Schwalben, Gift und Versprechen: Stadt Halle antwortet auf Fragen zur Peißnitzbrücke

5. Juli 2022 | Umwelt + Verkehr | 4 Kommentare

Seit Beginn der Baumaßnahmen wabert ein dichter Nebel von Desinformation und vollmundigen Versprechen um die Peißnitzbrücke. Erst versprach die Stadt, während der Bauarbeiten eine Passage für Fußgänger und Radfahrer offen zu halten. Dann gab es Konflikte zwischen Passanten und Bauarbeitern – es wurden plötzlich (und ganz unerwartet) Reste alter Rostschutzfarbe bei den Sandstrahlarbeiten gefunden. Weil die giftige Schwermetalle enthält (konnte niemand wissen) wurde der Verkehr gesperrt. Tausende Menschen, die bislang zu Fuß oder per Rad auf dem Weg zur Arbeit die Brücke nutzten, mussten nun pro Weg vier Kilometer Umweg in Kauf nehmen. Es wurde protestiert, aber es half nichts.

Bis zum 30. Juni, „vielleicht sogar früher“ lautete das nächste Versprechen der Stadt, sollte die Brücke wieder befahrbar sein. Da Veranstalter protestierten, deren Publikum  auf die Brücke angewiesen war, versprach die Stadt, wenigstens für die Wochenenden einen Fährdienst einzurichten. Barrierefrei sollte der sein, versprach die Stadt auch noch. Kann sein, dass dem Pressesprecher das nur so rausgerutscht war.  Barrierefrei geriet der kreativ aus Gerüstbauteilen gebastelte Anlegesteg schon wegen seiner Stufen nicht. Der Stadtsprecher bat um Verständnis.

Ein weiteres Wochenende fiel der Fährdienst dann aus, weil man vergessen hatte, hierfür beim Schiffahrtsamt eine Konzession einzuholen. Vor einigen Tagen stoppten die Bauarbeiten an der Brücke gänzlich. Der Grund: ein brütendes Schwalbenpärchen – was im Sommer mindestens so überraschend ist wie alte Rostschutzfarbe an einer über hundert Jahre alten Stahlbrücke. Die Hoffnung, diesen Sommer die Brücke noch an Werktagen nutzen zu können, dürfte bei vielen leidgeplagten Nutzern in weite Ferne geschwunden  sein. Ein verlässliche Konstante aber bleibt:  die Stadt gibt weiter Versprechen ab. Nun soll die Brücke an Wochenenden nutzbar sein – sogar bis zum Laternenfest (das ja auch an einem Wochenende stattfindet ). Wann die Brücke für den alltäglichen Verkehr frei gegeben sein wird – darüber werden bereits Wetten abgeschlossen. Nicht einmal die Hälfte der Oberfläche der  alten Stahlkonstruktion wurde bislang überhaupt nur berührt, nicht einmal eingerüstet. Es gibt also noch viel zu tun bis zum Winter, wenn Wind und Kälte das Arbeiten an der freien Luft unzumutbar werden lassen.

Die Schwalben sind noch da – und es wird weiter gearbeitet, Sandstrahlen inklusive.

Am heutigen Vormittag waren wieder lautstarke Arbeitsgeräusche an der Brücke zu vernehmen. Kompressoren dröhnten, lautstark pustete das Gebläse. Sind die Schwalben also weg? Anfrage bei der Stadt, es antwortet Pressesprecher Drago Bock.

HALLESPEKTRUM: „Zum Stand der Sanierungsarbeiten und der Sperrung der Peißnitzbrücke haben wir folgende Fragen, da ja der neue Hinderungsgrund, die brütenden Schwalben, nicht mehr da zu sein scheinen: (das hatten wir vermutet, wegen der lautstarken Bauarbeiten- ein Irrtum:)“

Drago Bock: „Ihre Mutmaßung ist falsch. Die Schwalben sind noch nicht ausgeflogen (Stand heute 15 Uhr). Es erfolgt eine tägliche Inaugenscheinnahme.“

Können Bleistäube in die Saale wehen?

Damit keine Bleistäube in die Saale gelangen, oder von Bötchenfahrern eingeatmet werden können, wurde die Arbeitsstätte hermetisch mit Folie verschlossen. Hermetisch, bis auf ein paar mannsgroße Luftlöcher. Denn wer will schon im Sommer unter einer Folie arbeiten.


HALLESPEKTRUM: „Zu den Sandstrahlarbeiten: Der mittlere Teil der Peißnitzbrücke ist nicht eingerüstet. Sind hier keine Sandstrahlarbeiten erforderlich? Wie wird der Eintrag der gefundenen Schwermetalle in die Saale verhindert, wenn dort doch gestrahlt wird/wurde?“

Drago Bock: „Die Strahlarbeiten erfolgen dort, wo sie erforderlich sind – auch im mittleren Brückenbereich. Die Arbeiten erfolgen schritt- und etappenweise – jeweils unter Einhaltung entsprechender Schutzmaßnahmen für die Umwelt. Auf Grund des Schwalbenfundes wurde die Reihenfolge der Strahl- und Korrosionsschutzmaßnahmen noch einmal angepasst. Die Arbeiten werden schnellstmöglich vorangetrieben.

HALLESPEKTRUM: „Gibt es schon einen Öffnungstermin für die Brücke?“

Drago Bock: „Wie im Pressegespräch am Freitag, 1.7.22, vor Ort mitgeteilt, erfolgt eine provisorische Öffnung der Brücke für Fußgänger ab Freitag, 8. Juli voraussichtlich gg 16 Uhr bis einschließlich Sonntagabend. An den folgenden Werktagen wird die Brücke wieder gesperrt. Die nächste prov. Öffnung erfolgt am WE 15./6./17.7.).. und so fort. Die Komplettöffnung erfolgt schnellstmöglich, spätestens rechtzeitig zum Laternenfest.“

HALLESPEKTRUM: „Nach Abschluss der Strahlarbeiten wird beschichtet („Anstreichen“). Laufen diese Arbeiten schon?
Drago Bock: „Ja, in Teilbereichen.“

HALLESPEKTRUM: „Könnte während der reinen Anstrichphase die Brücke partiell für den Radverkehr freigegeben werden? „
Drago Bock: „Im Zuge der provisorischen Öffnung können Radfahrer die Brücke mit ihren Fahrräder schiebend überqueren.“

Print Friendly, PDF & Email
4 Kommentare

Kommentar schreiben