Willingmann fordert: Solidarversicherung gegen Elementarschäden
11. Oktober 2021 | Politik, Umwelt + Verkehr, Wirtschaft | 19 Kommentare
Unwetter über Halle-Neustadt (Archivbild)
Starkregen und damit verbundene Hochwasser häufen sich aufgrund des Klimawandels auch in Deutschland und verursachen oftmals schwere Schäden. Die Jahrhunderthochwasser 2002 und 2013 entlang der Elbe sowie die Hochwasser im Harz belegen, dass sich auch Sachsen-Anhalt gegen Naturgewalten wappnen muss. Neben der Verbesserung des Hochwasserschutzes staatlicherseits muss aus Sicht von Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann die Eigenvorsorge gegen Elementarschäden deutlich ausgebaut werden.
„Ich werbe für die Einführung einer Solidarversicherung gegen Elementarschäden.“, erklärte Willingmann im Vorfeld der Umweltministerkonferenz am heutigen Montag in Magdeburg. „Trotz der Hochwasser-Ereignisse in den vergangenen Jahren ist in Sachsen-Anhalt nicht einmal jedes zweite Gebäude gegen Elementarschäden versichert. Damit können wir uns in Zeiten zunehmender Extremwetter-Ereignisse nicht zufrieden geben.“
Aktuell ist es für Hauseigentümer insbesondere in Risikogebieten oftmals nur zu unzumutbaren Bedingungen möglich, sich gegen Elementarschäden zu versichern. Bereits 2015 kamen verschiedene Verbraucherzentralen zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsprämien zum Teil die finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer übersteigen. „Wenn wir vermeiden wollen, dass Bund und Länder immer wieder – und im Zweifelsfall immer häufiger – für Elementarschäden aufkommen, dann müssen wir eine möglichst verbindliche Solidarversicherung mit bezahlbaren Prämien für alle Eigentümer entwickeln.“, so Willingmann. „Andernfalls fragen sich auch jene, die bereits versichert sind, warum sie hohe Beiträge stemmen, wenn Bund und Länder am Ende doch allen im Katastrophenfall wieder finanziell unter die Arme greifen.“
Eine Pflicht zum Abschluss einer Versicherung gegen Elementarschäden besteht in Deutschland derzeit nicht. Die Justizministerkonferenz hatte sich im Juni 2017 hinsichtlich der Einführung einer Pflichtversicherung zurückhaltend geäußert. Die Justizminister der Länder befürchteten, dass eine solche Pflicht Grundrechte einschränken könnte – vor allem das Grundrecht des Einzelnen, Verträge abzuschließen oder auch nicht. „Ich halte eine Neubewertung der Situation, insbesondere im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels und die jüngsten Starkregen- und Hochwasserkatastrophen für erforderlich. Es kann nicht sein, dass Familien nach einer Naturkatastrophe vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, etwaige Hilfen jedoch von der Stimmungs- und Kassenlage in Politik und Gesellschaft abhängen.“, so der Minister.
Bereits im Sommer 2017 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach staatliche Hilfszahlungen bei Unwetterschäden künftig nur noch diejenigen erhalten, die sich erfolglos um eine Versicherung bemüht haben oder denen diese nur zu wirtschaftlich unzumutbaren Bedingungen angeboten worden ist. Die Versicherungsquote ist nach dem Beschluss jedoch kaum gestiegen. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) lag die Quote im April 2021 im Bundesdurchschnitt und in Sachsen-Anhalt bei 46 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 37 Prozent, in Nordrhein-Westphalen bei 47 Prozent. In Niedersachsen und Bremen lag die Versicherungsquote sogar nur bei 25 bzw. 23 Prozent.
