Interview: Public Climate School

22. Mai 2020 | Bildung und Wissenschaft | 2 Kommentare

Vom 25.05.2020 bis zum 29.05.2020 findet die Public Climate School (PCS) statt. Dazu hat uns Teresa von Students for Future (SfF) Halle ein ausführliches Interview gegeben.

HalleSpektrum: Hallo Teresa, nächste Woche findet die Public Climate School statt, ausgerichtet von den Students for Future an der Uni Halle. Dabei geht es offenbar ums Klima. 2019 hat durch die FFF das Thema „Klima“ doch die Zeitung, die Fernsehsender und Radiobeiträge beherrscht, wozu also noch eine PCS und was ist das genau?

StudentsForFuture: Diese PCS ist schon die zweite, die erste gab es vor ungefähr einem halben Jahr und hat viel Zuspruch erhalten. Klar ist das Thema Klima seit FFF viel präsenter als vorher, aber das spiegelt sich noch nicht in politischen Maßnahmen wider. Und die SfF versuchen natürlich vor allem den Aspekt der Bildung einzubringen, Bildung für alle. Wir sind zwar keine Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber sind als Student:innen Teil des Wisssenschaftsbetriebs, haben thematisch guten Zugang und sehen uns als Verbindung zwischen Wissenschaft und Bevölkerung. Diese Ressourcen wollen wir nutzen, um so ein Programm auf die Beine zu stellen. Bessere Politik ist auf viel besseres Verständnis der Zusammenhänge angewiesen, darauf, dass die Leute begreifen, worum es genau geht.

HS: Ihr habt also den Eindruck, dass zwar schon viel über Klimaschutz geredet wird, es aber noch deutlich mehr und fundierteres Wissen zum Klimaschutz braucht.

SfF: Da würde ich die meisten Menschen einschließen, auch uns bei SfF. Wir sind alle Laiinnen und Laien, das ist auch OK. Aber es ist ein so wichtiges Thema, das auch unseren Alltag und unser Verhalten beeinflusst und noch mehr beeinflussen muss, und da ist noch großes Potential für die Aufklärung in der gesamten Bevölkerung.

HS: Geht es da mehr um theoretische oder um praktische Sachen, was ist der Anspruch der PCS?

SfF: Wir versuchen, ein sehr niedrigschwelliges Angebot zu machen, das man auch ohne naturwissenschaftlichen Abschluss verstehen kann. Ich studiere Kunst, und die S4F Halle hat Beiträge zur Biodiversität eingebracht, wo mein Studium keine großen Vorkenntnisse vermittelt. Die wissenschaftlich fundierten Inhalte sind so aufbereitet, dass es alle verstehen können. Es gibt aber auch andere Angebote: von nachhaltigen Kochshows bis zu Poetry Slam. Aber der Schwerpunkt sind die wissenschaftlichen Beiträge. Das sind die drei Säulen: Die Wissenschaft, das Politische und das Kulturelle Angebot.

Students for Future

Streik Students for Future

HS: Wie waren denn die Erfahrungen und Reaktionen nach der letzten PCS? Wie war die Teilnahme und wie waren die Reaktionen?

SfF: Ich kann da vor allem für Halle sprechen, die letzte PCS war ganz kurz nach der Gründung unserer Ortsgruppe von SfF und da waren wir noch nicht so stark bundesweit vernetzt. Am wirksamsten war die Vollversammlung, für die im Rahmen der PCS mobilisiert wurde. Da haben sich ganz viele Studierende der MLU im Audimax getroffen und haben über die Forderungen abgestimmt, die die SfF formuliert hatten. Es gab in der Woche über 40 Veranstaltungen in Halle, damit haben wir das Publikum vielleicht etwas überfordert. Manche waren nicht so gut besucht, andere kamen sehr gut an. Die Woche hat auf jeden Fall viele Menschen erreicht und die Vollversammlung hat sehr wichtige Impulse und Entscheidungen gebracht.

HS: Bei der ersten PCS wurde ja komplett Neues probiert, das muss ja nicht gleich perfekt sein.

SfF: Ja, wir lernen da aus den Erfahrungen. Dieses mal haben wir uns auf drei Beiträge konzentriert, die dann auch wirklich gut vorbereitet sind, und wir haben da richtig gute Leute ranbekommen.

HS: Das heißt, da reinzuschauen lohnt sich und besonders die halleschen Beiträge nicht zu verpassen – natürlich lohnen sich die anderen auch…

SfF: Ganz genau!

HS: Jetzt haben wir ja die Covid-19 Pandemie, die Veranstaltungen werden also nicht im AudiMax oder Löwengebäude stattfinden. Wie ist das geplant?

