Arbeitsagentur: Gesundheitswirtschaft in Sachsen-Anhalt boomt – Fachkräfte fehlen

22. Juni 2021 | Wirtschaft | Keine Kommentare

Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung Sachsen-Anhalts selbst nach über 30 Jahren viel zu Wünschen übrig lässt – ein Wirtschaftszweig schreibt Erfolgszahlen: die demografische Entwicklung lässt das Gesundheitswesen boomen.

Wissenschaftler des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen jetzt haben in einer Arbeitsmarktanalyse die Gesundheitsbranche in Sachsen-Anhalt unter die Lupe genommen. Ihr Ergebnis: Die Branche boomt wie kaum eine andere im Land – aber das Fachpersonal bleibt weiter knapp.

Gesundheitswirtschaft wächst stärker als die Gesamtbeschäftigung im Land

101.028 Männer und Frauen sind mittlerweile etwa in einem Krankenhaus, einer Arztpraxis, im Altenheim, als Masseur, im Sanitätshaus oder in Pharmaunternehmen beschäftigt. Das ist nahezu jeder achte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Land. „Die Gesundheitswirtschaft ist eine Wachstumsbranche in Sachsen-Anhalt. Die Beschäftigung in diesem Bereich hat sich in den vergangenen Jahren deutlich dynamischer entwickelt als die Gesamtbeschäftigung“, erklärte Dr. Michaela Fuchs vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Halle.

Zwischen 2010 und 2020 stieg die Zahl der Beschäftigten in der Gesundheitswirtschaft um 19,3 Prozent, während die Beschäftigung insgesamt im gleichen Zeitraum nur um 5,6 Prozent wuchs. Mit über 54 Prozent war der stärkste Beschäftigungsaufbau in diesem Zeitraum im Bereich der Produktion von Gesundheitserzeugnissen zu beobachten. „Dieses außerordentlich starke Beschäftigungswachstum wird besonders von der Herstellung pharmazeutischer Erzeugnissen getrieben“, so Michaela Fuchs weiter. Weitere Erkenntnisse der Analyse: Die Gesundheitswirtschaft ist eine Frauen- und Teilzeitdomäne und wenig international. Der Anteil der weiblichen Beschäftigten liegt bei 79 Prozent. 32 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit. Nur 2 Prozent der Beschäftigten sind Ausländer.

Schlechte Bezahlung: Altenpfleger wechseln häufiger den Beruf

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Treue zum Job ist in der Gesundheitswirtschaft sehr unterschiedlich verteilt. Während Sprechstundenhelfer und Krankenschwestern ihrem Beruf eher länger treu bleiben, wechseln etwa Altenpfleger über die Jahre hinweg häufiger in einen anderen Beruf. So ist nach 10 Jahren rund die Hälfte der Altenpfleger dann in einem anderen Job beschäftigt. „Die häufigeren Berufswechsel in der Altenpflege haben unter anderem auch mit der Attraktivität dieses Berufs zu tun. Das gilt sowohl für die Arbeitsbedingungen als auch für die Bezahlung“, erklärt Markus Behrens, Geschäftsführer der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen. So verdienen Altenpfleger im Schnitt 2.324 Euro brutto im Monat. Zum Vergleich: Das Medianentgelt für alle Vollzeitbeschäftigten insgesamt liegt in Sachsen-Anhalt bei 2.702 Euro, für Gesundheits- und Krankenpfleger sogar bei 3.097 Euro.

Akuter Personalmangel in der Altenpflege

Insbesondere in der Altenpflege sind aber laut der Studie Fachkräfteengpässe zu verzeichnen. Mit Blick auf die aktuelle Corona-Krise hat sich die Situation sogar verschärft. Dort kommen rechnerisch auf 100 gemeldete Stellen für Fachkräfte nur 20 Arbeitslose. 218 Tage dauert es, bis eine ausgeschriebene Stelle für Fachkräfte in der Altenpflege besetzt werden kann. Bei den Krankenpflegern (Fachkräfte) kommen 22 Arbeitslose auf 100 Stellen für Fachkräfte, die durchschnittliche Vakanzzeit beträgt 160 Tage.

Vergleichsweise wenig Kurzarbeit in der Gesundheitswirtschaft

Trotz guter Beschäftigungsmöglichkeiten stellte die Corona-Krise auch Teile der Gesundheitswirtschaft in Sachsen-Anhalt vor wirtschaftliche Probleme. Um Personal zu halten, wurden im März und April 2020 im Gesundheitswesen 2.176 Anzeigen für 10.170 Beschäftigte gestellt. Die meisten Anzeigen kamen dabei aus Praxen (1.077) sowie dem erweiterten Gesundheitswesen (1.089), zum Beispiel bei Physiotherapeuten. Insgesamt gab es im Gesundheitswesen 2020 2.470 Anzeigen für 12.202 Personen. Im Pflegebereich lag die Zahl der Anzeigen deutlich niedriger. Hier gab es im vergangenen Jahr 314 Anzeigen für 4.743 Personen. Blickt man auf das tatsächlich realisierte Kurzarbeitergeld, zeigt sich, dass das Instrument in der Gesundheitswirtschaft weniger in Anspruch genommen wurde als in anderen Wirtschaftszweigen, wie etwa dem Handel oder der Gastronomie. Während in diesen beiden Branchen jeder 6. Beschäftigte (Handel) bzw. jeder 2. Beschäftigte (Gastronomie) im April 2020 in Kurzarbeit war, betraf es in der Gesundheitswirtschaft lediglich nur jeden 20. Beschäftigten. Von März bis November letzten Jahres haben insgesamt 5.364 Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft für 18.821 Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten.

Die gesamte Studie zum Download: https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/rd-sat/download/1533755339084.pdf

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