Extreme Trockenheit – was können wir besser machen?
4. August 2018 | Nachrichten, Natur & Gesundheit | 14 Kommentare
Holger Tuch bewirtschaftet einen Biohof bei Ziegelroda
Vor etwa 2 Jahren besuchte Hallespektrum den Ökohof Tuch in Ziegelroda an der südlichen
Grenze Sachsen-Anhalts und stellte neue Methoden des Biolandbaus vor (zum Nachlesen hier). Im Zusammenhang mit der derzeit herrschenden extremen Trockenheit und Dürre wollten wir nun wissen, wie die aktuelle Situation auf dem Biohof von Holger Tuch aussieht und welche Schlussfolgerungen und Perspektiven er sieht.
Wir trafen Holger Tuch auf dem Bio-Abendmarkt und stellten ihm unsere Fragen: Wie sieht es angesichts der Wetterlage auf dem Biohof aus? Genauso katastrophal wie im ganzen Sachsen-Anhalt?
„ Dies Jahr ist wirklich extrem. Da sieht es bei uns nicht besser aus als überall. Am schlimmsten war, dass wir ja nicht wussten, was kommt. Wie alle anderen Landwirte dachte ich, es wird schon irgendwann regnen. Spätestens in ein paar Wochen gibt es Regen. Gab es aber nicht. So einen Wassermangel hatten wir noch nie. Deshalb kann ich jetzt auch keine Zwischenfrucht ausbringen, ohne Wasser wächst nichts. Die Felder liegen also brach, und das ist für den Boden das Schlechteste, was passieren kann.“
Gibt es trotzdem Unterschiede, die nach der Umstellung auf eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung bei einer solchen Extremwetterlage sichtbar werden?
„Ich betreibe die komplette EcoDyn-Methode (pfluglos, herbizidfrei, Gründüngung als Mulchschicht) jetzt seit 2 Jahren. Das ist sehr kurz, eine Ertragssteigerung ist frühestens in 4-5 Jahren zu erwarten. Aber die Bodenstruktur hat sich deutlich verbessert. Der Boden ist krümeliger und besser zu bearbeiten, auch zur Ernte hin. Das Wasserhaltevermögen ist deutlich besser, was sich bei Starkregen bemerkbar macht. Trotz Hanglage findet bei mir so gut wie keine Bodenerosion statt, während in der unmittelbaren Umgebung meines Hofes ganze Dörfer unter Schlamm begraben wurden. Die Böden brechen förmlich zusammen, wertvolle Ackerfläcken werden vernichtet.“
Wie ist das zu erklären?
„Die von mir angewendete Methode ist darauf ausgerichtet, den Humusgehalt des Bodens zu verbessern. Möglich sind bis zu 0,4% Steigerung pro Jahr, das sind 2% in 5 Jahren. Bei einem Humusgehalt von 5% sollten tolle Dinge passieren.
Der Humusaufbau ist nicht nur nützlich für die bessere Wasserhaltequalität und Ertragssteigerung meiner Böden, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Klimaverbesserung. Wenn es gelänge, weltweit auf allen Ackerflächen den Humusgehalt um 2% zu erhöhen, könnten wir den CO2-Gehalt der Atmosphäre auf das vor-industrielle Niveau senken. Dieses Ziel wurde auf der Weltklimakonferenz von Paris 2015 formuliert. Bisher nahm man an, dass ein Humusaufbau von 1% in einer Generation möglich ist. Mit der von mir angewendeten Methode kann das 2%-Ziel in 5 Jahren erreichbar sein. Wir sollten landes- und weltweit möglichst bald mit dem Humusaufbau anfangen. In einigen Ländern wie Australien erhalten die Bauern bereits eine Förderung für humusbildende Maßnahmen. Ein so trockenes Jahr wie dieses wirft uns allerdings zurück, es ist es ein Null-Jahr.“
Welche Maßnahmen verbessern nun den Humusgehalt des Bodens?
„Neben der Optimierung des Mineralstoffhaushaltes und der pH-Regulation ist die wichtigste Maßnahme, den Boden dauerhaft bewachsen zu lassen. Durch Gründüngung und Untersaaten, die gemäht und als Flächenrotte belassen werden. Unter dieser Mulchschicht erfolgt der Humusaufbau durch die Nutzpflanzen selber, die vermehrt Zucker in den Boden bringen (liquid carbon pathway). Das ist übrigens nicht nur im Biolandbau, sondern auch in der konventionellen Landwirtschaft möglich. Unter dem dichten Bewuchs vermehren sich die nützlichen Mikroorganismen („Bodenplankton“), sofern man sie nicht durch bestimmte Dünge- und Pflanzenschutzmittel schädigt.“
Gibt es noch weitere Maßnahmen, um den Pflanzen zu helfen?
„Eine Vitalisierung kann man erreichen, indem man die Felder mit einer Bakterienlösung („Composté“) spritzt. Diese stellt man selber her: 1kg gute Komposterde wird mit 200 l Wasser und 200 ml Melasse gemischt, 24h bei 25°C stehen gelassen und dann versprüht. Ich habe das in diesem Jahr auf einer Fläche begonnen, dann aber nicht weitergemacht. Ich wollte den nächsten Regen abwarten, der dann nicht kam. Auf dem gespritzten Abschnitt konnte ich doppelt so viel ernten wie auf der Restfläche, trotz der Trockenheit.“
Wenn es so erfolgversprechende Methoden zur Bodenverbesserung, zur Ertragssteigerung und dazu noch zur Klimaverbesserung gibt, warum werden sie dann nicht viel breiter angewendet?
