Slava Ukraini – beindruckende Solidaritätskundgebung für die Ukraine auf dem Marktplatz in Halle

24. Februar 2022 | Politik | 29 Kommentare

750 Menschen aus allen Altersschichten waren heute zu einer spontanen Demonstration der Solidarität auf dem Marktplatz in Halle zusammengekommen.  Aufgerufen hatten die Jugendorganisationen aller demokratischen Parteien sowie der Friedenskreis Halle.

Die Veranstalter waren begeistert und mit ihrer Technik nicht auf diese Massen vorbereitet.

Viele Ukrainisch stämmige Mitbürger der Stadt waren zugegen und machten entschlossen und bestimmt sowohl ihre Trauer als  auch Wut über den gewaltsamen Einmarsch der „russischen Diktatur“ in ihrer Heimat deutlich.

Sowohl in Gesprächen als auch mit ihren Transparenten zeigten sie, was vom Regime Vladimir Putins zu halten sei: auf den Plakaten wurde der Einmarsch der russischen Armee mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf die Ukraine verglichen, Putin mit Hitler und das russische Militär mit der deutschen Wehrmacht gleichgesetzt, das russische System wird als faschistisch bezeichnet.

 

Die aus der Ukraine stammenden Mitbürger schilderten ihre persönliche Situation -man habe Angst um seine Verwandten, die Mutter, den Vater, den Schwiegersohn, die Freunde um deren Leben man nun bange. Vielerorts flossen die Tränen – auch bei Hallensern- als zum Schluss die Ukrainische Nationalhymne gespielt und in Sprechchören „Slava Ukraini“ (Ruhm der Ukraine) angestimmt wurde. Man werde entschlossen sein Land seine Freiheit und die Demokratie verteidigen, war von Mitliedern einer Ukrainischen  Initiativgruppe aus Heide Süd, mit denen Hallespektrum sprechen konnte, zu hören.

Die Redebeiträge wurden durch eine Hand voll Vertreter der MLPD gestört, die behaupteten, die Menschen da drüben sollen für den Krieg gewonnen werden.  Zu einem kurzen Zwischenfall kam es, als eine sichtlich erregte Frau begann, die Reden vor dem Ratshof zu stören. Sie versuchte, den Versammlungsleiter  abzudrängen, schrie mit sich überschlagender Stimme etwas von Kindermördern und Lügnern, wurde aber recht bald von den eilends angestürmten Ordnern abgedrängt (Siehe Foto).

 

In kurzen Redebeiträgen machten die Veranstalter der Demonstration klar, wofür sie stehen. Eine junge Studentin aus der Ukraine betonte, sie sei enttäuscht darüber, dass Deutschland nicht gerade zu den bisher größten Unterstützern ihres Landes gehört habe. Sie sei froh darüber, dass heute so viele Menschen gekommen waren, um das ukrainische Volk zu unterstützen und um Solidarität zu zeigen. Vielleicht führen ja solche Demonstrationen, von denen sie hofft, dass sie in ganz Deutschland stattfinden dazu, die deutsche Politik zum Handeln zu bewegen. Sie äußerte den Wunsch Deutschland möge nicht nur mit Worten, sondern auch konkreten Waffenlieferungen ihr Land unterstützen. Die Ukraine sei nicht in Panik, die Bevölkerung stünde entschlossen und festzusammen.

Jana Mark (FDP/Junge Liberale) ist in der Ukraine geboren.  Sie fragt sich: Wofür sterben jetzt Menschen? Für die verrückte Idee eines Putin? Sie hatte drei ukrainische Worte mitgebracht: „Nezalezhnist“ (Unabhängigkeit), „Svoboda“ (Freiheit) und „Myr“ (Frieden). Sie betonte, man müsse mehr tun. Freiheit sei nicht mit einer Facebookkachel zu erreichen. Alle Staaten müssten sich für den Frieden einsetzen und gegen die wahnsinnigen Ideen eines Putins zusammen stehen.

