„Magie des Augenblicks“ noch bis zum 11. Sept. 2016

3. August 2016 | Kultur, Nachrichten | Ein Kommentar
Ohne Zweifel, hier geht es zur "Magie des Augenblicks"

Ohne Zweifel, hier geht es zur „Magie des Augenblicks“

Noch bis zum 11. Sept. 2016 läuft die Ausstellung „Magie des Augenblicks“ im Kunstmuseum Moritzburg in Halle. Anlass genug für einige HallesSpektrum-Mitarbeiter, sich auf den Weg in die Ausstellungsräume der Moritzburg zu machen. Zwei von uns schildern hier ihre Eindrücke.

Sinnlich Kunst vermitteln

Der Kunstunterricht in der Schule war es auf jeden Fall nicht, der mich zur Kunst brachte (eher die kunstbegeisterte erste Liebe). Und so ist mir ein intelektueller Zugang zur Kunst trotz Mißbrauchs etlicher kunsthistorischer Werke und Künstlerbiografien verwehrt. Bis heute bevorzuge ich einen sinnlichen Zugang zu den Werken. Nicht „Was will der Künstler damit sagen?“, sondern „Was sagt das Werk mir?“. Besser noch: „Was spricht es in mir an?“ Einem solchen Zugang zur Kunst, dem der Audioguide schnuppe ist und für den Filmvorführung auf der Galerie ein Störfaktor darstellt, erleichtert die Präsentation der Ausstellung in der Moritzburg:

Bereits zu Beginn stellen sich die Stifter der Sammlung, die in der Sonderausstellung gezeigt werden, vor: Das Ehepaar Hahnloser baute eine einzigartige Kunstsammlung auf. Hedy Hahnloser-Bühler (1873-1952), Tochter des Textilfabrikanten Karl Bühler-Blumer, heiratete 1898 den Augenarzt Arthur Hahnloser (1870-1936). Frau Hahnloser lebte für die damalige französische Kunst und hielt auch Kontakt zu zahlreichen Künstlern. Von ihrem Ehemann tatkräftig unterstützt, förderte sie die noch wenig bekannten Vertreter des Nachimpressionismus und baute von 1907 bis 1930 die Sammlung Hahnloser auf. Keine Wand in ihrem Haus, der Villa Flora, war mehr ohne Bilder, selbst im Bad, über der Badewanne, hingen Ölgemälde. Die Portraits dieser enthusistischen Kunstsammler begrüßen mich also, auch ein wunderschönes Bild von ihren Kindern ist zu sehen. Und mehr noch, selbst einen kleinen Blick, in die damaligen Wohnkultur, darf ich wagen. Es sind Möbel, eine Lampe im verschnörkelten Stil der vorletzten Jahrhundertwende aufgestellt. Wer will, kann sich nun mit geschichtlichen Daten der Villa Flora und der Kunstsammlung plagen, mir ist nicht danach. Ich schaue mir die Familienbilder der glücklichen Kunstsammlerfamilie an, einer Idylle in der Schweiz und an der französischen Küste, während der 1. Weltkrieg tobte und das Elend danach durch Europa zog. Die Hahnlosers entzogen sich dem durch Kunstgenuß.

