Pflanze der Woche: Frankforder Grie Sooß

15. April 2019 | Bild der Woche | 5 Kommentare

Ich erinnere mich an frühere Besuche in der Osterzeit bei der Schwiegermutter, die an der von der Sonne verwöhnten Hessischen Bergstraße lebte. In der Karwoche war es bei ihr obligatorisch, Frankfurder Grie Soß zuzubereiten. Diese schmackhafte Kräutersauce ist keine Erfindung der Hessen. Vielmehr sind Vorgänger dieser kalten Kräutersauce in Europa schon seit rund 2.000 Jahren bekannt. Wahrscheinlich waren es protestantische Hugenotten, die diese Sauce verte Ende des 17. Jahrhunderts nach Hessen brachten, als sie vor der Verfolgung aus Frankreich flohen. Inzwischen gibt es in der Region unzählige Variationen der Grünen Sauce, und die Frage nach der einzig wahren Zubereitung kann heftige, emotionsgeladene Diskussionen auslösen. Einig ist man sich, dass traditionellerweise mindestens sieben Kräuter hineingehören. Ich höre, wie sie meine Schwiegermutter auf Hessisch aufzählt: „Siwwe Kräuder, all aus Hesse; Borretsch, Schniddlauch sinn debei; Pimbinell kimmt aach enei, eweso e Porzjon Kresse. Dann noch Kerwel, Pedersillje. Das gibt e Festmahl fer die ganz Famillje.“Aber da hat sie doch ein Kraut vergessen. Welches?
Das fehlende Kraut ist mit seinem angenehm säuerlichen Geschmack ein interessantes Wildkraut. Das Knöterichgewächs wächst in sonniger bis halbschattiger Lage auf nährstoffreichen, humosen und leicht feuchten Böden. Es ist in den Ländern Mittel- und Westeuropa heimisch. Die Pflanze ist verwandt mit bedeutenden Nutzpflanzen wie Rhabarber oder Buchweizen, aber auch mit exotischen Gewürzkräutern wie dem vietnamesischen Koriander. Sie enthalten alle Oxalsäure. Die Blütezeit ist meist zwischen Mitte Mai bis Anfang September. Die unscheinbaren, rötlichen Blüten wachsen in einer Art Rispe. Während der Fruchtreife entwickeln sich kleine schwarze bis braune Nussfrüchte mit kleinen Flügeln. Wie heißt das Kraut, das keinesfalls in der Grünen Sauce fehlen darf?

(Hans Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Jeder kennt sie“): Gänseblümchen, Bellis perennis.

User Gork vom Ork khattte schnell die richtige Lösung parat: das Gänseblümchen. Auch kannte er viele der Namen, unter dem das unscheinbare Rasenblümchen angesprochen wird: „Tausendschön, Tausendschönchen, Maßliebchen, Marienblümchen, Frühblume, Gänsblümel, Himmelsblume, Grasblume, Sonnenblümchen, Osterblume, Maiblume, Regenblume…. usw.“

 

Das kleine Blümelein ist ein Kulturfolger, und gelangte, das schrieben wir bereits im Eingangstext, mit den ersten Viehbauern über die Alpen zu uns, und blühte so richtig auf, als es seit der Erfindung des Rasenmähers möglich wurde, Wiesen ratzekurz zu halten. In diesem neu geschaffenen Biotop fühlt es sich wohl. Doch der Mensch wäre nicht Mensch, hätte er nicht versucht, dieses kleine Pflänzlein für sich zurecht zu biegen, und züchterisch zu bearbeiten. Die stolz blühenden, roten, rosa und weißen, reichblühenden, kugelförmigen, gefüllten Blüten des „Tausendschönchens“, das zur Zeit in Gärtnereien angeboten werden, sind allesamt aus dem unscheinbaren Gänseblümchen durch Auslese entstanden. Ohne Gentechnik. Die ersten dieser auffälligen Schönheiten tauchten bereits in den Gärten der Renaissance in Deutschland auf.

(HW)

 

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