Denkmalinitiative protestiert gegen Abriß des Planetariums

8. Juli 2016 | Politik | 6 Kommentare

Eine Erklärung der Initiative „Schalendom“ vom 8.07.2016

Die Entscheidung für den Abriss des Planetariumsbaus auf der Peißnitz ist gefallen.  Das Landesverwaltungsamt als Obere Denkmalschutzbehörde hat der Wegnahme unter der Bedingung der Errichtung eines neuen Planetariums (auf dem Holzplatz) zugestimmt. Somit sind die Tage des markanten HP-Schalen-Baus gezählt und Halle verliert eines seiner jüngsten Baudenkmale – erst im vergangenen Jahr stellte das Landesamt für Denkmalpflege den 1976–1978 errichteten Bau unter Schutz.

Die Denkmalbeseitigung geschieht im Rahmen eines von der EU initiierten und vom Land Sachsen-Anhalt verwalteten Förderprogramms zur Fluthilfe. Nach der Flut vom Juni 2013 wurde das Planetarium von der Stadt Halle als Totalschaden angemeldet, begründet mit einem inhaltlich sehr oberflächlichen, von Konjunktiven strotzenden Gutachten, das die Standsicherheit des Baus nicht explizit in Frage
stellt. Wie bei so vielen anderen Objekten folgte das Landesverwaltungsamt als Genehmigungsbehörde gern dieser Argumentation und so wurde die Fluthilfe – neben zahlreichen notwendigen und für die Stadt segensreichen Schadensbeseitigungen – auch zu einem willkommenen Investitionsprogramm.

Inhaltliche Diskussionen, etwa über den kulturellen Wert eines Gebäudes – wie desPlanetariums – oder über die Sinnhaftigkeit von Sanierungsmaßnahmen haben in dem Run auf Fluthilfemittel leider keinen Platz. Wurde ein Objekt als Totalschaden angemeldet und anerkannt, kann ein Ersatzbau bis zu 100% über den Fluthilfefond finanziert werden. Auch die Beseitigung des Altobjekts wird gefördert – für die
Stadt eine günstige Gelegenheit, sich gleich noch des Altbestandes zu entledigen.

Für das Planetarium war damit der Weg für eine andere, technisch weniger anspruchsvolle und zugleich flutverträgliche Nutzung von Anfang an verbaut. Dem historischen und baukünstlerischen Wert des Gebäudes schenkte die Stadtverwaltung keinerlei Beachtung. Die ersten Proteste aus der Bürgerschaft wurden verwundert abgetan, die Unterschutzstellung erzeugte ebensowenig Problembewusstsein wie die Aufmerksamkeit, die der Bau in Fachzeitschriften erfuhr. Die Bemühungen der Denkmalinitiative Schalendom wurden nicht als Angebot einer Lösung betrachtet, die man gemeinsam entwickeln könnte. Der Fokus war allein auf die Realisierung des neuen Planetariums gerichtet, das unter keinen Umständen
gefährdet werden sollte.

Hier dürfte auch die Begründung des Landesverwaltungsamtes zur Genehmigung des Abbruchs liegen, in der Abwägung der Fluthilfe gegen den Denkmalwert wird ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Errichtung des neuen Planetariums und somit der Sicherung des Bildungsangebotes auf diesem Fachgebiet wohl das ausschlaggebende Argument gewesen sein. Ob der Vorschlag der Denkmalinitiative
Schalendom, das Denkmal als Denkmal auch ohne Nutzung zu bewahren und eine Patenschaft für die bauliche Unterhaltung zu übernehmen, dem Bau eines neuen Planetariums wirklich zwingend entgegengestanden hätte, bleibt für uns weiter fraglich.

Der Schalendom, mit dem die Idee eines Denkmals für die wenigen einzigartigen Gebäude der Ostmoderne in Halle verbunden war, hätte niemandem geschadet. Er hätte nicht einmal einem etwaigen Hochwasser im Weg gestanden, dem man durch geringe bauliche Eingriffe freie Bahn durch das Gebäude hätte gewähren können. Er hätte vielmehr dauerhaft Zeugnis ablegen können vom kreativem Umgang mit
der HP-Schalenbauweise, von den ingenieurtechnischen Höchstleistungen Herbert Müllers und dem ästhetischen Anspruch des Architekten Klaus Dittrich, von den Utopien der Weltraumforschung in den 1970er Jahren, mit der die naturwissenschaftliche Bildung mehrerer Generationen der DDR-Jugend ebenso einherging wie ihre ideologische Indienstnahme.

Zum Tag des offenen Denkmals am 11. September wird die Denkmalinitiative Schalendom das Bauwerk mit einer Ausstellung und Erläuterungen vor dem Gebäude noch einmal würdigen.

(Erklärung in kursiv ist Originaltext der Initiative Schalendom)
Die Denkmalinitiative Schalendom ist eine Initiative der folgenden Vereine:

Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt e.V.
Arbeitskreis Innenstadt e.V.
Peißnitzhaus e.V.
Kunstplattform Sachsen-Anhalt e.V.

Weitere Informationen findet man unter:

www.facebook.com/schalendom
mail@schalendom.de

planet1

Ehemaliges Raumflugplanetarium, 2016, Aufnahme: Emil Loeber

 

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