SfF: Genau. Es gibt einen Livestream, der die ganze Woche von morgens bis abends läuft, ich weiß noch nicht, was nachts passiert… Und dann gibt es einen Stundenplan, wo man sich gezielt Veranstaltungen raussuchen kann. Aber man kann im Home Office auch gern den Livestream durchlaufen lassen und das bundesweite Programm genießen. Auf studentsforfuture.info steht der Stundenplan, da kann man sich Themen raussuchen. Wir hoffen auch, dass immer wieder Leute reinschauen, was grade läuft.

HS: Ist das einfach ein Video zum Anschauen oder gibt es auch interaktive Elemente? Kann man auch als Zuschauer:in Fragen stellen?

SfF: Das läuft ähnlich wie jetzt die digitalen Vorlesungen, in den letzten ein bis zwei Monaten ist ja viel Wissen dazu entstanden, auf das wir jetzt zurückgreifen. Viele der Vorlesungen werden über eine Videokonferenz zwischen den Vortragenden stattfinden (Zoom, Jitsi oder Big Blue Button), und als Livestream auf YouTube gesendet. Dort kann man im Chat auch Fragen stellen, die von einem Team gesichtet werden. Ausgewählte Fragen werden dann an die Dozierenden weitergegeben. Die Zuschauenden können nicht direkt in die Videokonferenz kommen, aber über YouTube aktiv teilnehmen können. Man kann aber auch einfach nur zuschauen.

HS: Das klingt ja nach einem aufwändigen Konzept… Die Fragen der Zuschauenden live mit zu sichten kostet ja Zeit und Nerven. Da werden ja nicht nur kluge Einträge erscheinen. Das klingt insgesamt nach aufwändiger Vorbereitung.

SfF: Ja, es gab bundesweit und in den einzelnen Städten wahnsinnig viel Vorbereitung, das lief sehr strukturiert, es geht um bundesweite Technik und Mobilisierung, und auch vor Ort wurde viel Arbeit geleistet. Jetzt drücken wir alle die Daumen, dass es gut klappt. Da werden viele Leute bereitstehen und sich um die Technik kümmern.

HS: Dann drücken wir natürlich mit die Daumen.

SfF: Danke!

HS: Wer ist eigentlich genau diese „Students for Future Halle“? Fridays for Future kennt man ja.

SfF: Wir sind Studierende aus Halle und der Umgebung, Großteils MLU, Kunsthochschule Burg, und auch aus Merseburg. Wir sind ungefähr 30 Aktive, aber auch immer offen, und bei der Aktion haben uns auch viele aus der Ortsgruppe von FFF unterstützt. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, resultierend aus der Vollversammlung und den Beschlüssen, in Zusammenarbeit mit dem Rektorat und auch dem Studierendenwerk. Es wird geprüft, wie man die Mensa nachhaltiger gestalten könnte. Es gibt also sehr konkrete politische Arbeit in der Gruppe, aber auch eine AG Inhalte (auch als „Lesekreis“ bekannt), wo wir uns einmal die Woche treffen und über Grundlagen informieren, zum Beispiel das Wirtschaftssystem oder auch Biodiversität, oder auch: Wie kann Aktivismus gelingen? Solche Fragen werden anhand von Texten oder Podcasts erörtert. Das hat in den letzten Monaten auch gut geklappt mit digitalen Meetings, per Zoom oder Jitsi, jede Woche.

HS: Da hat Corona die aktive Arbeit also nicht so stark geschwächt?

SfF: Nein, das war eine sehr gute Konstante, auch in der Vorlesungsfreien Zeit sehr intensiv. In Zukunft sollen auch mehr Texte und Statements geschrieben werden. Zum Beispiel gibt es im Blog einen Text, was eigentlich Wissenschaft bedeutet.

HS: Oh, das klingt heute sehr nötig.

SfF: Ja – natürlich ist das erstmal nur eine Meinung von uns, aber wir wollen auch mal differenziert an Slogans wie „Hört auf die Wissenschaft“ von FFF rangehen. Wenn man das zu stark verallgemeinert und da einen Freifahrtschein ausstellt, ist das eine Gefahr. Wissenschaft hat auch diverse Meinungen, das ist ja auch nicht nur Klimawissenschaft. Dabei geht es auch um Fragen nach dem Selbstverständnis der „For Future“ Bewegung.

HS: Students for Future ist ja an FFF angelehnt. Aber deren primäres Mittel ist ja der Schulstreik, der laute Protest auf der Straße. Bei SfF klingt die aktive Arbeit ja deutlich anders.

