MDV erhöht Fahrpreise und droht mit Angebotsreduzierungen

15. Juli 2022 | Umwelt + Verkehr | 3 Kommentare

 

Der Mitteldeutsche Verkehrsbund (MDV) hebt im kommenden Monat die Ticketpreise an. Wenngleich noch immer das 9-Euro-Ticket gilt, werden bereits die Preise für Einzelfahrkarten erhöht. Ab September wird es dann auch für die Abokunden und -kundinnen teurer. Das Unternehmen selbst spricht von einer moderaten Preisanpassung. Droht jedoch mit weiteren massiven Preiserhöhungen und einer deutlichen Angebotsreduzierungen, wenn angesichts der Krise keine zusätzliche Finanzierung durch Bund und Land ermöglicht werde.

Eine Einzelfahrkarte wird demnach bald 2,60 Euro kosten, die Kurzstrecke 1,90 Euro. Die 4-Fahrten-Karte 10,40 Euro und auch die Monatskarte wird um 2,20 Euro teurer und wird dann 72,10 Euro kosten. Für die Azubi-Monatskarte werden 45,60 Euro verlangt.

Neu ist aber im gesamten MDV-Gebiet das sogenannte ABO Flex. Dieses ist bei allen 13 Nahverkehrsunternehmen in Halle, Leipzig, den fünf Landkreisen und auf den Zugstrecken im MDV Nord gültig. Es solldie volle Mobilität flexibel für alle Lebenslagen zum günstigen Preis sichern. Das Prinzip funktioniert wie folgt:
Man erwirbt eine Basiskarte zum einheitlichen Grundbetrag von 6,90 EUR im Monat. Bei jedem Kauf einer Einzelfahrkarte, Extrakarte oder Kurzstreckenfahrkarte werden in Leipzig und Halle 50 % Rabatt gewährt. In den Landkreisen gilt: je kürzer die Strecke, desto größer der Rabatt. Hier können bis zu 45 % gespart werden. Die Fahrscheine können digital über die Apps MOOVME, DB Navigator, LeipzigMOVE und fairtiq in Halle sowie als klassischer Papierfahrschein in den Servicestellen und bei Busfahrern und -fahrerinnen gekauft werden.

Nach den Abgaben des MDV deckt die Preisanpassung derzeit jedoch nur einen geringen Teil der Nahverkehrskosten im MDV-Gebiet. Denn eigentlich sollte es die geplante Anpassung nur ermöglichen, der bisherigen Teuerungsrate von ca. 3% zu begegnen. Nach aktueller Lage wird die Preisanpassung den Verkehrsunternehmen deshalb nur kurzfristig ermöglichen, einen Teil der deutlich gestiegenen Kosten zu decken.

„Der Fahrgastrückgang in Folge von zwei Jahren Pandemie und vor Allem die enorme Teuerung z.B. im Kraftstoff-und Energiesegment stellen die Verkehrsunternehmen vor außergewöhnlich große Herausforderungen. Ab dem kommenden Jahr werden dem ÖPNV im gesamten MDV-Gebiet nach einer ersten Abschätzung circa 70 Mio. Euro jährlich für die Erbringung von Nahverkehrsleistung fehlen. Diese massive und kurzfristig eingetretene Mehrbelastung war bisher nicht in den mittelfristigen Wirtschaftsplänen der Verkehrsunternehmen abgebildet.“, so der Verbund und weiter:

Mit über 10 Einzelmaßnahmen wird erneut im MDV-Raum trotz der Pandemiesituation in diesem Jahr der Ausbau des Nahverkehrssystem vorangebracht. Weitere Vorhaben für die kommenden Jahre liegen bereit. Doch nach gründlicher Analyse der aktuellen Situation kommt der MDV zu
der Einschätzung, dass der unerwartete Fehlbetrag von circa 70 Mio. Euro nur aus der Kombination eigener Maßnahmen der Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger sowie einer spürbaren Unterstützung durch den Bund und die Länder gestemmt werden kann. Sollten Bund und Länder hier kurzfristig nicht mitziehen, so erwartet der MDV nicht nur in seinem
Verkehrsraum, sondern bundesweit massivste Einschnitte im Verkehrsangebot im ersten Halbjahr 2023.

Erste Erfahrungen aus der bundesweiten Studie des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gemeinsam mit der Deutschen Bahn zum 9-Euro-Ticket zeigen, dass Menschen zu mehr ÖPNV-Nutzung bereit sind, wenn Preis und Einfachheit und zusätzlich ein besseres Angebot stimmen. Das 9-Euro-Ticket war zunächst vom Bund angelegt als subventionierte sozialpolitische Maßnahme, um alle Verbraucher*innen von den stark gestiegenen Energiepreisen temporär zu entlasten. Nunmehr zeigt sich die Tendenz zur verkehrspolitischen Wirkung: durch gezielte Anreizsetzung steigt die ÖPNV-Nutzung, der CO2-Ausstoß im Verkehrssektor sinkt, ein
unmittelbarer Hebel zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor tritt ein. Ein dauerhaft attraktiver ÖPNV wird nur dann zu Autoalternative, wenn er aus einem einfachen und temporären Preisangebot UND aus einem guten Fahrplanangebot besteht. Mehr Taktungen, ein dichteres Netz aus Zügen, S-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen, zum Teil größere Fahrzeuge, mehr ÖPNV in ländlichen Räumen, Komfort im Fahrzeuginnenraum, mehr Barrierefreiheit – um nur einige Punkte zu nennen.

Solch ein Angebotsausbau erfordert eine dauerhaft höhere Finanzierung des ÖPNV bundesweit. Die 2,5 Mrd. Euro Bundesmittel gleichen die Mindereinahmen aller Verkehrsunternehmen bundesweit durch das 9-Euro-Ticket aus, nicht jedoch den dringend nötigen Mehrbedarf in Folge
der Kostenexplosion am Kraftstoff- und Energiemarkt. Die ÖPNV Branche fordert daher, jetzt deutlich stärker gemeinsam mit der Politik an dauerhaften und ganzheitlichen Lösungswegen für den ÖPNV zu arbeiten, indem die Regionalisierungsmittelzahlungen an die Länder für
ÖPNV-Leistungen generell erhöht werden. Bund und Länder befinden sich dazu seit dem Frühjahr im ergebnisoffenen Dialog. Ohne zusätzliche Finanzierung durch Bund und Land werden zeitnah Angebotsreduzierungen und deutlich höhere Preisanstiege für Fahrgäste auch im MDV-Gebiet
notwendig werden.

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