„Das stählerne Herz von Halle“

4. März 2020 | Rezensionen | Keine Kommentare

2014 startete der Historiker Sven Frotscher mit „Das stählerne Herz von Halle“ die Werksgeschichte des ehemaligen Betriebes „Lindner/Waggonbau Ammendorf/MSG“. Band 1 beleuchtete die Jahre 1823 bis 1945. Danach erschienen im Jahrestakt weitere Bände, die sich den Nachkriegsjahren (in kürzeren Zeitabschnitten) widmeten. Zur diesjährigen Leipziger Buchmesse legte der Mitteldeutschen Verlag nun Band 7 vor, der die Jahre 1982 bis 1986 des halleschen Industriebetriebes unter die Lupe nimmt, wobei die einzelnen Jahre jeweils durch eine kurze einführende Zusammenfassungen eingeleitet werden. Diese sind allerdings (wie in früheren Rezensionen bereits angemerkt) sehr kurz gehalten und beschränken sich auf wenige Sätze. Auch eine allgemeine Einschätzung des historischen Fünf-Jahres-Zeitraumes vermisst man.

Eingeleitet wird der neue Band der Firmenchronik durch zwei Zeitzeugeninterviews: Dieter Schultz arbeitete ab 1981 im Export, während Roland Schimek ab 1990 an der Privatisierung mitgewirkt hat. Dann greift der Autor wie in den Vorgängerbänden bei der Betrachtung der Jahrgänge 1982 bis 1986 auf eine Fülle von schriftlichen Quellen zurück. Für den Zeitraum bis 1984 sind es vor allem die Werkleiterprotokolle aus denen zitiert wird eine wichtige Informationsquelle waren. Da wechseln sich Auszüge über Materialeinsparungen, die Konsumgüterproduktion, die Anlieferung von Rostschutzfarbe, Nacht-Transporte oder die Entlohnung der Wachkräfte.

Das mag für ehemalige Betriebsangehörige interessant (auch die zahlreichen Fotos aus der Betriebszeitung „Bahn frei“ haben sicher einen hohen Erinnerungswert) sein; für Außenstehende ist es jedoch ein Sammelsurium an betriebsinternen Informationen – im Schnitt ein Dutzend solcher zitierten Fakten pro Seite. Darüberhinaus gibt es zahlreiche Kopien von Schreiben (z.B. einen mehrseitigen Reisebericht über eine UdSSR-Auslandsdienstreise oder einen elfseitigen Protestbrief des Staatsanwaltes im Zusammenhang mit einem Großbrand in der Mastixanlage im Jahr 1982).

Da ab 1985 keine detaillierten Werkleitungsprotokolle mehr vorliegen, gibt es nur noch seitenweise Kopien – z.B. „Argumentationsmaterial der betrieblichen und außerbetrieblichen Wirkungen auf die Erfüllung/Nichterfüllung der staatlichen Aufgaben des Jahres 1985“ oder von Analysen zur Nichterreichung der Leistungsziele.

Auf den knapp 200 Seiten fügt Frotscher das umfängliche Bild- und Datenmaterial mit kurzen Erklärungen zu einem Puzzle zusammen, dem allerdings der ordnende Überblick fehlt. Die informationsreiche und umfänglich illustrierte Werksgeschichte wird sicher eine Fortsetzung erfahren. Den Anspruch einer wissenschaftlichen Dokumentation bleibt sie leider schuldig.

Sven Frotscher: „Das stählerne Herz von Halle – Lindner/Waggonbau Ammendorf/MSG – Bd.7: 1982-1986“, Mitteldeutscher Verlag Halle 2020, 20,00 €, 196 S., ISBN 978-3-96311-196-9

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