Schon gewusst? Der Mensch liebt es bunt – Farben aus Pflanzen

22. September 2019 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten | Keine Kommentare

Schwebfliege auf Färberkamille

Unsere Vorfahren nutzten schon früh die bunte Pflanzenwelt zur Gewinnung von Farbstoffen. Pflanzliche Farbstoffe waren leicht und in großer Vielfalt zu gewinnen. Was haben Möhren und Rote Beete gemeinsam? Sie färben die Finger, wenn man sie schält und können deshalb ganz leicht und ohne Hilfe von Zusatzstoffen als Farbstoff genutzt werden. Es sind Carotinoide, die in den Farben Rot, Orange und Gelb einen ähnlichen chemischen Aufbau haben.
Eine alte Färberpflanze ist die Färberkamille. Deren Blütenkörbe werden verwendet, um Wolle und Leinen in einem kräftigen, warmen Gelb zu färben. Bei Proteinfasern (Wolle, Seide) ist die Färbung wenig licht- und waschecht, auf Baumwolle oder Hanf dagegen sind die intensiven gelben Farbtöne sehr lichtecht. Hauptfarbstoff der Blüten ist Luteolin. Die Färber-Scharte (Serratula tinctoria), ein Korbblütler, wurde ebenfalls früher zum Färben verwendet. Die Blätter enthalten Serratulin, aus dem das sogenannte Schüttgelb gewonnen wurde. Es gibt noch etliche weitere farbstoffliefernde Pflanzen. Die Farbenpracht der Pflanzen lässt sich aber nur z.T. zum haltbaren Färben nutzen.

Natürliches Indigo, gewonnen aus der Indigopflanze. Importiert aus Java, Anfang 19. Jahrhundert. Exponat der Farbstoffsammlung der TU Dresden.

Schon seit dem Altertum kennt man das Blaufärben mit Indigo. Indigo kann aus der Indigopflanze (Indigofera anil L.) oder dem europäischen Färberwaid (Isatis tinctoria L.) gewonnen werden. Dabei sind die Pflanzen überhaupt nicht Blau. Kein Wunder: Die Pflanze enthält ja auch kein Indigo, sondern „Indican“, die gelbe Vorstufe des Farbstoffes. So richtig Jeansblau wird das gefärbte Ergebnis erst nach einer Reihe chemischer Prozesse und beim Trocknen an der Luft. Die Blätter werden zuerst gewässert und anschließend einem Gärprozess unterworfen. Bei dieser Gärung spaltet sich das Zuckermolekül von der farblosen Vorstufe Indican ab, und es entsteht das immer noch farblose Indoxyl. Kräftiges Mischen mit Luft bewirkt dann, dass durch den Sauerstoff in der Luft zwei Moleküle Indoxyl zu einem Molekül des dunkelblauen Indigo oxidieren. Es entsteht ein blauer Schaum, den man sammelte und trocknete. Indigo zeichnet sich durch eine hohe Lichtechtheit aus, verblasst aber leicht bei stärkerer Beanspruchung. Daher kommt das typische Aussehen von „Jeans“. Indigo wird auch heute zum Färben von Textilien verwendet. Noch ein Problem gibt es mit Indigo: Natürliche Indigo-Pigmente sind nicht wasserlöslich. Sie müssen zunächst durch ein Reduktionsmittel (Hydrosulfit) wasserlöslich gemacht werden. Es entsteht Indigoweiß, das die Textilfasern durchdringt, die nun gelblich erscheinen. Wird der Stoff aus der Färbelösung geholt, reagiert der Sauerstoff in der Luft mit dem Indigoweiß und oxidiert es zu blauem Indigo. Verbunden mit der Faser, ist die Farbe nun wieder wasserunlöslich und verbleibt in der Faser.

