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Tarzan

Ich Georg, du…?

Vorbei ist er, der Frühling. Wie schön war es, das Erwachen der Natur anzusehen. Jeden Tag ist unser Georg mit Freude in den Tag hineingegangen. Frühlingsgefühle! Sie haben ihn aufblühen lassen, plötzlich war alles mühelos. Georg sucht nach seiner Liebsten, findet sie bereits im Garten: „Ach, meine Liane, wie sehr habe ich dich vermisst. Ich werde alles für dich machen, damit du dich bei mir wohlfühlst. Komm, lass uns gemeinsam einen Platz an der Sonne suchen!“

Was wir suchen, ist die Schlingpflanze, die sich da bildwirksam durch die Diagonale windet. Im Hintergrund unscharf das Kräuterbeet der/des Autor(s), wir erkennen  A. schoenoprasum, den gemeinen Schnittlauch.

Liane teilt seine Ungestümheit nicht. „Ich mag Licht und Schatten“, grummelt sie. Ja, sie hatte sich verliebt. Aber „für immer“? Sie ist ortsgebunden, verwurzelt in ihre Heimat.

Ein interessantes Klettergerüst, das unser Winder hier erklimmen soll. Ob es klappen wird? Der Sommer wird es zeigen.

Georg ist unbedarft, ahnt noch nicht, was sich hier anbahnt. Zärtlich streicht er ihr über die klettenden Haare. „Sieh her, was ich für dich gebaut habe.“ Stolz präsentiert Georg seine neueste Installation zwischen Garten und Haus. Liane ist das jedoch zu wenig. Und zu mühevoll. Soll das „Das totale Gefühl“ sein? Sie entzieht sich ihm mit ihren (etwas) berühmt gewordenen Worten: „Du wusstest, dass ich frei sein will…“
„Weihnachten mit Liane“, das wird es für Georg nicht mehr geben… (Immerhin im Fernsehen kann er sie sehen: Gestern gab es sie live, um 10 Uhr auf ARD.)

Unsere Liane scheint vernunftgesteuert zu sein: Eine Befruchtung durch den Pollen männlicher Pflanzen verringert ihren Ertrag und erschwert die Verarbeitung. Bei der gesuchten Liane sind daher männliche Pflanzen in ihrer Umgebung verboten. Genutzt wird sie als Gemüse und Arznei. Unter anderem…

Was uns zu dem Liebesdrama zwischen Georg und Liane noch interessiert:
1. Welche Schlingpflanze suchen wir?
2. Könnte sie es schaffen, sich an dem Faden hochzuwinden?
3. Windet sie sich rechtsherum oder linksherum?
4. Was wird Georg von ihr verarbeiten?

 

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: Schrot für die Welt.

Unser Redhall wusste gleich Bescheid – er kennt sich offenbar nicht nur mit den Gewächsen aus, die gewöhnlich in Kleingärten wachsen. Der Buchweizen war gesucht, Fagopyrum esculentum, aus der Familie der Knöterichgewächse, den Polygonaceae. „Polygonum“, Knöterich, bedeutet „vieleckig“, was vermutlich von den eckigen Samen herrührt, die auch beim Buchweizen so auffällig sind. Mit Getreide hat die Pflanze nichts zu tun, es ist ein so genanntes „Pseudogetreide“, eine Körnerfrucht, die ähnlich wie Getreide genutzt wird, aber nicht zu den Süßgräsern gehört. Solche Pseudogetreide sind ja in letzter Zeit in Mode gekommen, gelten als gesund, weil sie kein Gluten enthalten, das Menschen nicht vertragen, die unter Zöliakie leiden, einer erblichen Mangel“krankheit“. Seit der Jungsteinzeit haben Menschen, die die neu eingeführten Getreidesorten vertrugen, einen erheblichen Vorteil gegenüber denen, bei denen das Klebereiweiß zu heftigen Unverträglichkeitsreaktionen führte. Die Menschen haben in der Jungsteinzeit nicht nur Pflanzen gezüchtet, die Pflanzen haben auch den modernen Europäer gezüchtet. Aber bei manchen Mitmenschen sind Gene der Altsteinzeit erhalten geblieben – ein zweifelhaftes Vergnügen.  Buchweizen ist dann eine Alternative zu Weisen ud Co, aber nicht nur das: wie schon im Eingangstext letzte Woche beschrieben, war die Pflanze in ärmeren Landstrichen bis weit in das 19. Jahrhundert hinein eine Nahrungsgrundlage, insbesondere auf schlechten Böden. Während Buchweizengerichte (beispielsweise als Pfannkuchen, mit Ei gebunden), aber auch  gekochte Körner (ähnlich wie Reis genossen) heute leider – vollkommen zu unrecht – ein Schattendasein führen, sind sie in anderen Regionen Europas durchaus beliebt, beispielsweise „Kascha“, ein locker gekochter, körniges Buchweizengericht, das gelegentlich als „russische Nationalspeise“ geführt wird. Für das leckere Gericht nimmt man eine Tasse Buchweizenkörner, wäscht sie gut aus, röstet sie in wenig Butter leicht an, dann gibt man zwei Tassen Wasser und etwas Salz hinzu, oder wahlweise Brühe. Das läßt man eine Zeit lang kochen, bis die Körner alle Flüssigkeit aufgesogen haben, und serviert. Eine schmackhafte Alternative zu Reis ist es allemal. Ausprobieren !

 

4 comments on “Tarzan”

  1. Manche meinen, lechts und rinks könne man nicht velwechsern. Werch ein Illtum. Das kommt mir auch bei diesen Schlingen in den Sinn, wo sich ja Botaniker uneins sind, von wo sie die Pflanze betrachten sollen. Früher haben sie der Wuchsrichtung entgegen gesehen. Da drehte sich das rechts. Sieht man auf den berankten Stab: links, weil die rechte Bewegung verdeckt ist. Irgendwann in den 1950er Jahren erkannten Physiker, dass die Naturgesetze nicht symmetrisch sind, soll aber nur die schwache Wechselwirkung betreffen. Das kann @Fractus hier mal erklären.

  2. Unser „Georg“ … – hat er zuviel Schlager gehört? – liebt er nun die (eine) Pflanze(n), seit er seine Frau (richtig) kennt? – müssen wir mal wieder im Bereich der legalen Drogen suchen (die Wirkung der Bilder auf unseren Pflanzenkenner Hei-Wu läßt es fast vermuten)?

  3. Hei-Wu windet sich mit der Bemerkung heraus, dass ein enger Verwandter des gesuchten Schlingers ständig für Polizeieinsätze sorgt, obwohl nachweislich weniger schädlich als das Produkt des Gesuchten.
    OK, das bleibt aber in der Familie, reden wir nicht weiter drüber.

  4. Dass Symmetrien augenscheinlich in der Natur vorkommen, will ich noch einwenden. Dort, wo das Prinzip nicht gilt, braucht es Störteilchen.
    Oder verkünde ich lauchgrüne Binsenweisheiten 😉 ?
    Prost!

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