Himmlischer Frühblüher

3. April 2023 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Unsere Pflanze ist ein Zwiebelneogeophyt und kann deshalb schon früh blühen. Das Liliengewächs bevorzugt schattige Standorte wie Auwälder und Gebüsch, wächst auf feuchten, nährstoffreichen Mullböden, häufig in Gemeinschaft mit Bärlauch oder mit dem Gelben Windröschen. Der Blütenstand bildet sich zwischen März und Mai aus. Die sechs goldgelben Blütenblätter werden 12-15 mm lang.

 Die ungeschlechtliche Vermehrung erfolgt über Zwiebeln. Insekten, insbesondere Wildbienen übernehmen die Bestäubung. Die Samen der vielsamigen Kapseln werden über den Wind und – dank ein es anhaftenden Lekkerlis – auch durch Ameisen verbreitet. Sind die Zwiebeln durch ungünstige Umstände allerdings klein geblieben und verfügen sie nur über geringe Nährstoffreserven, vermehren sich die Pflanzen vegetativ über oberirdische Brutzwiebeln. Diese Miniaturzwiebeln schlagen Wurzeln, sobald sie zu Boden fallen.

Der Frühblüher gilt als schwach giftig. Er enthält in allen Teilen organische Verbindungen, die der Pilzabwehr dienen. Wegen des Risikos einer Haut- und Schleimhautreizung sowie aus Gründen des Naturschutzes (die Zwiebeln gehören in den Boden, damit der Pflanzenbestand erhalten bleibt) ist von einer Nutzung abzuraten. In früheren Zeiten hat man sie wohl gegessen, insbesondere die Zwiebeln. Man hat sie als Heilmittel gegen Geschwüre empfohlen, indem man die Zwiebeln in heißer Asche backt, mit Honig mischt und als Umschlag auflegt. Man vermutete, dass die Zwiebeln „Lust und Begierde zu den Weibern wecken”, indem man sie zweimal kocht. Aber man dürfe nicht zu viel davon essen, weil die Zwiebeln Adern und Nerven schaden würden.

Die deutschen Volksnamen leiten sich von der Blütengestalt und der Blütenfarbe ab. Weitere Namen  nehmen zusätzlich auf die frühe Blütezeit Bezug. Auch Fastenzeit und Ostern spiegeln die Blütezeit. Nach den unterirdischen Organen bezeichnete man  die Pflanze auch auch als Ziegenlauch, Feldzwiebel, Wilder Knoblauch oder Erdnuss. Als Gartenpflanze ist unsere Zwiebelpflanze noch nicht sehr verbreitet. Ihr Erscheinungsbild könnte sie für Sternengucker als Logo qualifizieren oder als Frühjahrsschmuck am neuen Halleschen Planetarium.

Von welcher irdischen Schönheit ist die Rede?

(H.J.F.)

Auflösung der letzten Pflkanze der Woche („By the rivers of Babylon“): Echte Trauerweide (Salix baylonica) und die „Bastard-Trauerweide“, Salix x sepulchralis.

Unser Freund Gork vom Ork lag schon fast richtig. Wir suchten die Echte Trauerweide (nicht die Korb-Weide, die hatten wir aber schon mal), Salix babylonica. Da die jedoch in unseren Lagen nur eine geringe Winterfestigkeit aufweist, hat sich bei uns ein „Bastard“ eingenistet, die Kreuzung aus Salix Babylonica und  der Silberweide (Salix alba). Sie wird häufig als Zierbaum in Parks und großen Gärten angepflanzt. Um den Fontänenteich aud der Ziegelwiese in Halle finden sich mehrere Exemplare, die mit ihrem gelb-grünen Knospen schon ab Mitte März den kommenden Frühling ankündigen.

Einen Neuzugang gibt es dort: einen Patenbaum von „Julia und Hagen“ für „Elvis“.

Verwirrend: Die meisten Trauerweiden sind bei uns alle „falsch“, und die echten „babylonischen“ aber wachsen aber nicht in Babylon (heute Babil bei Bagdad). Namensgeber Linne hat sich da offenbar geirrt und sich vom biblischen Psalm „By the rivers of Babylon“  irritieren lassen. Babylonische Verwirrung.

