Pflanze der Woche: Weichholziges Symbol für Sanftmut und Gerechtigkeit

1. November 2021 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Unser unbekannter Baum fasziniert uns Menschen schon sehr lange. Zahlreiche Legenden und Lieder ranken sich um ihn. Seine herzförmigen Blätter gelten als Zeichen der Liebe und Gerechtigkeit. Der Baum ist über fast ganz Europa verbreitet, gern in Eichenmischwäldern, aber auch in Auenwäldern. Freistehend bildet er einen kurzen, bis zu 2m dicken Stamm mit einer imposanten breit abgewölbten Krone. Er ist bei uns häufig ein wertvoller Alleebaum. Manchmal erreicht er ein Alter von tausend Jahren. 

Der Baum blüht relativ spät und verströmt dann einen intensiven Duft, der Bienen magisch anzieht. Sie produzieren aus seinem Nektar beträchtliche Mengen aromatischen Honigs, bis zu 2,5kg Honig pro Baum. Aber auch Blattläuse berauschen sich an den Pflanzensäften und hinterlassen reichlich klebrige Spuren, wenn man sein Auto unter einem verlausten Baum abstellt. Ein längliches Hochblatt im Blütenstand dient dem abfallenden Blütenstand mit Samen als Flügel, mit dem die verholzten, samtig behaarten Nüsschen kreiselnd in die Umgebung flattern. Für kleine Nagetiere sind sie ein willkommener Snack. 

Sein Holz eignet sich gut zu Schnitzarbeiten. Viele Kunstwerke entstanden aus ihm z.B. in der spätgotischen religiösen Bildhauerei. Deshalb nannte man das Holz auch Lignum sacrum. Aber auch für Bleistifte, Holzpantoffeln, Musikinstrumente und zur Herstellung von Schwarzpulver eignete sich sein Holz. Aus den weichen Rindenfasern stellte man Bast her, den man für Matten, Kleidung u.v.m. verwendete. Schilde aus mehreren Bastlagen federten gut kräftige Schwertschläge ab. 

Aus den getrockneten Blüten gewinnt man schon lange Tee. Er hilft bei Erkrankungen der Atemwege, bei Halsschmerzen und fieberhaften Erkältungen. Auch für ein Entspannungsbad in der heimischen Badewanne eignet er sich bestens. 

Mächtige Exemplare des Baums schmücken oft Denkmäler und religiöse Stätten. Den Germanen und Slawen galt er als heilig. Über 850 Orte in Deutschland verdanken dem Baum ihren Namen, darunter auch Leipzig. Als erhoffter Schutz vor bösen Geistern und Ungemach pflanzte man den Baum gern im Dorfzentrum, wo auch Gemeinschaftsfeste stattfanden. Als Baum der germanischen Göttin Freia hatte er den Ruf, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Unter seinem Blätterdach gesprochenen Gerichtsurteile galten als unanfechtbar. Freia galt weiterhin als Sinnbild für Weiblichkeit, Güte, Mütterlichkeit, Herzlichkeit und immerwährende Lebens. Berühmt ist seine Rolle im Nibelungenlied. 1991 wurde in der thüringischen Stadt Niederorla, dem neuen topographischen Mittelpunkt Gesamtdeutschlands, als Zeichen der wiedergewonnenen deutschen Einheit ein solcher Baum gepflanzt. In Halle (Saale) pflanzte man 1972 zu Ehren von Martin Luther im Ortsteil Giebichenstein diesen Raum, wo er an einer verkehrsreichen Straße der Abgasbelastung trotzt.

Das Wesen des Baumes spiegelt sich in unserer Sprache wider. Das Wort subtil oder Synonyme für mild, sanft, liebenswürdig leiten sich von Eigenschaften ab, die dem Baum zugedacht werden. Deshalb findet sich der Baum als Wortstamm in etlichen weiblichen Vornamen wieder. 

Welche Baumart suchen wir?

(H.J. Ferenz)

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (fernöstliche Wurzeln gefährden Halle-Neustadt): Fallopia japonica oder Reynoutria japonica,  japanischer Staudenknöterich.