SfF: Das ist bei uns in Halle so, wir sind auch eine Untergruppe von FFF, viele sind in Personalunion in beiden OG sehr aktiv. Auch beim Organisieren der Demos. Als Students sind wir auch volljährig, was ganz praktisch ist, zum Beispiel als Ordner:innen auf den Demos. Das ist ein gutes Geben und Nehmen. Aber unser Potential als Studierende ist wirklich, diesen Bildungsaspekt noch zu verstärken. Wenn Schülerinnen und Schüler Freitag die Schule verlassen und auf die Straße gehen, ist das ja ein Druckmittel. Das ist bei Studierenden natürlich anders, da ist Abwesenheit kein Druckmittel.

HS: Studierende setzen also auf noch mehr Wissen und Bildung. Und auf die Vielseitigkeit, wie du schon gesagt hast, ist SfF nicht auf Naturwissenschaften oder Klimaforschung beschränkt, sondern breit aufgestellt.

SfF: Ja total, wir haben Studierende aus Jura und Wirtschaftswissenschaften, Lehramt, Kunst, Design, aber auch die fachliche Expertise. Aus diesem breiten Pool können wir schöpfen.

HS: Und ist geplant, auch noch mehr Druck aufzubauen? Wissen liegt ja schon sehr viel vor, es wird nur nicht politisch umgesetzt – eher geht das politische Handeln in die entgegengesetzte Richtung.

SfF: Das stimmt auf eine Art. Das Wissen ist da bei den Wissenschaftler:innen und denen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen und dafür interessieren. Aber es liegt nicht auf der Straße, die Grundlagen erreichen viele Menschen noch nicht. Es ist ja nicht angenehm, sich mit der nötigen Veränderung des Lebensstils und bestimmter Standards zu befassen. Sich das bewusst zu machen erfordert vielschichtige Bildung, nicht nur Fakten, sondern auch klare emotionale Appelle, da spielen die Demos wieder eine große Rolle. Man muss da viele Ansätze gleichzeitig umsetzen – die politischen Strukturen in der Uni, wo wir konkrete Veränderungen erzielen wollen. Aber auch der gesellschaftliche Wandel, der angestrebt ist. Und in einem demokratischen Land braucht es breiten Rückhalt, also viel Verständnis

HS: Dann passt die PCS ja gut rein, deren Ziel ist ja ein breites Publikum. Noch eine Frage: wie funktioniert die Vernetzung mit den lokalen Medien? Lokalzeitung, TV Halle, Radio? Auch wenn Ihr Jüngeren das wenig konsumiert, spielen diese klassischen Medien ja schon eine Rolle.

Mobil PCS

Mobilisierung Public Climate School

SfF: Ja, Bescheid gesagt haben wir dort auch, aber bisher haben wir uns da noch nicht so gut drum gekümmert wie die FFF- Ortsgruppe. Dort klappt die Kommunikation nach außen schon besser. Wir sind noch eher beim internen Aufbau.

HS: Naja – FFF hat auch eine ganze Weile gebraucht, um zum Beispiel mit der klassischen Zeitung zusammenzukommen.

SfF: Ja, aber da klappt die Kommunikation jetzt ja ganz gut, das streben wir auch an, mehr nach außen zu wirken. Montag ist die Auftaktveranstaltung auf dem Markt, da hoffen wir auf die Presse, die sind eingeladen.

HS: Was ist da geplant?

SfF: Da hast du wohl deine eingehenden Pressemitteilungen nicht ganz auf dem Schirm? Die wurde Dienstag verschickt.

HS:Ich bekenne mich schuldig, ich hab da einfach gehofft, dass sich schon irgendwer aus dem Team kümmern wird.

SfF: Also Montag 10:00 gibt es eine kleine Gedenkveranstaltung für Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind oder schon ausgestorben sind. Natürlich halten wir uns an die Kontaktbeschränkungen, „Hört auf die Wissenschaft“, deshalb gibt es einen Aufruf, Stühle vorbeizubringen, und Zettel und Stift, damit der Name einer bedrohten oder ausgestorbenen Tierart darauf geschrieben werden kann. Und vor diesem stummen Auditorium werden ca eine Stunde Gedichte und Vorträge präsentiert. Es geht darum, solche Verluste nicht nur als Zahl oder Namen zu haben. Mit dem Verschwinden von Arten gehen ja auch kulturelle Verluste einher, das ist auch traurig.

HS: Oh, das klingt interessant, vielleicht schaffen wir es ja, vorbei zu kommen.

SfF: Ja, wir hoffen, dass das ein Erfolg wird.

HS: Das wünschen wir natürlich auch! Das war ja ein langes Interview mit vielen Informationen und Aspekten. Vielen Dank dafür!

SfF: Ja, ebenfalls vielen Dank! Und bis nächste Woche!

HS: Ja – auf jeden Fall!

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