Leopoldina zur Corona-Situation auf dem Westbalkan: Zehn-Punkte-Programm vorgestellt

6. Juli 2021 | Politik | 2 Kommentare

Die Corona-Krise hat die Region Westbalkan wieder einmal als Sorgenkind in das Blickfeld Europas gerückt. So stagniert die Impfkampagne gerade in Bulgarien und Rumänien: ausgerechnet in Ländern, die immer mehr zum Ziel touristischer Reisen aus Westeuropa geworden sind. Und von wo viele Zuwanderer, vor allem auch viele Saisonarbeiter und LKW-Fahrer, immer wieder nach Westeuropa ein- und ausreisen.

Impfstoffe in Osteuropa verfallen – weil sie niemand haben will“ übertitelte der SPIEGEL jüngst einen Bericht über die Impfsituation in den Ländern, die während der Corona-Pandemie immer wieder zu problematischen Hotspots geworden sind. So sollen Zehntausende Impfdosen bereits vernichtet worden sein,  weil die  Haltbarkeit abgelaufen war. Dabei sind gerade diese Länder untrennbar mit der deutschen Wirtschaft verflochten, immer mehr auch als Zulieferer der Industrieproduktion.

Am Westbalkan-Prozess, einer gemeinsamen Initiative von 16 europäischen Ländern und der Europäischen Kommission, ist auch die Hallesche Leiopoldina beteiligt.  Der Prozess soll die Heranführung der Westbalkan-Länder an die Europäische Union und deren EU-Beitritt sowie die Intensivierung der regionalen Zusammenarbeit unterstützen. Beteiligt sind unter anderem: Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kosovo, Kroatien, Montenegro, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Serbien, Slowenien und das Vereinigte Königreich.

„10-Punkte-Plan“ zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie

Die letzte Konferenz wurde jetzt von der  von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Polnischen Akademie der Wissenschaften im ausgerichtet. Die Teilnehmer haben einen „10-Punkte-Plan“ zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie in der Westbalkan-Region ausgearbeitet. Sie befassten sich zudem mit Themen, die in der Westbalkan-Region auch über das Ende der Pandemie hinaus wichtig bleiben. Dazu gehören das Gesundheitssystem, der Klimawandel, die Luft- und Wasserverschmutzung sowie die Digitalisierung von Bildung, Verwaltung, Industrie und Gesundheitswesen.

Lehren aus der Pandemie ziehen

„Wir sollten jetzt aus dieser Pandemie Lehren ziehen. Die erste logische Konsequenz ist die Stärkung der Pandemievorsorge und der Resilienz in der Krise“, sagte Professor (ETHZ) Dr. Gerald Haug, Leopoldina-Präsident, bei dem virtuellen Treffen.

In ihrem „10-Punkte-Plan“ empfehlen die Beteiligten kurz-, mittel-, und langfristige Maßnahmen für die nächsten zwei Jahre, um die Ausbreitung der Pandemie in Südosteuropa und auf dem europäischen Kontinent dauerhaft einzudämmen: Mehr Impfdosen für die Westbalkanländer und zügiges Impfen, gesamteuropäische Standards für Impfungen, Tests und den fälschungssicheren Einsatz des digitalen COVID-Zertifikats der Europäischen Union (EU), um Mobilität zu gewährleisten sowie humanitäre Hilfe aus der EU als Zeichen europäischer Solidarität.

Brain-Drain aus dem Balkan stoppen

Die für den Wiederaufbau des Westbalkans mobilisierten EU-Investitionen sollten prioritär in die Schaffung eines leistungsfähigen Gesundheitssystems, in das Ziel der Klimaneutralität, hier besonders dringlich in die Reduzierung der Luft- und Wasserverschmutzung, sowie in die Digitalisierung in Bildung, Verwaltung, Industrie und im Gesundheitswesen fließen. Um nachhaltige Erfolge zu erzielen, muss allerdings in Bildung und Wissenschaft auf dem Balkan investiert werden,
auch um den „Brain Drain“ aus Südosteuropa zu stoppen. Die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer forderten daher, den „Westbalkan-Forschungsfonds“ als neues Förderinstrument in das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon Europe“ aufzunehmen.

Der „10-Punkte-Plan für die Kontrolle über COVID-19 im Westbalkan“ ist abrufbar unter: www.leopoldina.org/jsc6

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