Parität in den Parlamenten?

15. Oktober 2019 | Politik | 6 Kommentare

Die Frauen wollen die Hälfte des Himmels oder zumindest die Hälfte der Sitze in den politischen Gremien und Parlamenten. Darüber referierte die Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt, Anne-Marie Keding, am gestrigen 14. Oktober 2019 im Vortragssaal der Leopoldina. Prof. Dr. Berg, Vizepräsident der Leopoldina, leitete die Veranstaltung ein. Daran schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Über das Ziel waren sich alle einig. Der Weg dahin war noch umstritten. Justizia könnte einige Fallstricke in der Hinterhand haben.

Begonnen hatte diese Diskussion um Parité oder Parität mit einem Gesetzentwurf 2001 in der französsichen Nationalversammlung. In der Bundesrepublik ist es das Grundgesetz, welches im Art. 3, Abs. 2 ein Gleichstellungsgebot vorsieht. Eine der Mütter des Grundgesetzes, Dr. Elisabeth Selbert, äußerte sich noch in den Achziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts lt. Keding dazu, dass eine Nichtverwirklichung des Gleichstellungsgebotes ein „Verfassungsbruch in Permanenz“ sei.

Aktuell gibt es Vorstöße in Brandenburg, Thüringen und Bayern für ein Paritätgesetz. Auch der Koaltionsvertrag in Sachsen-Anhalt sieht ein Paritätsgesetz vor. Es könnten die Wahllisten quotiert werden: Im Reißverschlussprinzip (für die Autofahrer: Das ist das Prinzip, was ihr an der Autobahn immer falsch macht, wenn ihr euch vorher reindrängelt!) sollen Frauen und Männer auf die Wahllisten aufgestellt werden, wobei die ungleichen Zahlen den Frauen gehören. Zudem wäre ein Tamdem von Frau und Mann bei den Direktmandaten vorgesehen, wobei die Wahlbezirke vergrößert werden müßte, damit die Anzahl halbiert werden kann.

Anne-Marie Keding

Um die Gleichstellung zu erreichen, muß der Staat das so machen. Der Staat ist dazu verpflichtet. Aber ist das mit der Verfassung vereinbar? Wäre das nicht ein Eingriff in die freien und gleichen Wahlen und der Parteienfreiheit (Art. 38 GG)? Die Justizministerin stellte die Pro und Contra-Positionen bez. Parität den Zuhörerinnen (nebst wenigen Männern) sachlich vor, ohne mit ihrer eigenen Meinung dazu hinter den Berg zu halten. Zudem ist für sie die Rechtslage unklar. Und was ist mit dem dritten Geschlecht? Für Keding geht freiwillige Lösungen der Parteien immer (so wie die Grünen es bereits verwirklichen). Aber darf der Staat die Parität den Parteien vorschreiben. Und gibt es nicht ggf. andere Lösungen unterhalb eines ggf. verfassungswidrigen Zwangs mit Finanzierungsmodellen? Parteien, die nicht paritätisch aufstellen, könnten dann weniger Parteienfinanzierung erhalten. Für Keding steht die Repräsentanz auf jeden Fall höher als die Parität. Der Repräsentanzcharakter der Parlamente würde ohnehin bröckeln. Aber auch sie hätte gerne mehr Frauen im Parlament. Da war sie sich mit den Zuhörerinnen einig. Da war die Ungeduld bereits groß! Einige der Frauen forderten: „Der Staat hat das zu regeln“. Wenn es kein Gesetz vor 100 Jahren gegeben hätte, könnten Frauen heute wahrscheinlich immer noch nicht wählen. Zudem hat man jetzt lange genug darauf gewartet, dass die Parteien mehr Frauen aufstellen würden. Das wäre nicht geschehen. Oder engagieren sich die Frauen nicht genug?, gaben andere zu bedenken.

Einig war man sich: Es gibt zu wenig Frauen in den politischen Gremien. Aber mit welchen Weg soll das geändert werden?

Fotos und Text: ToK

 

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