INSM Bildungsmonitor: Sachsen-Anhalt belegt unteres Mittelfeld. Hauptproblem: Lehrer fehlen.

15. August 2019 | Bildung und Wissenschaft | 2 Kommentare

Welches Bundesland hat das beste Bildungssystem? Wer hat sich verbessert? Wo gibt es in Kindergarten, Schule, Lehre und Hochschule Änderungsbedarf? All das hat die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ untersucht. Die INSM versteht sich als eine branchen- und parteiübergreifende Plattform und nach eigenen Worten „offen für alle, die sich dem Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft verbunden fühlen“. Finanziert wird ihre Arbeit durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie.

Heute wurden in Berlin wieder die wichtigsten Ergebnisse des INSM- Bildungsmonitors 2019 vorgestellt. In die seit 2004 jährlich erstellte Studie fließen 93 Indikatoren ein. Dabei wird versucht, die gesamte Bioldungslandschaft zu erfassen, also von der grundschule bis zu den Universitäten.  Das reicht von der Zahl der Schulabbrecher pro Bundesland bis zur Zahl der frisch gekürten Doktoren, die von einer Universität kommen.

Der INSM-Bildungsmonitor soll zeigen, inwieweit das Bildungssystem eines Bundeslandes zum Wachstum und Wohlstand der Wirtschaft beiträgt. Die Zahlen kommen von verschiedenen statistischen Einrichtungen wie beispielsweise den Statistischen Landesämtern und werden in Punkte umgerechnet. Die Daten stammen zumeist aus dem Jahr 2016 und 2017.

Kurz gefasst: Sachsen-Anhalt liegt, was den Bildungsbereich insgesamt betrifft, im unteren Mittelfeld. Dies ergibt sich zum einen aus einer insgesamt recht positiv bewerteten Hochschullandschaft, zum anderen aber durch ein sehr schlecht bewertetes Schulsystem. Hier wird insbesondere die problematische Altersstruktur der Lehrerschaft betont, wo Sachsen-Anhalt das Schlusslicht bildet.

Zu den Untersuchungen im Einzelnen:

Sachsen-Anhalt hat sich im Vergleich zum Jahr 2013 in Sachen Schulbildung am zweitmeisten verschlechtert und liegt im INSM- Bildungsmonitor 2019 auf Rang 12 der 16 Bundesländer. Die Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) bewertet anhand von insgesamt 93 Indikatoren in 12 Handlungsfeldern, inwieweit ein Bundesland Bildungsarmut reduziert, zur  Fachkräftesicherung beiträgt und Wachstum fördert.

Ausgewählte Ergebnisse INSM-Bildungsmonitor 2019

Sachsen-Anhalt weist Stärken in den Handlungsfeldern Schulqualität, Forschungsorientierung und Förderinfrastruktur auf:

– Die Schüler erreichen vergleichsweise hohe Kompetenzwerte im Lesen.
– Die Forschungsausgaben je Forscher an Hochschulen sind sehr hoch.
– In der Grundschule besuchen viele Schüler Ganztagsangebote.

Lehrermangel angezählt: Verbesserungspotenzial besteht in Sachsen-Anhalt vor allem bei der Inputeffizienz, der Integration und der beruflichen Bildung:

– Die Altersstruktur der Lehrkräfte ist sehr unausgewogen und erschwert eine gute Personalpolitik der Schulen.
– Von den ausländischen Schülern erreichen nur wenige das Abitur und sehr viele verlassen die Schule ohne Abschluss.
– Nur wenige junge Erwachsene erwerben einen Fortbildungsabschluss.

Handlungsempfehlungen

Neben den genannten Verbesserungspotenzialen zeigt der Bildungsmonitor zu verschiedenen Schwerpunkten Handlungsempfehlungen für die Bildungspolitik in Deutschland auf.

– Integration: So sollten zur Stärkung der Integration und Durchlässigkeit des Bildungssystems die Bildungsausgaben stärker nach einem Sozialindex differenziert und Sprachförderung systematisch mit Beginn der KITA über die Bildungslaufbahn hinweg gestärkt werden.
– Digitalisierung: Zur Sicherung der digitalen Mündigkeit sollte der Digitalpakt an Schulen und Berufsschulen zügig umgesetzt, Lehrkonzepte entwickelt und Lehrkräfte geschult werden. Auch hier sollte ein Zugang zur IT-Ausstattung durch eine Differenzierung der öffentlichen Bildungsausgaben über einen Sozialindex für alle Schüler gesichert werden. Ferner sollten bundesweit die IT-Ausbildung in der beruflichen und akademischen Bildung und die Forschung im Bereich der Digitalisierung gestärkt werden. Sachsen-Anhalt sollte bei der beruflichen und akademischen IT-Ausbildung und der Forschung zusätzliche Impulse setzen. Im Vergleich zum Vorjahr konnten jedoch bei der IT-Ausbildung keine Fortschritte erreicht werden.