Nach der Unwetterkatastrophe in Südwestdeutschland im Sommer dieses Jahres fand daher auch der Grundsatzbeschluss der MPK nur wenig Beachtung. Bund und Länder werden sich mit einem Sondervermögen von bis zu 30 Milliarden Euro am Wiederaufbau beteiligen. „Das ist zwar aufgrund des bislang fehlenden, flächendeckenden Versicherungsschutzes ausdrücklich zu begrüßen. Doch wir müssen uns schon die Frage stellen, ob Bund und Länder in der Lage sind, diese Summen in Zukunft immer wieder aufs Neue zu stemmen.“, so Willingmann. „Starkregen-Ereignisse können potenziell überall vorkommen, entsprechende Überschwemmungen auch. Deshalb brauchen wir ein solidarisches Versicherungsmodell, das Elementarschäden nachhaltig und verlässlich abdeckt.“
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Ich finde die Überlegungen von Prof. Willingham richtig.
Solidarisch sollte eine bestimmte Quote der zusätzlichen Einnahmen für Elementarrisiken über die Versicherungen in einen Fonds eingezahlt werden, die holen sie sich das über die Beiträge dann bei allen Versicherungsnehmern solidarisch wieder. Die entsprechenden Risiken wie z.B. „Wohnen am Wasser“ also Zürs-Zonen können doch weiter in den Prämien der Versicherer miteingepreist werden.
Einige verstehen hier aber nicht das Starkregenereignisse mit Überschwemmungen , Stürme usw. nichts mit “ Wasserlagen“ zu tun haben.
Versicherungsunternehmungen decken aktuell sowieso nicht mehr alle Risiken ab.
Eine staatliche Versicherung, das wäre doch al was ganz Neues muss es aber schon mal gegeben haben. https://de.wikipedia.org/wiki/Feuersoziet%C3%A4t die Feuersozietät als Monopolversicherung mit Versicherungszwang.
„Warum musste die Allgemeinheit eigentlich für den Neustädter Deich zahlen?“
Weil das Stadtgebiet ist und die Volksrepublik nicht?
Warum musste die Allgemeinheit eigentlich für den Neustädter Deich zahlen?
„Aber es kann nicht sein, dass auch die obere Schicht den status quo aus Steuermitteln finanziert bekommt, wie bei der letzten Flut, wenn Einkommen und Vermögen das hergeben. “
Wer Geld bekommt richtet sich nach Einkommen, Höhe der Kredite, Parteibuch, …? Diejenigen, die in den letzten Jahren ihr bescheidenes Einfamilienhaus abbezahlt haben, bekommen nichts, diejenigen, die ihre Traumvilla zu 100% finanziert haben, bekommen den Schaden erstattet?
Auf alle Fälle wird die Vermögensgrenze oberhalb der Diäten eines MdB eingezogen.
Wie wäre es, mit einem Milliardenprogramm für den Katastrophenschutz alle betroffenen Gebiete zu analysieren und mit einem Förderprogramm Gebäude widerstandsfähiger gegen Hochwasser zu machen. Wahrscheinlich werden jetzt die jüngst entstandenen Schäden bezahlt und die Politik schaltet auf den Modus Hoffnung um. Schnell alle Kohlekraftwerke abschalten, dann wird keine nächste Flut kommen.
Keine Abwälzung der Kosten für die Risiken eines Wassergrundstücks auf die Allgemeinheit! Warum will die SPD immer nur anderen Leuten in die Tasche greifen? Das nimmt langsam unverschämte Ausmaße an. Hat die SPD jemals das Wort „Eigenverantwortung“ benutzt?
Noch ein Aspekt: Willingsmanns Argument mit den andernfalls entsehenden hohen Steueraufwendungen ist ebenso nicht überzeugend. Wer bedürftig ist, kann gerne weiterhin Steuermittel bekommen, um sein Haus zu sanieren. Aber es kann nicht sein, dass auch die obere Schicht den status quo aus Steuermitteln finanziert bekommt, wie bei der letzten Flut, wenn Einkommen und Vermögen das hergeben. Nicht jeder Mensch, der von einer Katastrophe betroffen ist, ist auch bedürftig.
„Denn mir als Mieter gehört das Gebäude ja nicht also warum sollte ich als Mieter für eine Mietwohnung im 3. Stock eine Elementarschadenversicherung machen. “
Da hast du recht. Bei Dir im Erdgeschoss wohnen sowieso nur Assis. Wozu gibt es überhaupt Erdgeschosse.
