Naschausflug mit Erik Can nach Rattmannsdorf

29. April 2024 | Bild der Woche | 5 Kommentare

Ihr alter Freund Erik Can hatte seinen Besuch über das Wochenende angekündigt. Heino freute sich mittelmäßig, und Elfriede fand, dass Erik Can schlichtweg etwas albern und unreif sei. Aber so ist es nun mal, wenn sich alte Freunde melden, gewissen sozialen Verpflichtungen müsse man erfüllen, fand Elfriede. Aber er hatte wenigstens eine Ausflugsidee: Man könnte doch einmal losziehen, um nachzusehen, ob man schon irgendwelches Obst sammeln (bzw. klauen) könne. „Was für ein Narr“, dachte Heino, fand aber den Gedanken nicht ganz unpassend, denn so könnte man die Langeweile etwas lockern. Ein Ausflug in dem wieder wärmer werdenden späten April, wo die Bäume so toll blühen, könnte alles etwas auflockern. Erik Can war dann auch, behängt mit vielen Taschen, erschienen und so war man denn aufgebrochen.  Auch Elfriede war ziemlich sicher, dass man um diese Zeit kein Obst finden könnte, es war ja nicht einmal Mai, wo vielleicht mit den ersten Erdbeeren zu rechnen wäre. Das einzige „Obst“ wäre vielleicht Rhabarber gewesen, aber der galt ja in vielerlei Hinsicht als „schwierig“.  Erik steuerte den klapprigen, in die Jahre gekommenen Passat in Richtung Südwesten von Halle. Bei Rattmannsdorf bogen sie von der Straße ab, da, wo die lange ICE-Brücke über die Saaleaue führt. Hier gab es einen großen See, und Erik hielt den Wagen unter der Brücke an. „Ich erinnere mich, im Sommer hingen die Bäume voll, es gab gelbe, rote und orange“. „Du meinst Mirabellen?“, fragte Elfriede. Davon hat mal mein kleiner Neffe Jotemes erzählt“.
„Quatsch, Mirabellen sind das nicht“. Erik Can zog mit seinen Taschen los, Elfriede und Heino schlenderten hinterher. Erik stieß einen Freudenschrei aus, als er auf einen der buschigen Bäume zulief. Tatsächlich, an einem dieser Büsche hingen grüne Früchte, so schien es. „Aber essen kann man die noch nicht“, befand Heino. „Die sind doch noch komplett unreif. “
„Ihr habt keine Ahnung. In der Türkei isst man das. Schmeckt erfrischend, etwas zitronig. Reif sind die dagegen nicht viel wert, wenig Aroma.“
„Ich habe die auch noch nicht unreif gegessen, aber neulich habe ich die im syrischen Supermarkt in Halle-Neustadt gesehen. Ziemlich teuer“. Heino betrachtete die Dinger, die da vom Baum hingen. „Ende April, und dann schon so groß und weit?

„Sag mal, sollten die nicht eigentlich rund sein?“, fragte Elfriede. Die hier sehen so länglich aus. Ist das einen andere Sorte? Sie pflückte eine ab und biss hinein. „Pah, widerlich ! angewidert spuckte sie das Zeug aus, und besah sich die angebissene Hälfte. „Schmeckt irgendwie gallig“, fand sie. „Aber immerhin: es ist kein Kern drin“.

Schloss Rattmannsdorf

Sie fand, das musste jetzt reichen. Das Zeug zu sammeln, war ihr nichts, und die anderen sahen es auch ein. Man könnte, wo wir schon mal hier sind, bei Schloss Rattmannsdorf vorbei scheuen. Der MDR drehe da so einen komischen Historienfilm,erzälte Heino. Man beschloss, sich das anzusehen, mit einem Blick durch die Fenster des Schlosses (es war eher ein gehobenes Gutsherrenhaus) könnte man ja vielleicht etwas sehen. In der Tat war der Schlosspark nicht komplett abgesperrt, und so gelangten die drei an die Rückseite des Gebäudes. Tatsächlich gaben die tiefgezogenen Fenster den Blick frei auf die Szenen, die gedreht worden. Eine gewaltige Kulissenschieberei und Kostümorgie, die der Sender für die dreiteilige Serie „Myroball“  aufgeboten hatte. Man sah merkwürdig kostümierte Figuren, Harlekine, die schwere Beutel und Taschen durch die Szene trugen. Es erinnerte irgendwie an eine Mischung aus Mainzer Narrenprunksitzung und Operngala. Myroball – fragte sich Heino, ist das eine Art barocke Tanzveranstaltung?

In der Tat: viele Fragen tun sich auf:

Von welchem Baum haben unsere Pflanzenjäger Früchte gesammelt?
Und in was hat Elfriede gebissen?
Kann das giftig sein?
Und wie heißen die grünen Früchte in der Türkei?
Vor langer Zeit hat der Baum sich mit einer anderen Art gekreuzt, und zwar in einer besonderen Weise. Man hat nicht sein Erbgut geteilt, sondern beide Partner brachten alles mit in die Ehe ein. Und dabei kam ein Obstbaum heraus, den wohl fast alle kennen. Welcher ?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Der Mönch nimmt ein Messer, schneidet Gemüse): Krauser Ampfer, Rumex crispus

NhuDeng hatte zunächst einmal den messernden Mönch identifiziert: „Ockhams Rasiermesser – auch Prinzip der
Parsimonie, lex parsimoniae oder Sparsamkeitsprinzip – Forschungsprinzip, das bei der Bildung von Theorien höchstmögliche Sparsamkeit gebietet. Bruder (Walter) Chatton, der auch im Rätsel erscheint, vertritt die gegenteilige Meinung zu Ockhams Sparsamkeitsprinzip.“
Dann verlor er sich allerdings im Dickicht der vielen Oxalsäure-haltigen Pflanzen. Er tippte auf den Sauerampfer, lag damit immerhin nicht ganz daneben. Gesucht war dessen naher Verwandter, der Krause Ampfer, worauf dann Agricola mit einem winkenden Zaunpfahl hinwies. Der Krause Ampfer, der in unseren Breiten ein häufiges Ackerunkraut und Grünstreifenbegleitpflanze ist, unterscheidet sich von seinem „essbaren“ Verwandten durch einen sehr viel höheren Gehalt an Oxalsäure, weshalb die Pflanze als giftig gilt. Als Mönchsrhabarber bezeichnete man früher den Garten-Sauerampfer  (Rumex patientia). Oxalsäure ist in vielen Gemüsepflanzen enthalten, so etwa in echtem Sauerampfer, Rhabarber, Spinat und Mangold. Deshalb gilt: Vorsicht vor zu großen Mengen. Die fatale Wirkung der Oxalsäure besteht darin, Calcium zu binden. So entzieh sie auch dem Blut Calcium, wodurch dessen Blutspiegel sinkt, was einen gefährlichen Blutdruckabfall bewirken kann. Calciumoxalat reichert sich dann auch in der Niere an, was zu Nierensteinen führen kann.

Alle seit 2016 vergangenen Wochenpflanzen findet Ihr hier im Archiv.

 

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