– Ökonomische Bildung: Der aktuelle Bildungsmonitor zeigt ebenso auf, dass bei der ökonomischen Grundbildung und der Berufsorientierung bundesweit ein hoher Einfluss der sozialen Herkunft auf Kenntnisse und Informationsstand der Jugendlichen besteht und diese wiederum soziale Auswirkungen im späteren Leben haben. Hier sollten die Schulen bundesweit durch Lehrkonzepte zur ökonomischen Bildung sowie eine entsprechende Ausweitung des Unterrichts und der Berufsorientierung bessere Grundlagen und Chancen für alle Jugendlichen schaffen.

Stärken:
Schulqualität (BM 2019: 4. Platz): Aufgrund der guten Ergebnisse bei den jüngsten IQB-Schulleistungstests in Mathematik und  Naturwissenschaften sowie im Lesen für die Neuntklässler erreicht Sachsen-Anhalt hinter Sachsen, Bayern und Thüringen Platz 4 bei der  Schulqualität. In der jüngsten Kompetenzerhebung für die Viertklässler aus dem Jahr 2016 rangiert Sachsen-Anhalt im Lesen, Deutsch Hören und Mathematik zwischen dem dritten und dem 15. Platz. Die Ergebnisse der nächsten Vergleichsstudie des IQB werden Ende des Jahres veröffentlicht.

Forschungsorientierung (BM 2019: 7. Platz): Sachsen-Anhalt erreicht bei den F&E-Ausgaben je Forscher an Hochschulen den besten Wert aller Bundesländer (Sachsen-Anhalt: 131.500 Euro; Bundesdurchschnitt: 117.400 Euro). Unterdurchschnittlich fallen jedoch mit 106.000 Euro die eingeworbenen Drittmittel je Professor aus (Bundesdurchschnitt: 144.000 Euro). Die Habilitationsquote fällt in Sachsen-Anhalt wiederum überdurchschnittlich aus. Auch bei der Promotionsquote wird mit 6,2 Prozent ein überdurchschnittlicher Wert erzielt (Bundesdurchschnitt:
5,7 Prozent).

Förderinfrastruktur (BM 2019: 7. Platz): Sachsen-Anhalt weist eine hohe Ganztagsquote in den Grundschulen auf. So besuchten in Sachsen-Anhalt im Jahr 2017 63,9 Prozent der Grundschüler eine offene oder gebundene Ganztagsschule (Bundesdurchschnitt: 41,6 Prozent). Unterdurchschnittlich fiel mit 30,3 Prozent jedoch der Anteil der Schüler an Ganztagsschulen im Sekundarbereich I aus (Bundesdurchschnitt: 44,8 Prozent).

Potenziale:

Inputeffizienz (BM 2019: 16. Platz): Im Handlungsfeld Inputeffizienz wird das negative Ergebnis in Sachsen-Anhalt vor allem von der unausgewogenen Altersstruktur der Lehrer insbesondere an allgemeinbildenden Schulen getragen. Sachsen-Anhalt bildet hier das Schlusslicht aller Bundesländer. Auch bei den beruflichen Schulen ist die Altersstruktur der Lehrer relativ unausgewogen. Weiterhin war der Anteil des wissenschaftlichen Personals am Gesamtpersonal der Hochschulen im Jahr 2017 mit 46,4 Prozent geringer als im  Bundesdurchschnitt (56,0 Prozent).

Integration (BM 2019: 15. Platz): Der Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft der Schüler ist enger als in den meisten anderen Bundesländern. So erlangten im Jahr 2017 mit 1,2 Prozent unterdurchschnittlich viele Jugendliche mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit an beruflichen Schulen die Studienberechtigung (Bundesdurchschnitt: 6,6 Prozent). Die Studienberechtigtenquote von ausländischen Jugendlichen an allgemeinbildenden Schulen war sogar die schlechteste aller Bundesländer. Im Jahr 2017 betrug diese in
Sachsen-Anhalt 1,8 Prozent und im Durchschnitt aller Bundesländer 9,2 Prozent. Zudem erreichten im Jahr 2017 in Sachsen-Anhalt 40,0  Prozent der ausländischen Schulabsolventen keinen Abschluss (Bundesdurchschnitt: 18,1 Prozent). Berufliche Bildung (BM 2019: 12. Platz): Gemessen an der Bevölkerung im entsprechenden Alter wurden im Jahr 2018 unterdurchschnittlich viele betriebliche Ausbildungsplätze angeboten.
Sachsen-Anhalt erreichte hier eine Quote von 61,7 Prozent, während im Bundesdurchschnitt 67,7 Prozent erzielt wurden. Bei der Quote an unversorgten Bewerbern wurde mit 6,5 Prozent ein besserer Wert als im Bundesdurchschnitt (9,3 Prozent) erreicht. Die Erfolgsquote bei den Prüfungen der dualen Ausbildung war im Jahr 2017 mit 85,9 Prozent jedoch niedriger als im Bundesdurchschnitt (90,3 Prozent). Bei der Fortbildungsintensität wies Sachsen-Anhalt den zweitschlechtesten Wert aller Bundesländer auf. Von 1.000 Personen aus der Kohorte der
25- bis 40-Jährigen beendeten 3,3 im Jahr 2017 erfolgreich eine Fortbildungsprüfung (Durchschnitt: 6,7).

[Quelle. PM der INSM vom 15. August]

 

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