Micha06de hatte den richtigen Riecher – und auch noch eionen Tip parat: bei der gesuchten Pflanze, die auf der Baustelle des Gimritzer Damms wächst, handelt es sich um den japanischen Staudenknöterich, Fallopia japonica. Er gilt als problematischer Neophyt, und man solle ihn doch am besten bei https://www.korina.info/ melden, der „Denunziationsstelle“ für Neophyten in Deutschland. Das könnte sinnvoll sein, denn  diese Pflanze hat es in sich. Sie hat eine starke Ausbreitungstendenz, und wenn sie einmal da ist, wird man sie nicht schnell los.

Heimisch ist sie in Ostasien. Die Staude, die im Winter komplett herunter friert, schießt innerhalb eines Jahres bis zu drei Metern in die Höhe. Charakteristisch sind die rot gefleckten, hohlen Stängel, deren Schösslinge sogar in der Lage sind, Asphalt zu durchbrechen. Mit ihren handtellergroßen Blättern mit der annähernden Dreiecksform würde die Pflanze eigentlich einen hübschen Gartenschmuck abgeben , dabei ist sie auch noch außerordentlich genügsam und pflegeleicht. Als Zierpflanze gelangte sie aus Ostasien Anfang des 19. Jahrhunderts auch nach Europa. Wo sie sich allerdings rasch ausbreitete. Selten über Samen, denn die meisten Pflanzen sind weiblich, männliche Bestäubungspartner findet sie selten. Tückisch ist aber, dass bereits kleinste verschleppte Wurzelabrisse ausreichen, wieder neue Pflanzen entstehen zu lassen. So breitet sie sich rasch aus – über Wurzelausläufer und Wurzeln die bis zu drei Metern in die Tiefe wachsen. Richtig mit dem Wachstum los legt sie aber, wenn man sie stört, oder gar versucht, sie zu zerstören, beispielsweise durch Ausgraben oder wegbaggern. Erstens wird man sie nicht so einfach los, weil man nie alle Wurzelstückchen findet. Und die ausgerissenen Fragmente werden oft unbeabsichtigt weiter verschleppt. Beispielsweise werden sie mit der Planierraupe über die ganze Fläche verteilt – wo sie fröhlich Nachkommen entstehen lassen. So auch am Gimritzer Damm. Da stand ein beachtlicher „Busch“ am Deich – jetzt haben die Baumaschinen sie verteilt, und neues Leben sprießt aus den Ruinen.

Gerade Wasserbauer ärgern sich über den problematischen Neophyten: Auch in seiner Heimat wächst er gerne an Flussufern, wo seine Rhizome die Uferböschungen lockern, und bei dafür sorgen, dass bei Hochwasser ganze Uferböschungen mitgerissen werden. Natürlich mit vielen kleinen Wurzelstückchen, die flussabwärts verteilt werden.

Die Rhizome schaffen es auch, sogar festes Mauerwerk zu durchwachsen oder zu unterminieren. Aber immerhin: giftig ist die Pflanze nicht. In ihrer Heimat werden die Schösslinge sogar gegessen. Der Geschmack soll ähnlich wie Rhabarber sein, säuerlich, was an dem Gehalt von Frucht- und Oxalsäure liegt. Mit Letzterem ist die Pflanze auch verwandt: es ist ein Knöterichgewächs.

Nicht immer ist es übrigens der japanische Staudenknöterich, der hier sein Unwesen treibt: ähnlich ist auch der der eng verwandte Sachalin-Knöterich (Reynoutria sachalinensis ), der sich von seinem japanischen Kollegen nur durch etwas herzförmigere Blätter unterscheidet, und mit dem er auch Bastarde ausbildet, den böhmischen Knöterich, Reynoutria x bohemica.

(HW)

Noch mehr Pflanzen gesucht? In unserem Archiv findet Ihr alle Pflanzen der vergangenen Wochen, seit sechs Jahren schon ….

 

 

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