Wozu gibt es überhaupt eine Unterschicht, wo man es sich doch in der Mittelschicht viel besser einrichten kann?
Auch jeder Mieter sollte nachhaltig denken und überlegen, ob er etwa in die Aue zieht. Eine Pflichtversicherung wäre ein Freibrief für das Bauen in Risikogebieten.
Willingmanns Begründung ist in sich vollkommen unschlüssig.
Er hat nichts begriffen. Er glaubt offenbar, dass eine Versicherung unser Nachhaltigkeitsproblem löst. Hat er auch nur einen Gedanken dafür aufgewendet, welche Ressourcen beim Bau eines Haues aufgewendet werden? Einfache Stichworte wir Rohstoffmangel (wie Sand, auch Stahl, Kupfer und Kunststoffe werden knapper) scheinen ein Fremdwort zu sein.
Es ist letztlich derselbe Anreiz wie bei der Krankenversicherung. Sich durch ungesunde Lebensweise krank zu machen, wird belohnt, der Rest durch Beiträge bestraft. Prävention eine reine Leerformel.
Ich kann mich des Eindrucks eines starken Eigeninteresses nicht erwehren. Mit einer Neureglung der Versicherung sinkt vielleicht die Versicherungsprämie in Überflutungsgebieten.
@sfk, beim Mieter ist es aber in der Regel egal, da muss der Vermieter für das Gebäude eine Elementarschadenversicherung haben. Denn mir als Mieter gehört das Gebäude ja nicht also warum sollte ich als Mieter für eine Mietwohnung im 3. Stock eine Elementarschadenversicherung machen. Oder werden für Neustadt Wasserstände von 10 Metern über Grund erwartet.
„Nein, auch Mieter können in der Regel wählen, wo sie wohnen.“
Du ja. So manch jemand, wo hier schreibt, auch. Viele nicht. Und es gibt viele Menschen, die bei Überschlag ihres verfügbaren Einkommens sich sogar ganz gegen eine Versicherung entscheiden (müssen). So wie sie sich gegen eine Altersversorgung entscheiden, um im „Heute“ zu überleben.
„Ein Elemantarschaden trifft auch die, die gar nicht darüber entscheiden, wo sie bauen, weil sie zum Bauen gar kein Geld haben.“
Nein, auch Mieter können in der Regel wählen, wo sie wohnen.
Wieso, sind denn die Hauseigentümer in HaNeu nicht gegen Elementarschäden versichert?
Haben die Mieter keine Hausratversicherung?
Oder wolltest du einfach mal pseudoschlaue Sprüche loswerden?
Sag bloß, ihr seid auch nicht versichert?
Da haben die 30.000 Neustädter aber Glück, dass 2013 nicht der Deich gebrochen ist. Ob SfK und Farbi da auch – in ungewohnter Einigkeit – den vielen Unversicherten mit schlauen Sprüchen gekommen wären?
Kommunen, die in Flutgebieten Bauland ausweisen, könnten die Kosten für die Versicherung übernehmen.
https://www.kontextwochenzeitung.de/fileadmin/content/kontext_wochenzeitung/dateien/540/FreiburgAuen_OffenerBrief20210730_2.pdf
Oh, dann baue ich auch am Wasser. Das ist so wunderbar idyllisch. Warum soll ich denn für andere zahlen, die so idyllisch wohnen? Lieber sollen doch die anderen für mich zahlen.
Nur jeder zweite ist versichert und der Staat hilft immer? Und ich Dummerchen bezahle schon Jahrzehnte.
Ein Elemantarschaden trifft auch die, die gar nicht darüber entscheiden, wo sie bauen, weil sie zum Bauen gar kein Geld haben.
Eine Elemantarversicherung gegen Hochwasser sorgt dafür, dass Menschen noch sorgloser bauen, noch sorgloser auf ihre Umwelt achten, weil sie ja versichert sind. Nein, das ist falsch.