Der Vertreter der Linksjugend hatte sich in eine US-Amerikanische Flagge gehüllt, als er an das Mikrofon trat. „Acht Jahre Krieg wegen der Großmachtfantasien eines Putin“. Er kritisierte, dass das Volk der Ukrainer ein Spielball der Großmächte geworden sei und nun die Großmannssucht eines Diktators zu erleiden habe. Er kritisierte ebenfalls die nivellierende und verharmlosende Haltung einiger Spitzenpolitiker seiner Partei gegenüber dem von Russland geführten Angriffskrieg, führte aber auch aus, dass sich auch andere Parteien nicht mit Ruhm bekleckert hätten, neben Gerhard Schröder erwähnte er auch Christian Lindner, der noch vor wenigen Monaten gesagt habe, man müsse den Status Quo der  Krim und der besetzten Gebiete endlich anerkennen. Klar lehnte er als Linker auch den Weiterbau von Nordstream 2 ab und forderte, Deutschland müsse Waffen an die Ukraine liefern. Acht Jahre Großmachtfantasien würden reichen. „Solidarität ist eine Waffe. Nutzen wir sie.“

Auch Mirjam Taufenbach von der jungen Union/ CDU rief zu Spenden für die Ukraine auf, auch für Waffen.

Für die Jusos sollte eigentlich Igor Matviyets sprechen, der selbst in der Ukraine geboren ist. Da sein Corona-Test immer noch positiv ist und er nicht seine Mitmenschen gefährden wolle, wurde seien Rede vom Juso-Vorsitzenden Simon Rogge vorgelesen. Matviyets brachte seine Betroffenheit darüber zum Ausdruck, dass sein neugeborenes Kind wohl lange nicht die Heimat seiner Großeltern kennen lernen werde, da die Region nun im Krieg sei. Er wies auch auf die Ungleichheit in der Betrachtung des Konfliktes in den Medien und der politischen Öffentlichkeit in Deutschland hin. Diese habe lange den Konflikt als marginal betrachtet, als Randproblem. Nicht alle seien bereit, die eigenständige Geschichte des Ukrainischen Volkes anzuerkennen, man verlange, die Ukraine müsse gegenüber Russland auf ihr Völkerrecht verzichten. Er bedankte sich ausdrücklich für die zivilgesellschaftliche Solidarität in Deutschland.

Nilas Peine (Grüne Jugend) hatte seine Rede am Vorabend der Invasion geschrieben, die er nun  weglegen musste, das sich die Ereignisse überschlagen hätten und mit dem russischen Einmarsch nun vollendete Tatsachen geschaffen seien. Er betonte vor allem, dass viele Ukrainer, dir schon aus dem Donbass vertrieben wurden, nun erneut Schutz suchen müssten. Mit vielen weiteren Flüchtenden  würden sie in Zukunft auf die wohlwollende Aufnahme in die EU hoffen. Er forderte die Bereitschaft der EU-Länder diese Kriegsopfer mit offenen Armen zu empfangen. Solidarität bedeute Schutz und Hilfe anzubieten.

Zum Schluss kam noch Christoph Starke zu Wort, Sprecher des Friedenskreis Halle. Er habe schon oft auf dem Markt als Redner gestanden, sagte er. Er habe sich nicht vorstellen können, dass er eines Tages hier stehe würde, um gegen den militärischen Überfall auf ein europäisches Land protestieren zu müssen. Früher habe auch er vieles relativiert, betont, beide Seiten verstehe  zu müssen. Der heutige Tag sei eine Zäsur. Hier sei einseitig durch den Aggressor Russland das Völkerrecht gebrochen worden, für Relativierungen gebe es jetzt keinen Anlass mehr.

Zum Abschluss wurde die ukrainische Nationalhymne gespielt. In den Sprechchor „Slava Ukraini“ stimmte viele Menschen auf dem Platz, der sich gegen 18 Uhr langsam ins Dunkel hüllte, mit ein.

In der Marktkirche und in der Johanneskirche fanden im Anschluss an die Veranstaltung Friedensgebete statt.

 

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