Toscana oder doch lieber Balkan?

4. März 2024 | Bild der Woche | 4 Kommentare

Sie konnten sich nicht richtig entscheiden. Entweder die Abbildung aus dem Werk zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der Ausgabe der „Hortus Plantarum Hebdomadis Hallensis“ aus der Bibliothek der Leopoldina. Oder aus der Zeitschrift „Blumen und Garten“ von 1974.

Erstere hatte den Vorteil, dass hier die Urheberrechte eindeutig erloschen waren, das Bild  sozusagen “gemeinfrei“ ist. Problematisch war da eher das Foto aus „Blume und Garten“, Ausgabe 02/1974. Eine Lizenz zu beantragen, hätte sich schwierig erwiesen, denn der Verlag, der das Bild damals gedruckt hatte, war gar nicht mehr auffindbar. Aber die Abmahn-Industrie hatte mittlerweile einen derartigen Umfang erreicht, dass sich nahezu täglich entsprechende Mails im Spamordner der Redaktion versammelten.

Aber hier ging es ja um Wissenschaft, und da hätte man auch das „Zitationsrecht“ bemühen können. Wissenschaft? Klar, denn wie immer geht es in der Pflanze der Woche um eine ganz und gar wissenschaftliche Frage: Zu welcher Pflanzengattung die abgebildeten Frühblüher, die seit ein paar Wochen schon in Gärten und Parks ihr Stelldichein geben, gehören, weiß wohl jedes Kind.  Aber um genau welche Art handelt es sich?

Das ist keinesfalls eine Frage des Geschmacks. Die einen entscheiden sich für einen Urlaub in der Toscana, um den Spuren der Etrusker zu folgen. Die anderen zieht es schon aus Gründen des Geldbeutels eher nach Kroatien auf den Balkan. Es ist eher eine Frage des Stiels, und da muss man genau hinsehen.

Genau hingesehen hat auch der im Habsburgerreich zu  Triest gebürtige Italiener, der 1856 Mitglied in der in Halle ansässigen Leopoldina, der Gesellschaft der Naturforscher wurde. Ihm zu Ehren wurde unsere Pflanze der Woche jedenfalls benannt.

Und da sind sie schon, die Fragen:

Wie heißt die Pflanze?

Nach welchem Naturforscher ist sie benannt?

Und durfte die Redaktion das Foto von 1974 einfach so verwenden?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Streit unter rosa Bäumen“): Prunus subhirtella, Winterkirsche.

Immerhin: Eine falsche Antwort ging nicht ein, aber eben auch keine richtige. Was suchten wir? Die so genannte Winterkirsche, Prunus x subhirtella. Das „x“ im wissenschaftlichen Namen deute an, dass es sich hier um einen „Bastard“ handelt, und zwar hier einer Kreuzung zwischen den japanischen Arten Prunus itosakura und Prunus incisa. Der Zierstrauch blüht bereits im Winter, weshalb er nicht nur in Japan, sondern auch in Europa gerne gepflanzt wird.

Die Elternarten: Die Märzkirsche (Prunus incisa) ist eine zeitig im Jahr blühende Zierkirsche, deren ursprüngliches Verbreitungsgebiet in Japan, an den Hängen des Vulkans Fuji liegt. Prunus itosakura, auch Edo higan genannt, ist eine sehr ähnliche Art, die in Japan besonders an shinto-schreiben verehrt wird. Einige Exemplare können über 2000 Jahre alt werden.

Wir fanden die Winterkirsche vor der Marktkirche in Halle, wo sie bereits seit Mitte Februar blühen.

Alle seit 2016 vergangenen Wochenpflanzen findet Ihr hier im Archiv

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