Ganztagsbetreuung in Ostdeutschland: Wie lässt sich die Teilhabe verbessern?

22. September 2022 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare
Mit den Chancen und Hindernissen für Kinder im Vor- und Grundschulalter in ihrem Bildungs- und Betreuungsalltag befasst sich ein neues Verbundprojekt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Stadt Halle und des Burgenlandkreises. Im Zentrum von „Neuordnungen von Bildungslandschaften reflexiv gestalten“ (NeOBI) steht die Frage, wie Barrieren zur schulischen und gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheit reduziert werden können. Hierfür sind umfangreiche Untersuchungen in städtischen und ländlichen Gebieten geplant. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben mit rund 2,9 Millionen Euro.

Das Projekt nimmt unter anderem den Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule in den Blick: „Sobald die Kinder eingeschult werden, verändert sich für Familien der Alltag, da das Bildungs- und Betreuungsarrangement neu hergestellt werden muss“, sagt Projektleiterin Prof. Dr. Bettina Hünersdorf von der MLU. Um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten, haben sich Bund und Länder im September 2021 auf eine Lösung geeinigt: Ab dem Schuljahr 2026/27 besteht demnach in den Grundschuljahren ein bundesweiter Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung. „In Sachsen-Anhalt und einigen anderen Bundesländern gibt es diesen Rechtsanspruch bereits seit Jahren. Hier hat das eine viel größere Selbstverständlichkeit“, sagt Hünersdorf. Bislang werde Sachsen-Anhalt in dieser Hinsicht jedoch bundesweit zu wenig beachtet.

Unklar ist laut Hünersdorf zudem, wie dieser Anspruch in Sachsen-Anhalt vor dem Hintergrund schulischer und gesellschaftlicher Teilhabe für alle Kinder umgesetzt wird. „Die Bildungs- und Betreuungslandschaften der Kinder können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein“, sagt die Forscherin. Gerade wenn mit dem Übergang von Kita zu Primarschule oder von der Primar- zur Sekundarschule auch ein Wechsel des Quartiers oder der Gemeinde verbunden ist, sei es nur schwer möglich, diesen Übergang im Sinne aller Beteiligten gut zu koordinieren. Hier setzt das Projekt an: In zwei als benachteiligt wahrgenommenen Stadtteilen Halles sowie zwei ländlichen Regionen soll der Alltag von Kindern untersucht werden. Die fünf Teilprojekte gehen der übergeordneten Frage nach, ob und inwiefern sich in diesen Gebieten Bildungs- und Teilhabebarrieren für benachteiligte Kinder im Vor- und Grundschulalter abbauen lassen.

Neben der Forschung sind sogenannte „NeOBI-Entwicklungswerkstätten“ in den Fallregionen geplant, in denen die Forschenden mit unterschiedlichen Vertreterinnen und Vertretern aus kommunaler Bildungs- und Betreuungspraxis, Verwaltung und Politik sowie perspektivisch Familien miteinander über bestehende Probleme, Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten in einen Dialog treten sollen, um gemeinsam Lösungen zu diskutieren und Möglichkeiten ihrer Verwirklichung zu erarbeiten.

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