Resiliente Energiesysteme können Blackouts verhindern

30. Mai 2017 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten | Keine Kommentare

Die zurückliegende weltweite Cyberattacke hat gezeigt: Digital vernetzte Infrastrukturen sind verwundbar – auch moderne, digital gesteuerte Energiesysteme. Hackerangriffe, Terroranschläge, aber auch Wetterextreme gefährden die Energieversorgung. Wie also lässt sich ein Blackout vermeiden? Eine mögliche Antwort gibt die Stellungnahme „Das Energiesystem resilient gestalten“ des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS). Resiliente Energiesysteme sind nicht gefeit vor Störfällen, bleiben aber auch bei schweren Störungen funktionsfähig oder werden es rasch wieder – und lernen aus Krisen.

Die Deutsche Bahn, Renault und Telefónica, britische Krankenhäuser, das russische Innenministerium: Jüngst nutzten Hacker eine Sicherheitslücke in veralteten Betriebssystemen, um mindestens 200.000 Computersysteme in 150 Ländern mit einer Schadsoftware zu infizieren und Lösegeld zu fordern. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt fordert inzwischen, die IT-Sicherheit für kritische Infrastrukturen wie die Energieversorgung zu verbessern.

Die Wissenschaftsakademien acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien haben die gemeinsame Initiative „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) gegründet. Dabei erarbeiten rund 100 Energiefachleute aus Wissenschaft und Forschung Handlungsoptionen zur Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung. Sie fordern ein Energiesystem, das seine Funktionsfähigkeit bei Störfällen erhalten beziehungsweise schnell wiederherstellen und aus Krisen lernen kann.

Dass Hacker intelligente Stromzähler und Netze manipulieren, ist dabei nur ein denkbares Szenario. Genauso können Schneestürme oder Überschwemmungen in Folge des Klimawandels Strommasten beschädigen und Hitzewellen Stromausfälle verursachen. Werden die Elektromobilität oder Power-to-Gas im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor miteinander verknüpft, drohen Störungen in einem Sektor auf andere überzugreifen. Mit der Vernetzung entstehen immer mehr mögliche Angriffspunkte auf die Energiesysteme, Risiken werden schwerer abschätzbar. Resilienz soll deshalb das Sicherheitskonzept der Zukunft sein.

Regierungen, Behörden und Unternehmen seien gleichermaßen gefordert, langfristige Resilienzstrategien für eine gesicherte Energieversorgung zu entwickeln, erklärt Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS). „Zwar kosten diese Investitionen Geld. Auf lange Sicht zahlen sie sich aber aus, weil sie immense Schäden von Wirtschaft und Gesellschaft abwenden können“, so Renn.

Blackouts in einer Region können zum Beispiel besser kompensiert werden, wenn mehrere unterschiedliche Technologien zur Stromerzeugung und Systemsteuerung eingesetzt werden. So sind Windräder nicht von Hitzewellen betroffen. Gaskraftwerke können Strom auch in wind- und sonnenarmen Zeiten erzeugen. Werden intelligente Netze mit unterschiedlicher Software gesteuert, können sich einzelne Manipulationen nicht auf andere Systeme ausweiten. Die ESYS-Arbeitsgruppe schlägt daher vor, alternativen Softwareanbietern den Markteintritt zu erleichtern.

Ein weiterer Vorschlag zielt auf die Verteilnetze. Heutzutage können Stadtteile oder Straßenzüge nur als Ganzes von der Versorgung getrennt werden. Besser wäre, die Stromnachfrage im Krisenfall nach Relevanz zu drosseln: Leuchtreklame und Straßenlaternen ließen sich abschalten, während Krankenhäuser, Polizei und Feuerwehr weiter mit Strom versorgt würden.

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