Indigo-Blau gefärbte Jeans

Im 15. Jahrhundert brachte der Seefahrer Vasco da Gama den indischen Indigo nach Europa, der sich rasch größter Beliebtheit erfreute. Bis dahin hatte man sich hierzulande mit einer schwächer blaufärbenden Pflanze beholfen – dem Färberwaid. Sie gehört zwar nicht zu den Indigogewächsen, liefert jedoch einen chemisch identischen Farbstoff. Viele thüringische Dörfer verdankten in den vergangenen Jahrhunderten ihren Reichtum dem Waid-Anbau. Zum Handel mit Waid hatte Christian Thomasius (1708 Rektor der Alma mater halensis) 1683 in Leipzig eine Schrift über Farben-Recht veröffentlicht. Endgültig vorbei war es mit dem Färberwaid-Anbau als 1897 Adolf Bayer den kostengünstig herstellbaren synthetischen Indigo erfand.

Färberwaid (Valentini 1719)

Ebenfalls seit dem Altertum bekannt war die Anwendung der Farbstoffe des Krapps oder Färberröte. Krapp ist neben Indigo einer der ältesten Pflanzenfarbstoffe. Im Grab des ägyptischen Herrschers Tutanchamun ließen sich Spuren des roten Farbstoffs auf einem Gürtel nachweisen. Schriftliche Aufzeichnungen über die Verwendung von Krapp finden sich bei den Griechen und den Römern. Plinius der Ältere, ein römischer Schriftsteller und Offizier, berichtet um 23 von einer Pflanze namens Rubia, die „zum Färben der Wolle und des Leders unentbehrlich“ sei. Die Römer verwendeten den roten Farbstoff als Imitat für das wesentlich teurere, aus Purpurschnecken gewonnene Purpur. Die Färberröte enthält in ihren roten Wurzeln ein bis zwei Prozent des Farbstoffs Alizarin, der orange-rote Kristalle bildet. Diese sind in Wasser schlecht und in Alkohol relativ gut löslich. Färbungen mit Krapp sind recht lichtbeständig. Hauptlieferanten von Krapp waren früher Deutschland, Frankreich, Niederlande und Ungarn. In Frankreich wurde der Krappanbau subventioniert. Das Militär wurde zur Absatzsicherung des Krapps mit roten Hosen ausgestattet.
Eine weitere Quelle von Pflanzenfarben waren exotische Bäume, in deren Kernholzzellen Farbstoffe eingelagert sind. Farbhölzer wurden vor allem aus Amerika und zum Teil auch aus Südostasien eingeführt. Bis zum Ersten Weltkrieg waren Farbhölzer eine wichtige Quelle natürlicher Farbstoffe, die im Baumwolldruck, zum Färben von Wolle (Beizefärbung), Kunstharzen, Papier und Lacken. Sie werden heute nur noch für Spezialzwecke wie z.B. zum Färben von Handschuhleder, Pelzen und Seide, als Farb-Indikatoren in der analytischen Chemie, zum Anfärben histologischer Präparate oder für Künstlerfarben und -lacke verwendet. Bekannte Farbhölzer sind Blauholz, Fisetholz, Echtes Gelbholz, Färber-Eiche, Echtes Rotholz, Rotes Sandelholz (Pterocarpus). Bei der Färber-Eiche sind die Farbstoffe in der Rinde enthalten. Die meisten Farbstoffe aus Farbhölzern sind Flavonoide (Flavone). Im Holz liegen teilweise die Farbstoffe als farblose Verbindungen vor, die erst durch Oxidation in die eigentlichen Farbstoffe überführt werden. Blauholzlösung entfaltet seine Färbewirkung auf Stoffen z.B. erst nach Zugabe von Eisen- oder Chromverbindungen. Dann entsteht nämlich schwarze Farbe.

Aus der pulverisierten Rinde nordamerikanischer Eichen gewann man den gelben Farbstoff Quercitron (Quercus = Eiche; Citron = gelb). Sogar Flechten lieferten Farbe. Der bekannteste Farbstoff aus Flechten zum Färben war Orseille, der aus der Lackmusflechte (Roccella tinctoria) gewonnen wurde. In Skandinavien hatte das Färben mit Pilzen Tradition. Mit Pilzen ließ sich Wolle färben.
Mit der Entdeckung synthetischer Farben war die viel billigere Herstellung einer Vielfalt von Farben für die verschiedensten Anwendungen möglich. Naturfarben wurden weitestgehend bedeutungslos.

(H.J. Ferenz)

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