Was die kleinen dunklen Ausstellungsräume, die danach folgen, bedeuten sollen, den Eindruck in der Villa Flora oder etwas anderes, auch das interessiert mich nicht. Ich finde, die Farben und Räume passen gut zu der sehr intimen und sinnlichen Kunst. Ja, wir kommen wohl nicht an dem Sämann von van Gogh (gemalt 1888) vorbei. Es ist ein oberflächlich einfaches Gemälde, aber ich kann so viel darin sehen. Da sind auch die Rodins, und ein Cézanne, aber auch unbekanntes, denn die Hahnloser-Familie hat als Schwerpunkt Maler gesammelt, die nach diesen bekannten Größen kamen. Da tauchen Namen auf, auf die ich neugierig bin, aber eigentlich schaue ich mir lieber die Bilder an und bleibe lange dortsitzen, wo sich mir der Blick aufs Meer eröffnet. Namen verwehen so schnell. Bilder bleiben. Natürlich ist sind auch die schönen Damen von Félix Vallotton: „La Blanche et la Noire“ ein Hingucker, aber da hat sich die Sinnlichkeit schon durch die vielfältige Werbung, die damit getrieben wurde, abgenutzt. Der letzte Raum im unteren Teil der Ausstellung ist leider kaum genießbar, da darüber die Filmvorführung läuft und akustisch und durch grelles Licht jeden Kunstgenuß vergällt. Wäre das nicht anders zu lösen gewesen? Genauso sinnlich, wenn nicht noch sinnlicher, ist der Raum im „Oberstübchen“ der Ausstellung. Hier dominieren die Grafiken und kleinere Gemälde. Toulouse-Lautrec grüßt kurz, als ich um die Ecke bog. Leider ist es hier auch etwas eng (wie es so im Oberstübchen ist) und beim Betrachten kommen sich die Besucher sich in die Quere. Aber Kunst soll auch zusammenführen, oder? Kurz und gut, die Hahnloser sammelten Kunst, zu dem der Zugang leicht gemacht ist, der zu einem sinnlichen Betrachten einlädt. Probieren Sie es einmal. Einen Augenblick.

„Verständlich durch leichte Sprache“

Das Kunstmuseum Moritzburg bietet „Magie des Augenblicks“ in leichter Sprache an. Etwa 15 vorwiegend ältere Menschen haben sich im Foyer des Museums versammelt um

Zur Führung "in einfacher Sprache"

Zur Führung „in einfacher Sprache“

Frau S. Reiche versammelt. Frau Reiche arbeitet seit 30 Jahren im Kunstmuseum und es ist ihr ein Anliegen, Kunst vielen Menschen verständlich zu machen. So spricht sie während der Führung langsam, artikuliert und überaus deutlich. Wenn sie die Bilder begeistert erläutert, unterstützt sie dies mit viel Mimik und Gestik. Begriffe wie Impressionismus erklärt sie in einfacher Sprache an praktischen Beispielen sehr anschaulich. Mit Bildbeispielen aus ihrer Mappe wird der Begriff Vordergrundmotiv verdeutlicht. Frau Reiche bezieht die Besucher immer wieder mit ein: „Wie wirkt das Bild auf Sie?“. In den Führungen in einfacher Sprache verwendet Frau Reiche wenig Fremdwörter ein Portrait ist ein Bild und Kontraste werden mit Unterschied umschrieben. Zur Führung „Magie des Augenblickes“ in einfacher Sprache haben sich zwei ältere Menschen angemeldet, sagt Frau Reiche. „Als öffentliche Führung habe ich es noch nicht da wo ich es haben will.“ Viele Menschen fragen an, was einfache Sprache bedeutet. Eine Teilnehmerin gefragt, warum sie die Führung in einfacher Sprache besucht, glaubt, dass diese für Menschen ist, die von Kunst keine Ahnung haben. Frau Reiche bestätigt das. Sie hat viele solche Anfragen. „Doch ich will noch nicht aufgeben“, erklärt sie. Im Ruhrgebiet, wo sie Reiche auch Fortbildungen macht, klappt das schon viel besser. Ihre Angebote erreichen bis jetzt Behinderteneinrichtungen, ältere Menschen und Schulklassen. Sie hat auch Erfahrungen mit gehörlosen Kindern gemacht. Ihr Wunsch ist es auch, Demenzkranke bei einem Besuch im Museum zu begleiten. Bis dato werden im Kunstmuseum Moritzburg Sonderausstellungen in einfacher Sprache angeboten. Frau Reiche will weiter versuchen Netzwerke zuknüpfen, um vielen Menschen Kunst zugänglich zu machen.

Bis zum 11. September ist noch Gelegenheit, in die „Magie des Augenblicks“ einzutauchen. Näheres unter http://magiedesaugenblicks.com/

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