زهرة الاسبوع heilt alles, bis auf den Tod

16. Juli 2018 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Gesucht: wohin gehört die Sputnik-Kapsel?

Langsam hatte sich Ahmed von seiner Verhaftung nach dem Rizinusfund in seinem Vorgarten wieder erholt. Sein Anwalt hatte dafür gesorgt, dass der vermeintliche Terrorist und Gefährder zügig wieder freigelassen wurde, die Medien hatten bundesweit berichtet, sogar der Innenminister hatte sich persönlich bei Ahmed entschuldigt. Ein gewisses Misstrauen gegenüber Samen, Reihenhaussiedlungen und deutsche Reihenhausvorgärten blieben jedoch in Ahmed zurück.

Er betrachtete durchs Küchenfenster den Vorgarten, an dem jetzt- statt der Rizinusstauden, die die eifrigen Helfer der Staatsgewalt ausgerissen hatten-, nur noch das spärlich blühte, was den Stiefeltritten der Polizeirambos entgangen war. Im Frühjahr hatte seine Frau aus einer großen Dose, die ihr jemand vom Baumarkt mitgebracht hatte, Samen wild in der schuttreichen Erde verstreut. Als Verlegenheitslösung war das in Ordnung, und es gab gelegentlich einen hübschen kleinen Blumenstrauß, so wie der, den sie jetzt auf den Küchentisch gestellt hatte, an dem Ahmed diesem späten Julivormittag saß. Die Familie hatte schon gefrühstückt und war zu allerlei Beschäftigungen ausgeflogen. Ahmed nahm noch ein kleines Stück Fladenbrot, von dem er sorgfältig sämtliche schwarzen Körner herunterwischte, denn er mochte sie schon als Kind nicht, er fand, die schmecken nach Seife und eingeschlafenen Füssen, nach mit Seife gewaschenen eingeschlafenen Füßen, und Ahmed dachte daran, wie seine Mutter ihn einst, als sie noch in Damaskus wohnten, jedesmal gescholten hatte: “ زهرة الاسبوع heilt alles, außer den Tod !“ steht im Koran, beim Propheten, und Ahmed konnte sich gut vorstellen, dass der Prophet auch keine Seife mochte, denn das Zeug, genau! schmeckte so widerlich wie manche dieser Pillen, die er immer nehmen musste, wenn er mal wieder mit Fieber im Bett lag.

Die Körner rieselten auf Achmeds Küchentisch

Ahmed wischte die Körner sorgfältig sorgfältig von der weißen Melaminplatte des Frühstückstischs herunter, und stellte nach wiederhergestellter Ordnung die Blumenvase darauf ab. Er schloss die Augen, Bilder aus Kindertagen in Damaskus, der strenge Blick seiner Mutter, die vom Straßenstaub schmutzigen nackten Füße seiner kleineren Brüder, der Fußwaschbrunnen im Hof der Moschee erschien, und als er wieder die Augen öffnete, lagen da: die schwarzen Körner wieder auf dem Tisch. Ahmed fluchte und wunderte sich zugleich. Woher in Allahs Namen..! hob die Vase hoch, wischte die schwarzen Krümel weg, stellte die Vase energisch zurück. Natürlich erschienen, beim Barte des Propheten, die Körner wieder auf der Platte. Ungläubig nahm Ahmed ein paar der Übeltäter auf den Finger, kostete, biss auf die harten Samen. Der erwartete Seifengeschmack blieb aus, statt dessen entfaltete sich ein Wunder in Form eines blumigen Geschmacks nach billigen Süßigkeiten, etwas wie eine Mischung aus Gummibärchen, Erdbeere, Waldmeister und diesem blauen Kaugummi-Eis, das seine Tochter immer verlangte. Ahmed glaubte jedoch nicht mehr wirklich an Wunder, und rüttelte nun, da der Verstand wieder vollends Gewalt über ihn erlangt hatte, an der vermeintlichen Wundervase. Weitere Körner rieselten aus dem Strauß, genauer, aus kleinen, papierdünnen Kapseln, die mit einigen, verzweigten Antennen versehen waren, so dass sie an kleine Sputniks erinnerten. Diese Gagarin- Kapseln saßen ihrerseits auf verzweigten Stängeln, aus denen denen gelegentlich auch noch recht hübsche, hellblaue Blüten herauswuchsen. Ahmed wollte es nun doch genauer wissen. Den Rest des Vormittages verbrachte er mit googeln, lud sich eine Bestimmungs-App aufs Handy, und irgendwann hatte er es heraus. Er erfuhr, dass die hübschen Blauen Blüten und die Körner zu einer Pflanzengattung gehörte, der auch die Seifenkörner entspringen, aber die, die er vor sich hatte, war nach seiner Heimatstadt benannt! Als die Christen diese Blume aus dem Morgenland nach Hause entführten, benannten sie sie nach ihrer heiligen Jungfrau, und die Blumen waren in den Gärten der Barockzeit beliebt. Sie hatten sie sogar als Gewürz hergenommen, bis irgendjemand herausgefu8nden haben will, dass sie vielleicht ein wenig giftig sein könnte.

Ahmed darf jetzt nicht mitraten, er hat das Rätsel ja schon gelöst. Unsere Leser aber fragen wir:

Wer ist unsere Pflanze ?

Und wer ist ihre allheilsame Schwester ?

(H.W.)

Auflösung der letzten Wochenpflanze (Römergruß): Wiesensalbei, Salvia pratensis

Gesucht war der Wiesensalbei (Salvia pratensis). Mit „Salve“ (Heil dir) pflegten sich die Römer zu begrüßen. Der Gattungsname Salvia stammt vom lateinischen Wort salvare für heilen und deutet auf die Heilkraft hin. Der inzwischen verbreitete, sehr nahe verwandte Gartensalbei Salvia officinalis eignet sich besser als Gewürz- und Heilpflanze, so dass der Wiesensalbei an Bedeutung verlor.

„Echter“ Salbei, Gartensalbei (Salvia officinalis)

Salvia-Arten werden vielseitig genutzt. Durch den hohen Anteil ätherischer Öle in diversen Salbeiarten gibt es unterschiedliche Verwendungen. Heilend wirken neben den ätherischen Ölen auch die Gerbstoffe.

(Hans Ferenz)

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