des Alten legt. Die Altersform vermag natürlich mehr: vor allem kann sie blühen und Früchte tragen, was man an der rankenden Jugendform selten sieht. Die in Dolden reifenden Früchte werden im Winter gerne von Vögeln gefressen – für den Menschen und die meisten Säugetiere sind sie allerdings giftig.  Aus den Samen werden dann wieder rankende Jungpflanzen. Man kann natürlich Efeu auch als Ableger vermehren. Das Interessante dabei: ein Ableger, aus der Altersform geschnitten, behält die Erinnerung an sein Alter bei: er wächst weiter, bäumchenförmig, wie die adulte Form, was bei Bonsai- und Gartenliebhabern gleichermaßen beliebt ist, denn das so gezogene Gewächs kommt keinesfalls auf die Idee, irgendwelche lästigen Ranken auszubilden.

 

Heimisch ist der Efeu in Mitteleuropa. Von hier aus hat er sich allerdings diurch Siedler in aller Welt verbreitet; wo er dann oft als „böser Neophyt“ behandelt wird. Im US-Bundesstaat Oregon ist beispielsweise der Verkauf von Efeupflanzen strikt untersagt. Freundlich gesinnt war man dem Efeu jedoch in seiner angestammten Heimat: In der griechisch-römischen Antike waren Efeuranken dem Dionysos (Bacchos) zugeordnet, heitere Gesellschaften pflegten sich mit Efeu zu bekränzen.

Efeu ist schon in geringen Dosen giftig: wenige Beeren können bereits zu schweren Vergiftungen führen, schuld daran ist unter anderem die Substanz Falcinarol. Geringe Mengen jedoch wirken als Arzneimittel förderlich: in vielen Hustenmitteln sind Extrakte von Efeu enthalten.

(H.W.)

 

 

 

 

 

 

 

 

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