„Es ist dafür viel Detailwissen notwendig, das noch nicht weit verbreitet ist, auch an den Hochschulen nicht. In vielen Bereichen ist noch Pionierarbeit nötig. Unter dem Stichwort „Regenerative Landwirtschaft“ gibt es einige YouTube-Videos, in denen von den Verfassern ihr Wissen öffentlich zugänglich gemacht wird. Aber viele Landwirte wissen einfach nicht, was sie machen können. Dabei ist der Humusaufbau eine der wichtigsten Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise und zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, und das weltweit.“
Wir danken Holger Tuch für das Interview und fragen in den nächsten Jahren regelmäßig nach seinen Erfahrungen mit der regenerativen Landwirtschaft und dem Humusaufbau auf seinen Feldern.
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„Es ist dafür viel Detailwissen notwendig, das noch nicht weit verbreitet ist, auch an den Hochschulen nicht.“
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„Dass Youtube-Videos über alternative Anbaumethoden das Studium an einer Hochschule ersetzen können, halte ich auch für fragwürdig.“
In einem Wissenschaftsbetrieb in dem über den wissenschaftlichen Erfolg vor allem die Drittmittelleinwerbung entscheidet, ist es für einen Prof natürlich viel leichter, sich im Windschatten der auch staatlicherseits geförderten Agro-Chemie-Projekte zu profilieren.
Mit Alternativen Anbaumethoden, bei denen es keine industriellen Profiteure gibt, ist das natürlich viel schwieriger und welcher Prof will sich schon ins eigene Fleisch schneiden? So reproduziert die neoliberale Hochschulreform der letzten 20 Jahre ihre eigenen wissenschaftsfeindlichen Paradigma.
Hier geht es um die Vermittlung von Wissen, dachte ich zumindest.
Nöö, der Mond macht nur Ebbe und Flut. Kannst als Landratte ja nicht wissen. Ob er bei Bäumen oder bei Dir auch die Säfte auch steigen lässt, bin ick ja man überfragt. Geht ja auch im Artikel mehr um Humus (nicht um Houmus) und Dürre, nicht um den Mond.
Werwolf Riosal
Bitte beim Thema bleiben.
Wer glaubt, der Mond beeinflusse das Baumwachstum, glaubt eines Tages auch noch sonst alles.
Das ist wie in der Forstwirtschaft, da hat Erwin Thoma („Die geheime Sprache der Bäume“) im Studium auch nicht erfahren, was er von seinem Großvater vermittelt bekam. Heute baut der Mann Häuser sogar in Japan.
Es geht nicht um Bodenbakterien und Pilze, es geht um Humusaufbau. Zur Fruchtbarkeitsverbesserung, zum Erosionsschutz und zur Klimaregulierung. Sicher wird daran geforscht. Aber wie ist es mit der konkreten Umsetzung? Wer bringt das den Landwirten bei (vor allem den großen Agrarbetrieben)? Es würde den weitgehenden Verzicht auf sog. „Pflanzenschutzmittel“ voraussetzen. Zur Erinnerung: Glyphosat wurde zuerst als Antibiotikum zugelassen. Für einen Glyphosat-Ausstieg brauchen die Bauern aber Unterstützung, logistisch und finanziell. Sowas macht anscheinend Australien schon.
Die Bedeutung von Bodenbakterien und Pilzen ist der heutigen Agrarwissenschaft bekannt, und wird auch gelehrt.
Vielleicht nicht „ersetzen“, sondern „ergänzen“? Vielleicht in Kursen und persönlicher Vor-Ort-Ausbildung? Wofür es derzeit einfach noch zu wenig Möglichkeiten gibt?
Es wird in der Landwirtschaft genauso sein wie in der Medizin: Mittlerweile gibt es Unmengen von Studienergebnissen, die zeigen, dass ein gesundes Mikrobiom (die sog. „Darmflora“) für ein funktionierendes Immunsystem unerlässlich ist. Aber in der medizinischen Ausbildung kommen diese Ergebnisse (noch) nicht vor. Auch im Hochschulbetrieb gibt es ein nicht zu unterschätzendes „Trägheitsmoment“.
Wer will denn das, hei-wu?
„Es ist dafür viel Detailwissen notwendig, das noch nicht weit verbreitet ist, auch an den Hochschulen nicht. In vielen Bereichen ist noch Pionierarbeit nötig. Unter dem Stichwort „Regenerative Landwirtschaft“ gibt es einige YouTube-Videos, in denen von den Verfassern ihr Wissen öffentlich zugänglich gemacht wird. “
Dass Youtube-Videos über alternative Anbaumethoden das Studium an einer Hochschule ersetzen können, halte ich auch für fragwürdig.
„Es ist dafür viel Detailwissen notwendig, das noch nicht weit verbreitet ist, auch an den Hochschulen nicht.“
Frage: Was also wird an den Hochschulen gelehrt? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse werden vermittelt?
Wolli, lies auch mal hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Trockenfeldbau
Sehr interessant.