Landtagsdebatte um Nachtragshaushalt: „Corona-Notlage“ oder Notlüge?

11. Dezember 2023 | Politik | Ein Kommentar

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2023 beschlossen. Die Finanzierung von etwa 60 Maßnahmen, ursprünglich aus dem Corona-Sonderfonds geplant, soll durch die Erklärung einer Notlage abgesichert werden. Damit reagiertr man auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die bisherige Finanzierung als verfassungswidrig eingestuft hat. Die schwarz-rot-gelbe Koalition will  eine neue gesetzliche Grundlage schaffen, indem die Gelder nun jährlich als Kredite aufgenommen werden, wofür die Feststellung einer Notlage notwendig ist. Der Maßnahmenkatalog umfasst unter anderem die Digitalisierung von Rettungsmitteln, Großgeräte für Krankenhäuser und Härtefallhilfen. Ursprünglich sollten die Maßnahmen aus einem 2 Milliarden Euro schweren Corona-Sonderfonds finanziert werden, der jedoch als verfassungswidrig erklärt wurde. Die Landesregierung plant auch für 2024 die Anerkennung einer Notlage und rechnet mit einem Bedarf von 630 Millionen Euro. Für die Jahre 2025 bis 2027 wird ein Ausgabenbedarf von knapp 760 Millionen Euro  erwartet, der ohne massive Einschnitte nicht realisierbar ist.

LINKE: „Schuldenbremse ist verfassungswidrig“
Dieses Manöver blieb im Landtag heute nicht unwidersprochen: In der Debatte um den Nachtragshaushalt in Sachsen-Anhalt betont Eva von Angern, DIE LINKE-Fraktionsvorsitzende, dass dieser aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig wurde. Sie kritisiert die Schuldenbremse als verfassungswidrig und betont, dass eine Regierung Ausgaben in direktem Zusammenhang mit der Krisenbewältigung nachvollziehbar darlegen muss. Die Linke unterstützt das Sondervermögen, lehnt jedoch die Schuldenbremse ab, da sie dringend notwendige Investitionen behindern könne. Von Angern kritisiert die Prioritäten bei den Ausgaben, insbesondere für Rüstungsunternehmen im Vergleich zu Bildung und Gesundheit. Sie fordert ein Umdenken in der Haushalts- und Steuerpolitik, eine Kindergrundsicherung und Einkommenssteuererhöhungen für Spitzenverdiener. Die Landesarmutskonferenz und das Netzwerk gegen Kinderarmut werden als Reaktion auf die steigende Armut in der Bevölkerung erwähnt. Von Angern appelliert an die Landesregierung, sich für die Sicherheit der Menschen einzusetzen und mahnt eine verbindliche Zusage bezüglich der Subventionen für Intel an. Die Linke wird sich beim Beschluss zur Notlage enthalten und fordert die Rückkehr zu klaren, verfassungskonformen Haushaltsverfahren. Sie bietet konstruktive Kritik und Unterstützung in der Krisensituation an.

Grüne: „Corona-Notlage ist keine rechtssichere Begründung für neue Schulden“

Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnt ab, eine Corona-Notlage für 2023 und 2024 für den Nachtragshaushalt festzustellen. „Umso länger die Kernzeit der Pandemie vorbei ist, umso schwieriger lässt sich das noch ernsthaft als Notlage im eigentlichen Sinn des Wortes erklären. Die Pandemie muss kausal für die beschlossenen Maßnahmen sein. Es gibt einige Maßnahmen, die nachvollziehbar sind. Es gibt Teile, die zunehmend Richtung Realsatire abgleiten. Es fällt mir schwer zu glauben, dass wir ohne die Pandemie auf die Digitalisierung der Landesverwaltung verzichtet hätten. Gründe, die an den Haaren herbeigezogen sind, oder nur irgendeinen pandemietechnisch positiven Effekt haben, reichen nicht aus, um die Schuldenaufnahme rechtssicher zu machen“, sagt Olaf Meister, finanzpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion.

„Die jetzt schlicht vorgenommene Umetikettierung der Jahreszahlen der Schuldenaufnahmen löst lediglich ein formales Problem. Ich empfinde es als absurd, ernsthafte langfristige Haushaltspolitik davon abhängig zu machen, ob einem immer ein hinreichender Grund für eine Notlage einfällt. Das Corona-Sondervermögen gehört eigentlich in den regulären Haushalt.“

 

 

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