 

"Bastard-Trauerweide" Salix sepulchralis auf der Ziegelwiese inn Halle

„Bastard-Trauerweide“, Salix sepulchralis, auf der Ziegelwiese in Halle

 

Die Fragen zur Herkunft der Trauerweide finden wir in einem Beitrag des Botanikers J. Blum 1880 (J. Blum, der Rechneigraben in den städtischen Anlagen zu Frankfurt am Main in botanischer Beziehung. Hamburg 1880, S. 22) beantwortet:

Zu uns kam die Trauerweide wahrscheinlich aus ‘England. Ueber ihre Einführung existiren verschiedene Sagen. In Bezug auf Deutschland erzählt man: ‚Die Mönche des Sinai schickten dem Kaiser Joseph Südfrüchte in einem niedlichen, aus sehr feinen und gleich- mässigen Weidenruthen geflochtenen Körbchen. Da die Ruthen noch sehr frisch schienen, so pflanzte man sie als Stecklinge, die auch gut anschlugen. Davon sollen alle unsere Trauer-weiden abstammen“

In England befand sie sich zuerst in Twickenham bei London. Dahin soll sie von einem englischen Kaufmanne im Jahre 1730 geschickt worden sein. Nach einer anderen Mittheilung war das erste Exemplar daselbst die sog. Pope’s Trauerweide. Eine Lady Suffolk, welche in Twickenham wohnte, soll nämlich aus Spanien oder der Türkei einen aus Weidenruthen geflochtenen Korb erhalten haben, gerade zu einer Zeit, als der Dichter Pope bei ihr zum Besuche war. Dieser “ sah, dass einige Ruthen, aus denen der Korb geflochten war, noch Leben hatten und bestimmte die Lady, eine derselben in ihrem Garten zu pflanzen. Es geschah, und man hatte die Freude, die bisher unbekannte Trauerweide entstehen zu sehen. Der spätere Eigentkümer des Gartens liess dieselbe zu Anfang dieses Jahrhunderts abhauen, weil ihn der häufige Besuch von Fremden, die Pope’s Trauerweide sehen wollten, langweilte.?

Nach Frankreich soll sie zuerst Tournefort von seiner Reise nach dem Orient mitgebracht haben. Wie die meisten Weiden, gedeiht auch sie am besten auf feuchtem Boden. Man sieht sie deshalb vorzugsweise am “Wasser, häufig aber auch auf Friedhöfen angepflanzt, in ihren überhängenden, tief geneigten Zweigen ein Bild der Trauer. Um das Grab Napoleon’s auf St. Helena waren Anfangs Trauerweiden gepflanzt. Die Entfaltung der Blütenkätzchen und der Blätter findet gleichzeitig im April statt. Die Blätter sind langlanzettlich, zugespitzt, gesägt, bis auf den jungen, kurzen Stiel kahl, oben hell- unten blaugrün und mit Nebenblättern versehen. Fehlen diese, so bemerkt man an deren Stelle gewöhnlich zwei Drüsen. An den Blütenkätzchen — besonders des Baumes an der
Langestrasse — zeigt sich öfters eine Wucherung derselben dadurch, dass die Deck- und Fruchtblätter sich in lange schmale Blätter umgestalten. Daneben ist oft eine Zweigwucherung zu sehen. Eine derartige abnorme Zweigwucherung, welche mit dem Namen Hexenbesen, Donnerbusch u. s. w. bezeichnet wird, findet sich am häufigsten an der Weisstanne.

Die ursprüngliche Heimat der Trauerweide scheint China und Japan zu sein.

In Psalm 137 heisst es: „An den Strömen Babels — dort sassen wir und weinten, da wir Zion’s gedachten. Dort hingen wir an den Weiden unsere Harfen auf.“ Wiener (Bibl.Realwörterbuch), Gesenius (Hebr.-chaldäisches Wörterbuch) u. A. weisen in Bezug darauf auf die Trauerweide hin. Da aber die Trauerweide in Babylonien nicht einheimisch ist, so kann mit dem Worte „Garab“ dieser Baum nicht gemeint sein und auch die Linne’sche Bezeichnung S. babylonica wäre unrichtig. Damit stimmen die meisten zuverlässigen Reisenden überein. Viele glauben, dass bei genanntem Psalm an Populus euphratica zu denken sei. Schon Ritter schreibt in seiner Geographie:* „An den Flussufern (des Euphrat) etc. — hier und da Pappelhaine de reuphratensischen Pappel (Gharab), welche das Eigenthümliche hat, auf demselben Baumstamme |an den einen Zweigen lanzettförmige, an den anderen herzförmige Blätter zu entwickeln, weshalb etwa sie früher für eine Weidenart gehalten werden konnte. Die so berühmte Trauerweide, die Salix babylonica des Systems, welche nur hierher phantasirt wird, findet sich durchaus hier im Euphratgebiete gar nicht vor.‘‘ Die Garabim, welche von den Juden zum Feststrausse am Laubhüttenfeste benutzt werden, sind allgemein: Bachweiden.

(HW)

 

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