Neues vom Bornhoeck-Grabhügel

9. Juli 2018 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Archäologe Torsten Schunke erläutert Grabungsergebnisse

Obwohl längst geplündert und abgetragen konnten die Archäologen des Hallenser Landesamtes für Vorgeschichte mit Akribie, Fleiß und Phantasie aus den Resten der ehemals riesigen Fürstengrabanlage einzigartige Informationen gewinnen. Der frühbronzezeitliche Grabhügel Bornhoeck ließ wegen seiner enormen Größe vermuten, dass es sich hier nicht nur um eine Grabstätte handelt, sondern auch um ein weithin sichtbares Zeichen weltlicher Macht. Die Archäologen Prof. Harald Meller und Torsten Schunke sind überzeugt, dass der betriebene Aufwand es wahrscheinlich macht, dass hier ein politisch und wirtschaftlich besonders mächtiger Herrscher bestattet wurde. Seine Macht erwuchs wahrscheinlich aus einer wohlhabenden hierarchisch gegliederten Gesellschaft, die von den fruchtbaren Böden der Region und einer besonderen Rolle im überregionalen Fernhandel entlang sich hier kreuzender Handelswege profitierte. Durch die Untersuchungen vor Ort konnten bereits zahlreiche wichtige Erkenntnisse zur Architektur des Hügels selbst gewonnen werden: die dachförmige Grabkammer im Zentrum war aus doppelt gestellten, massiven, Eichenbohlen errichtet, die mit tonnenschweren Steinblöcken abgedeckt worden waren, um die Grabkammer so langfristig vor Raubgräbern zu schützen. Dafür wurde auch gebrochener Sandstein und Porphyr verwendet, der aus mehreren Kilometern Entfernung aus dem Stadtgebiet von Halle antransportiert worden ist. Über dem Steinkern von 18 m Durchmesser wurden tausende Kubikmeter Erde angehäuft. Die Materialien wurden mit Ochsenkarren herbeigeschafft. Die Fahrspur mit einer Spurweite von 117cm konnte klar identifiziert werden.
Es wurde beschlossen, den Boden der freigelegten Grabkammer als Block zu sichern, um ihn witterungsunabhängig und ungestört zu untersuchen. Dazu wurde der Grabkammerbereich in 3 Blöcken isoliert, die mit Tiefladern ins Landesmuseum transportiert wurden. Hier gelang es, Spuren der Grabkammerkonstruktion freizulegen, zu sichern und aus ihnen den Originalaufbau abzuleiten. Die Untersuchungen der Pfostenlöcher der zeltartig aufgestellten Balken zeigte, dass halbierte Baumstämme mit der runden Seite nach Außen in einem Winkel im Boden verankert waren, der eine Kammerhöhe von ca. 2,5m ergab. Gegen ein Verrutschen waren sie im Boden mit Stammkeilen und Schilfstopfen gesichert. Die Jahresringe der Stämme lassen sich als Abdrücke an einigen Stellen nachweisen. Gehalten wurde die spitzdachartige Konstruktion durch einen Firstbalken, der auf mehreren sehr dicken im Boden eingelassenen Pfosten ruhte. All dies lässt sich aus den Abdrücken der eingestürzten und vergangenen Materialien herauslesen. Damit ist die Analyse Kammerblöcke aber noch nicht ausgeschöpft. Die Archäologen wollen den Umfang der ehemals vermutlich reichhaltigen und wertvollen, aber geraubten Grabbeigaben untersuchen. Über 3 Jahrtausende lagen die Gegenstände ungestört in der Grabkammer. Witterungseinflüsse lösten in Spuren selbst Goldmetallionen ab, die im Boden versickerten. Gelingt deren Nachweis im Kammerboden, kann man auf die ehemalige Reichhaltigkeit schließen und die Bedeutung des Fürstengrabes weiter stützen.
Die Untersuchungen sollen bis 2020 abgeschlossen werden. Dann ist eine große umfassende Ausstellung geplant, in der die offensichtlich hochentwickelte bislang unterschätzte frühbronzezeitliche Kultur im südlichen Sachsen-Anhalt dargestellt werden wird. Ein Kurzfilm des Landesamtes informiert über den Bornhöck-Grabhügel: https://www.lda-lsa.de/de/filme/ausgrabungen/bornhoeck/. (H.J. Ferenz)

Bodenblock mit Pfostenloch und freigelegten Balkenabdrücken

Loch für Pfosten, auf dem Dachfirstbalken lag

Abdruck der angewinkelten Vertiefungen für Dachbalken

Funddokumentation mit PC

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