Schön, aber giftig

28. Mai 2018 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Die gesuchte Pflanze ist ein baumähnlicher Schmetterlingsblütler, der zwar aus südlichen Gegenden stammt, bei uns aber schon lange kultiviert wird und auch verwildert verbreitet ist. Auffällig sind seine üppigen gelben Blüten, die in größerer Zahl zu Trauben angeordnet sind. Blütezeit ist April/Mai. Danach bilden sich bohnenähnliche Hülsen. Blüten, Samen und Wurzeln enthalten das giftige Alkaloid Cytisin, das insbesondere bei Kleinkindern immer wieder zu Vergiftungen führt. Die tödliche Dosis beträgt beim Kind 15 – 20 Samen, das sind 4 bis 5 Hülsen. Bei einem Erwachsenen soll die tödliche Dosis 23 Früchte betragen. 12 Blüten führen schon zu Vergiftungen. Allein das Lutschen der Blüten oder das Kauen von Blättern, Blüten und Rinde kann zu Vergiftungen führen. Eine orale Vergiftung mit diesem Pflanzengiftstoff führt zunächst wie bei Nikotin zu starker zentraler Erregung und kann dann zu Übelkeit und heftigem Erbrechen führen. Unterbleibt das Erbrechen kann die Vergiftung Krämpfe und in letzter Konsequenz tödliche Atemlähmungen zur Folge haben. Wegen des dem Nicotin ähnlichen Effektes wurden im Ersten Weltkrieg Blätter der gesuchten Pflanze, welche Cytisin enthalten, als Tabakersatz verwendet. Das Cytisin hat dabei aber keinen süchtig machenden Effekt. Es war in den ehemaligen Ostblockstaaten dann auch zur Raucherentwöhnung erhältlich. Heute findet Cytisin noch in Bulgarien und in Polen Anwendung. Cytisin ist das pflanzliche Vorbild für das synthetische   Raucherentwöhnungsmittel Vareniclin, das in den USA zugelassen ist.
(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Wochenpflanze (Pfingstgruß und die Hände des Herrn) : Borretsch, Borago offizinalis

Hier schieden sich die Geister

Borretsch, junge Pflanze im Rosettenstadium

Nun – angesichts der Rätselgeschichte und des Jungpflanzenbildes ergossen sich wohl nur sehr begrenzte Mengen des „pflanzlichen Geistes“ auf die Hallespektrumgemeinde. Lediglich hei-wu und Agricola bekamen ein paar kleine Tröpfchen ab. Für eine angeregte Diskussion war das eindeutig zu wenig. Der Begriff „Manus Christi boraginatusa“ gehört offensichtlich nicht mehr zum allgemeinen Wortschatz und auch die Apothekergilde ließ sich nicht aus der Reserve locken.

Nichtsdestotrotz glaubt der Autor, dass das Rätsel mit etwas Suchmaschinennutzung lösbar gewesen wäre. Gesucht war der Borretsch (Borago officinalis) aus der Familie der Raublattgewächse. Dieser soll von Mai bis September blühen und bis zu 70 cm groß werden. Für das Lösungsfoto ließen sich aktuell nur vergleichsweise zierliche Exemplare mit dem Ansatz von Blütenknospen finden.

Als die Hand Christi bezeichnete man im Spätmittelalter ein Reihe von Pflanzenzubereitungen mit Zucker. Die entsprechende „Borretsch-Paste“ wurde gegen Trauer und Schwermut sowie Herzzittern gegeben. Nach Plinius soll Borretsch immer Freude bringen. Ähnlich sollen auch Borretschblätter in Wein wirken. Ja, wenn da nur nicht die Pyrrolizidinalkaloide wären. Diese stellen nicht nur im Honig ein gesundheitliches Risiko für den Menschen dar  sondern auch beim Verzehr der Blätter und Blüten. So schaffte es unsere Pflanze mit einer negativen Gesamtbewertung ihrer medizinischen Wirkung 1991 in den Bundesanzeiger. Auch die traditionelle Verwendung  als Küchenkraut („Gurkenkraut“) scheint auf dem Prüfstand zu stehen.  Zum Beispiel wird gelegentlich vor den traditionellen hessischen Grünen Soßen gewarnt.

Ausgewachsenen Honigbienen scheinen die Pyrrolizidinalkaloide nicht zu schaden, da sie diese relativ schnell über die Kotblase ausscheiden. Aber auch bei Bienenlarven muss man nur unter sehr ungünstigen Ertragsbedingungen mit Beeinträchtigungen rechnen.

G. B. und potentielle „Trittbrettfahrer“ sollten sich persönlich also auf den optischen Genuss der Pflanzungen beschränken und können den Hummeln und (Wild)Bienen beim Blütenbesuch unbesorgt zusehen.

(F.H.)

 

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