Invasives Russenkraut

15. Mai 2023 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Die Pflanze, die wir heute suchen, ist weder bei Naturschützern noch bei Landwirten besonders beliebt. Unsere skandinavischen Nachbarn nennen sie schlichtweg „Russenkohl“, was  auf ihren invasive Charakter zurück zu führen ist, und auch auf die vermutete geographische Herkunft der Pflanze verweist. Als richtig massives Problem ist das Russenkraut wohl erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgetreten. Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet ist  Sibirien und Osteuropa.  Erstmals nachgewiesen wurde es in Deutschland 1810, bis in die 1950er Jahre  fand man es jedoch nur an einzelnen Stellen. Seitdem hat es sich massiv ausgebreitet. Da die Ausbreitung vorwiegend von Straßen- und Feldrändern aus erfolgt, vermutet man, das dies vor allem durch Samen geschieht, die sich an die Reifen von Fahrzeugen anheften.  Vom Erscheinungsbild her könnte man den gelb blühenden Kreuzblütler für Raps, Senf oder Hederich halten, so fällt er zunächst kaum auf.  Heute ist das Hauptverbreitungsgebiet Mittel-und Ostdeutschland. Das hat aber keineswegs mit der hierzulande größeren Toleranz gegenüber Allem zu tun, was aus Russland stammt.  Der Eindringling, wenn er auch nicht giftig ist oder Allergien auslöst – seine Wurzel soll man sogar ähnlich wie Meerrettich verwenden können – verdrängt einheimische Arten. Wo er wächst, bildet er dichte Horste, andere Pflanzen duldet er nicht.  Zudem ist sein verführerischer Duft ein Problem für andere Arten: er lockt nämlich Bestäuber wie Bienen und Hummeln an, und die einheimische Pflanze bekommt dann weniger Besuch, hat also weniger Blümchensex und dadurch Vermehrungsnachteile. Das „Russenkraut“ hat ein gewaltiges Ausbreitungspotential: die kurzen, fast runden Samenschötchen (im Unterschied zu den langen Schoten bei Raps) haften an Tierfellen mit einem Klettmechanismus und bleiben jahrelang keimfähig (Die runden Samenschötchen sieht man im Rätselbild außerhalb der Panzersilhouette). Eine einzelne Pflanze produziert bis zu 1500 Samen. Die Pflanze selbst ist ausdauernd, ihre Pfahlwurzen reicht bis 130 cm tief in die Erde. Sie auszumerzen ist schwierig: Nach der Mahd einer Wiese treibt sie schnell wieder aus, und überwächst dann auch schneller die sie umgebende Vegetation. Selbst unreife Samen keimen wieder aus. Einzelne Pflanzen kann man mit einem Wurzelstecher herausnehmen – was aber bei Massenbeständen schier unmöglich ist. Einige Fachleute sagen sogar, man solle das befallene Gebiet besser in Ruhe lassen, dann werde die Problempflanze nämlich wiederum von anderen Pflanzen überwachsen. Der deutsche Name des Russengewächses klingt dagegen zunächst harmlos, sogar niedlich und scheint auf eine „orientalische“ Herkunft zu verweisen.

Und hier ist sie, die große Frage: Um welche Pflanze geht es hier?

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Ein Sieger, der sich auf dem Boden windet“): Vinca major und Vinca minor, Großes und kleines Immergrün

Unser Pflanzenexperte Nhu Deng hatte die Lösung auf die Fragen parat, er schreibt: „Vinca minor wächst bei mir im Garten und ist unverwüstlich. Das Merkmal, das Kleinblättrige Immergrün hat kleinere Blätter und gedeiht auch in der Sonne. Vinca major erfreut uns eher an sonnigen Standorten. Der verschrobene Pflanzensammler ist vermutlich Plinius der Ältere gewesen, der bekanntlich bei dem Ausbruch des Vesuvs ums Leben gekommen ist. Hieronymus Bock meinte mit der Bezeichnung „Blödigkeit der Weiber“, wie damals üblich, Menstruationsbeschwerden. Mit „Caeruleum“ ist die Farbe Stahlblau gemeint. „

Caeruleum ist ein künstliches blaues Pigment, auch als „Ägyptisch Blau“ bezeichnet. Der römische Architekt Vitruvius beschreibt seine Herstellung: Es wurden Kupferspäne mit Soda, Sand und Kalk und etwas Wasser angeteigt, daraus Klöße geformt und anschließend im Feuer geglüht. dabei entstand eine lockere, poröse, hellblaue Glasfritte, die anschließend pulverisiert als Farbe für die Wandmalerei verwendet wurde. Dieses stumpfe „Himmelblau“ war sehr beliebt, aber schwer zu verarbeiten, weil es ziemlich grob und sandig war.  Apropos Farbe: Die Blüten unserer Pflanze einen eigenen „Hex-Code“ erhalten: #CCCCFF bezeichnet ein blasses, violettstichiges Blau, im Englischen „periwinkle“ genannt.

 

(HW)

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