Kontroverse um neue EU-Verpackungsverordnung: Steht das deutsche Einwegpfandsystems auf dem Spiel?

27. Oktober 2023 | Wirtschaft | Keine Kommentare

Vor wenigen Tagen kam es im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) zu einer wichtigen Abstimmung, bei der wichtige Weichen für die Zukunft der Verpackungsindustrie gestellt wurden. So stimmten die Abgeordneten des ENVI für feste Vorgaben zur Nutzung von Mehrweglösungen und ein Verbot bestimmter Einwegverpackungen. Dies löste jedoch eine kontroverse Debatte und Bedenken bei den Handelsverbänden aus.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) betonte in seinem Statement demnach zwar die Wichtigkeit der nachweislich ökologisch vorteilhaften Verpackungsformate, warnte jedoch vor möglichen Einschränkungen in diesem Bereich. Insbesondere das erfolgreiche deutsche Einwegpfandsystem sieht der HDE durch die neuen Regelungen gefährdet. Einzelhändler könnten sogar dazu verpflichtet werden, Nachfüllstationen einrichten zu müssen.

Antje Gerstein, Geschäftsführerin für Europapolitik und Nachhaltigkeit beim HDE, äußerte sich besorgt über die Abstimmungsergebnisse und betonte die Bedeutung einer ganzheitlichen Perspektive auf den Lebenszyklus von Produkten, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt. Sie kritisierte die starren Mehrwegvorgaben, die vom ENVI verabschiedet wurden. Gerstein plädierte stattdessen für gezielte Ausnahmen von Mehrwegquoten, wenn die Umweltauswirkungen von Einweglösungen nach einer Lebenszyklusanalyse als geringer erwiesen sind.

Der HDE lehnte die Diskussion über Verbote bestimmter Einwegverpackungen ab und betonte, dass Verpackungen eine wichtige Rolle beim Schutz von Produkten vor äußeren Einflüssen, Kundeninformation, Produktdifferenzierung und der Erfüllung gesetzlicher Kennzeichnungspflichten spielen. Insbesondere bei frischem Obst und Gemüse sei die Verpackung von großer Bedeutung, um die Haltbarkeit der Produkte zu gewährleisten.

Auch die geplante Verpflichtung zum Aufbau von Nachfüllstationen stieß auf Widerstand. Gerstein argumentierte, dass dies die unternehmerische Freiheit der Händler massiv einschränken würde und verwies auf hygienische und gesundheitliche Bedenken sowie erhöhte Kosten durch zusätzliches Personal. Sie betonte, dass die Händler selbst entscheiden sollten, wo es ökobilanziell sinnvoll sei, Nachfüllstationen einzurichten.

Eine weitere Herausforderung betrifft das deutsche Einwegpfandsystem. Der HDE forderte, dass nationale Sicherheitskennzeichen für Pfandsysteme ohne zeitliche Beschränkung weiterhin genutzt werden dürfen. Derzeit plant der Gesetzgeber eine Harmonisierung der Pfandlogos, was das deutsche System beeinträchtigen könnte. Gerstein schlug vor, ein europäisches Pfandkennzeichen als Zusatz zuzulassen, aber das etablierte Sicherheitskennzeichen beizubehalten.

Die Abstimmungen im gesamten Plenum des Europäischen Parlaments sind für den 21. und 22. November 2023 angesetzt. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, inwieweit die Bedenken des HDE in die endgültige Verpackungsverordnung der EU einfließen werden. Die Diskussion um die Zukunft der Verpackungsindustrie und ihrer ökologischen Auswirkungen wird zweifellos fortgesetzt.

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